Meine Erfahrungen als bisexuelle Jüdin innerhalb eines linken Umfelds

Liebe Ladies & Fellas

Wenn Sie diesem Blog schon ein Weilchen gefolgt sind, werden Sie sicher festgestellt haben, das ich Jüdin & pro-israelisch bin. Jetzt verrate ich Ihnen noch etwas: Ich bin bisexuell, das heisst, ich fühle mich gleichermassen zu CIS-Frauen (Blondinen, die wie Surferinnen aussehen, bevorzugt) & CIS-Männern (Männer, wie Monsieur Ardalan Afshar… *Yummie*) hingezogen. Wenn das TMI, für Sie, ist: Dort, rechts ist die Tür…

Allen anderen berichte ich jetzt mal einbisschen, wie es ist, wenn man zu zwei Minderheiten gleichzeitig gehört & wahrscheinlich nur an der „Pride Week“ in Tel Aviv Teil einer Mehrheit wäre. Ganz ehrlich: Mein Vater wusste zu Lebzeiten davon, das ich bisexuell bin & hatte zero Probleme damit. Auch mein Rabbiner weiss davon, es ist ihm egal. Das einzige Mal, das ich ernsthaft Probleme mit meinem Rebben hatte, war, als ich mit dreckigen „Converse“ ins Gemeindehaus kam. That`s it…  Also im Prinzip habe ich bisher kaum negative Erfahrungen hier in Westeuropa gemacht & auch meine jüdischen Cousins, die Haifa/Israel leben, akzeptieren meine Bisexualität. So weit, so gut, könnte man denken…

Wenn es nicht Diskriminierung von unerwarteter Seite gäbe…

Nämlich von Seiten von lesbischen oder sich sonstwie queer definierenden Frauen, die sich gleichzeitig als „progressiv“ & „links“ ansehen, aber im Grunde sehr regressiv sind & dazu noch einen ausgesprochenen Missionierungsdrang haben.

Dazu zwei Anekdoten, welche exemplarisch sind:

  1. Vor einiger Zeit ging „Little Old Me“ auf eine Party, die als LGBT-friendly ausgewiesen wurde. Dazu muss man wissen, das ich generell ungerne auf Parties & Clubs gehe & einen Abend mit Kino- & Bar-Besuch oder in einem netten Restaurant, dem Besuch eines Clubs vorziehe. Seis drum. Ich war also auf besagter Bar & stand am Tresen, um mir a) Mut anzutrinken & b) einen Überblick übers Publikum zu verschaffen, als mich zwei Frauen ansprachen, die, meinen Augen zu urteilen, Butch-Lesben waren. Also, die beiden Ladies fragten mich, was ich auf besagter Party mache & ob ich überhaupt LGBT sei, ich würde nicht so aussehen. Daraufhin antwortete ich, das ich sehr wohl LGBT sei, nämlich bisexuell & wollte mich dann weiter meinem Drink widmen, denn Butch-Lesben gehören nicht zu meinen persönlichen Präferenzen. Aber die beiden Ladies liessen mich kaum mehr in Frieden & beganen mich zu befragen, so das ich mich sehr unkomfortabel fühlte. Unteranderem fragten sie, ob ich auch wirklich Sex mit Frauen hätte, was ich bejahte & dann hakten sie nach, ob ich auch Sex mit Männern hätte, was ich auch bejahte. Zum Schluss, als ich kurz davor war, diese beiden Ladies anzuschreien, meinten diese Ladies, das ich nichts weiter als eine Lesbe sei, die sich nicht richtig geoutet hätte. Diese beiden Ladies negierten also meine Sexualität. Etwas, was mir bis zu diesem Zeitpunkt, völlig neu war.
  2. Zu einem späteren Zeitpunkt machte ich eine ähnliche Erfahrung an meinem Arbeitsplatz: Dazu muss man wissen, das mein Brot in einer Buchhandlung verdiene, welche häufig von Studenten frequentiert wird, die Geisteswissenschaften studieren. Eines schönen Tages bediente ich eine Kundin, deren ganzer Look schrie: „Seht her, ich bin queer!!!“ Bewusst androgyner Kleidungsstil, dazu diese Undercut-Frisur mit ausgewaschener Farbe & Pins mit der Regenbogen-Flagge am Fjällräven-Rucksack. Während ich also Madame Queer bediente, musterte sie mich & als ich , schlussendlich, am Einkassieren war, fragte sie mich, ob wir uns von irgendwoher kennen würden. Ich weiss, man sollte sich nicht von seinen Vorurteilen leiten lassen, aber in diesem Fall lag ich richtig: Ich sagte ihr, das ich ein paar Mal an einer LGBT-freundlichen Party in Zürich gewesen sei. Ungläubig sah sie mich & dann fragte auch Madame Queer mich, ob ich denn queer sei. Auch dieses Mal bejahte ich & sagte ihr, das ich bisexuell sei. Mit gekräuselter Stirn musterte sie mich & sagte, das würde man mir nicht ansehen. Ich zuckte nur mit den Schultern, während sie sich mich genauer ansah & dann, vor meinem Chef(!!!), mit ihrer Tirade loslegte. Angeblich würde ich mich für das Patriarchat prostituieren, ich „müsste“ meine Queerness sichtbar machen, mein Straightpassing müsse aufhören, man würde mir meine Bisexualität nicht ansehen, etc. Mein Chef sah mich nur völlig entgeistert an & ich war sprachlos. Am liebsten wäre ich im Boden versunken. Dazu muss man noch wissen, das jener Tag ein kalter Herbsttag gewesen war, an dem ich, weil ich keine sauberen Pullis mehr hatte, einen Pullover meines Mitbewohners „geliehen“ hatte & meine Haare damals knapp schulterlang trug. Ich sah also nicht extrem „straight“ aus, oder das was die Leute für straight halten…  Aber item, auch dieser Slacker-Hauptsache-Sauber-Look, war für diese Madam zu viel eingeforderte Toleranz…

Und es sind Anekdoten, wie diese, welche dazu geführt haben, das Little Old Me LGBT-friendly-Parties in Zürich & Umgebing meidet.

3 Gedanken zu „Meine Erfahrungen als bisexuelle Jüdin innerhalb eines linken Umfelds“

    1. Ach, viele Menschen sind tolerant, geehrte Linda.
      Doch das Problem bei Einigen ist, das sie selbst viel Toleranz einfordern & besagte Toleranz auch laut einfordern, aber Toleranz als Einbahnstrasse verstehen & selber nicht tolerant sind.

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