Offener Brief an sogenannte «Israelkritiker»

Geehrte «Israelkritiker», es ist gut, wenn Sie sich angesprochen fühlen und diesen offenen Brief nun lesen werden. Auch wenn mir bewusst ist, dass die hier aufgezählten Tatsachen wohl kaum zu einem Umdenken bewegen werden… Trotzdem, zuallererst für mich sind «Israelkritiker», gerade «Israelkritiker» aus dem deutschsprachigen Raum, denen es angeblich um Menschenrechte geht, Heuchler. Denn von genau diesen «Israelkritikern» hört man keinen Mucks, wenn es um die mehr als desolate Menschenrechtslage etwa in Staaten wie Belarus und der Islamischen Republik Iran geht.

Die britische Zeitschrift «The Economist» publizierte vor einiger Zeit eine Einstufung von Demokratien und Bürgerrechten weltweit. Mit dieser Einstufung wurde offensichtlich, dass die Bürger von Belarus, was den Mangel an Bürger- und Menschenrechten angeht, noch schlechter dastehen als die Bürger von Simbabwe und Venezuela. Belarus, das seit über zwanzig Jahren vom Kolchose-Diktator Alexander Lukaschenko regiert wird, ist auch das letzte Land Europas, in dem die Todesstrafe vollstreckt wird. Als vor einiger Zeit in der Knesset, dem israelischen Parlament, darüber debattiert wurde, ob man die Todesstrafe für Terroristen einführen solle, waren die deutschsprachigen Medien voll von dem Thema. Das in Belarus hingegen noch regelmässig Menschen, gerade Oppositionelle hingerichtet werden, interessiert hingegen kaum jemanden. Warum auch? Belarus wird ja auch nicht von Juden regiert und sogenannte «Israelkritiker» interessiert deshalb nur etwas, das man einem Juden in die Schuhe schieben kann. Darum gibt es keine Demos vor der belarussischen Botschaft und keine Boykottbestrebungen gegen den Kauf von Birkensaft und Traktoren. Man könnte sogar für lau nach Minsk fliegen, um dort gegen das Elend in der Kolchose-Diktatur zu protestieren, wenn man denn wollte, denn Minsk liegt nur zwei Flugstunden von Berlin entfernt.

«Israelkritiker» interessiert auch nicht, dass bei 17% der Ehen, die im Iran geschlossen werden, die Braut unter 18 Jahre alt ist. Alleine zwischen 2006 und 2018 wurden 400 000 Mädchen verheiratet, die bei ihrer Hochzeit jünger als 15 Jahre alt waren! Aber unter der Herrschaft der Statthalterschaft der Gelehrten feierte nicht nur religiös legitimierte Pädophilie im Iran Urstände. Es werden auch Menschen vom Staat ermordet, und zwar für Petitessen, wie dem Abfall vom Glauben. Hinzu kommt, dass Frauen wie Zeinab Sekanvand hingerichtet werden. Zeinab Sekanvand wurde mit 15 Jahren zwangsverheiratet, hatte mit 17, angeblich ihren Ehemann ermordet und im Gefängnis unter Folter den Mord an ihrem Ehemann gestanden und später wiederrufen. Am 2. Oktober 2018 wurde Zeinab Sekanvand gehängt. Aber im Fall des Regimes der Statthalterschaft der Gelehrten fordern «Israelkritiker» einen Dialog, der meiner Ansicht nach eher moralischer Prostitution gleichkommt, während sie gleichzeitig nicht müde werden, israelische Politiker sowohl der Regierungskoalition wie auch der Opposition nach Den Haag zu wünschen.

Diese Fälle zeigen für mich ganz klar, dass sogenannte «Israelkritiker» im besten Fall Heuchler sind, die ihr Mütchen am Juden kühlen wohlen Als jemand, der seinen Migrationshintergrund in der gescheiterten Sowjetunion hat, Jüdin ist und sich für Menschen- und Bürgerrechte einsetzt, bin ich oftmals entsetzt darüber wie «Israelkritiker», die Freiheit, die in demokratischen Rechtsstaaten gegeben wird, einsetzen um Agitation gegen den Juden unter den Staaten, Israel, zu betreiben. Entsetzt bin ich aus zwei Gründen: Erstens bin ich entsetzt darüber, dass «Israelkritiker» sosehr Geisel ihrer ur-eigenen antisemitischen Ressentiments sind, dass sie sich manisch mit den angeblichen Fehlern Israels beschäftigen müssen und zweitens bin ich entsetzt darüber, dass tatsächliches Elend so nicht mit den notwendigen Ressourcen bekämpft wird. Stattdessen können sich Autokraten wie der Kolchose-Diktator Lukaschenko und das lebende Fossil und oberste Religionsführer des Iran in Sicherheit wiegen und sicher sein, dass ihre Terrorherrschaft nie von irgendwelchen «Israelkritikern» in Frage gestellt wird, die stattdessen damit beschäftigt sind den Rechtsstaat Israel zu delegitimieren. Was den israelischen Rechtsstaat angeht: Als Ahed Tamimi, die auch als «Shirley Temper» bekannt ist, ins Gefängnis musste, weil sie einen Soldaten geohrfeigt hat, vergossen «Israelkritiker» Krokodilstränen wegen der Gefängnisstrafe. Als im Frühling 2018 der georgische Obsthändler Archil Tatunashvili in der von russischen Proxies okkupierten Zchinwali-Region, die international als «Süd-Ossetien» bekannt ist, entführt, gefoltert und ermordet wurde, hat das nur innerhalb der georgischen Gemeinschaft Empörung ausgelöst. Darum, liebe «Israelkritiker», lassen Sie es mich noch einmal sagen: In meinen Augen sind Sie bestenfalls Heuchler.