Eine Zusammenfassung der gegenwärtigen diplomatischen Krise zwischen dem Iran und Georgien

Geehrte Leser!

In den letzten Tagen und Wochen wurde der Ton noch rauer zwischen Tbilisi und Teheran. Und am 12. Dezember 2018 hat das Aussenministerium des Regimes der Islamischen Republik Iranern dazu geraten keinen Urlaub mehr in Georgien zu machen.

Die jetzige diplomatische Krise hat eine Vorgeschichte und Gründe, die damit zusammenhängen, dass viele Iraner Kaukasier, insbesondere Georgier, wie Untergebene behandeln. Dies ist sowohl bei Anhängern des Regimes, als auch bei Teilen der Opposition zu beobachten.  Auch diese Krise hat ihren Ursprung im Chauvinismus vieler Iraner: Als Beispiele seien hier zwei Zwischenfälle in den letzten Monaten genannt.

Vor einiger Zeit wollten zwei Hijab-tragende Frauen vom Flughafen Tbilisi in den Iran zurückfliegen. Die beiden Damen waren offensichtlich betrunken und benahmen sich während des Securitychecks vor dem Boarding gegenüber den am Flughafen angestellten Sicherheitsleuten unverschämt. Unteranderem beschimpften die Iranerinnen die georgischen Sicherheitsleute als «Sklaven» und bewarfen sie mit Gegenständen aus ihrem Gepäck. Um die Frauen loszuwerden, liessen die Sicherheitsleute die beiden Schnapsdrosseln ziehen und im Flugzeug ihren Rausch ausschlafen. Der Zwischenfall wurde allerdings aufgenommen und es wurde ein Rapport dazu verfasst. Die beiden Damen waren damit nicht zufrieden und haben sich offensichtlich zurück in Teheran bei verschiedenen Stellen über das eigentlich mehr als freundliche Verhalten der Flughafenangestellten beschwert… Dies war der erste Zwischenfall.

Dann gab es, vor nicht allzu langer Zeit, eine Razzia im berühmt-berüchtigten Szeneclub von Tbilisi, dem «Bassiani». Bei dieser Razzia wurden viele Drogen sichergestellt und dies ist etwas schockierend: Die meisten Drogen wurden bei iranischen Staatsbürgern festgestellt. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, in einem georgischen Szeneclub, welcher Kennern als das neue «Berghain» gilt, in der Hauptstadt Georgiens, sind mehr iranische Drogendealer und Konsumenten als georgische Dealer und Konsumenten. Die iranischen Dealer wurden daraufhin abgeschoben, denn in Georgien sind alle Drogen, bis auf Alkohol, Cannabis und Tabak nach wie vor nicht erlaubt.

Solche Zwischenfälle haben im kleinen Georgien dazu geführt, dass iranische Staatsbürger, die übrigens noch immer ohne Visa für 45 Tage in Georgien verweilen können, vermehrt kontrolliert werden. Die vermehrten Kontrollen wiederum führten zu mehr Anklagen und Abschiebungen, wegen Verstössen gegen das Aufenthalts- und Betäubungsmittelrecht. Des Weiteren wurden fast zweihundert iranischen Staatsbürgern von vornherein die Einreise in die Republik Georgien verweigert. Dies wiederum führte dazu, dass man in Teheran pikiert ist. Man muss sich das so vorstellen: Die Repräsentanten des Regimes fühlen sich darüber gekränkt, dass Georgien auf georgischem Staatsgebiert georgisches Recht anwendet und deshalb iranische Dealer abschiebt. Islamisten, die der weiblichen Bevölkerung des Irans das Kopftuch aufzwingen, haben keinerlei Probleme damit, wenn iranische Staatsbürger ausserhalb des Landes mit Drogen handeln! Man möge sich vorstellen, was passieren würde, wenn die Sachlage umgekehrt wäre und ich, als georgische Staatsbürgerin, im Iran mit Drogen handeln würde. Es wäre in höchstem Masse unwahrscheinlich, dass ich noch an einem Stück aus dem Iran zurückkommen würde… In der zynischen Logik des Regimes der Statthalterschaft der Gelehrten macht eine solche Politik des Laissez-faire und Laissez-aller für unpolitische Iraner im Ausland Sinn: So lange diese Iraner in Georgien mit Drogen handeln, um Geld für eine Flucht ins EU-Ausland zu haben, werden sie  nicht zu Unruhestiftern im Iran selbst und können den Status Quo nicht in Frage stellen.  Ausserdem sind manche gleicher als andere und viele Iraner, leider auch einige Türken und zu viele Russen, haben noch Attitüden, wie Feudalherren, d.h. dieser Irredentismus ist typisch bei den Rechtsnachfolgern von gescheiterten Imperien. Dies führt dazu, dass in letzter Zeit von Seiten iranischer Diplomaten, neben der Reisewarnung, viele Beschimpfungen und Drohungen gegenüber Georgien zu hören waren. Eigentlich eine Ungeheuerlichkeit, wenn man bedenkt wie sich die Islamische Republik versucht als zivilisiert darzustellen. Aber nicht weiter überraschend, wenn man bedenkt wie sehr gewisse Menschen die Geiseln ihres eigenen Chauvinismus und Irredentismus sind. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn man sich bewusst macht, dass sich die beiden iranischen, Hijab-tragenden Schnapsdrosseln in ihrer Geisteshaltung nicht vom Aussenminister des Regimes der Islamischen Republik gegenüber Georgiern unterscheiden: Sowohl die Schnapsdrosseln, wie auch der Herr Aussenminister sehen in Georgiern Untergebene, welche sich iranischen Interessen, komme was wolle, zu fügen haben. Da Georgien aber ein souveränes Land ist, funktioniert diese Feudalherrenmentalität nicht und führt zur jetzigen, diplomatischen Krise zwischen Tbilisi und Teheran. Diese Krise kann nur dann gelöst werden, wenn man sich in Teheran tatsächlich zivilisierter verhält.

Putin, die STASI und der mündige Bürger

Kürzlich wurde bekannt, dass der STASI-Ausweis von keinem geringeren als Wladimir Wladimoriwitsch Putin, dem jetzigen russischen Präsidenten, in einem Dresdner Archiv gefunden wurde. Die Boulevard- und einige seriöse Medien haben sich auf diesen «Scoop» gestürzt und auch Teile der Bevölkerung in vielen zivilisierten Staaten waren schockiert. Mich hat dieser Fund des STASI-Ausweises von Putin weder überrascht noch schockiert, denn Putin war Leiter des FSB, der Nachfolgeorganisation des KGB, bevor er zum Präsidenten von Russland gewählt wurde. Ja, meine Damen und Herren, das russische Wahlvolk wählte vor bald zwanzig Jahren den Leiter der Nachfolgeorganisation des KGB zu seinem Präsidenten. Die Folgen dieser verhängnisvollen Wahl dürften jedem bekannt sein, der gelegentlich Medien konsumiert und nicht unter einem Stein in Usbekistan haust. Aber ich nenne trotzdem gerne ein paar Stichwörter: Chodorkowski, Okkupation der Zchinwali-Region und der Krim, «Pussy-Riot» etc. Dies alles wäre einigermassen und vorhersehbar und verhinderbar gewesen, wenn man so etwas wie bürgerliche Kultur in Russland hätte und mündige Bürger sich bewusst gemacht hätten, zu was es führen würde, wenn man einen Mann zum mächtigsten Politiker macht, von dem nur bekannt ist, das er in St.Petersburg geboren und aufgewachsen war und dann jahrelang, zuerst dem KGB und dann dem FSB gedient hatte, bis er schliesslich an der Spitze von eben diesem FSB stand.

Mir geht es nicht darum irgendwelche Verschwörungstheorien oder Hirngespinste breitzuschlagen und so zu tun, als ob Putin die russisch-sowjetisch Version von James Bond gewesen wäre. Bei seiner Statur und seinen lächerlichen Fremdsprachenkenntnissen würde ich eher vermuten, das er seine Zeit bei der STASI, beim KGB und dem FSB in einer ähnlich armseligen Position verbracht hat, wie der fiktive STASI-Agent im deutschen  Film «Das Leben der Anderen».  Trotzdem finde ich persönlich es nicht gut, dass ein öffentliches Amt, wie das des Präsidenten mit einem Mann besetzt ist, der vom Prinzip her ein Enigma ist, weil seine Akte immer noch als «streng vertraulich» unter Verschluss gehalten wird. Aber das sieht das russische Wahlvolk offenbar anders, denn die einzigen Proteste, die in den letzten Jahren von breiten Schichten in der russischen Bevölkerung begrüsst und getragen wurden, waren die Proteste gegen die Erhöhung des Rentenalters. Nicht der Augustkrieg gegen Georgien, nicht die Invasion und Okkupation der Ost-Ukraine und der Krim, sondern die Erhöhung des Rentenalters. Eine Tragödie. Fast scheint es, dass es den russischen Bürger nicht sonderlich kümmert, was sein Staat, seine Regierung macht, so lange sein Wodka auf dem Tisch steht und er zeitig, mit sechzig Jahren, in Rente gehen kann. Dies lässt auf einen absoluten Mangel von politischem Bewusstsein eines mündigen Bürgers schliessen.

Denn und da sind sich die Wähler und Anhänger von Putin und Erdogan ähnlich: Es war von Anfang klar, dass man keinen Wolf im Schlafspelz wählt, sondern den Wolf ohne jegliche Verkleidung und es war auch von Anfang klar wohin die Reise gehen würde. Aber das war der Anhängerschaft dieser beiden Autokraten egal, so lange andere Personengruppen als Sündenböcke und Fussabtreter hinhalten mussten. Und so ist es notwendig, dass man auch die Bürger von Staaten wie Russland und der Türkei in die Verantwortung nehmen muss, denn Demokratie bedeutet nicht nur am Wahltag ein Couvert in die Wahlurne werfen zu dürfen, sondern auch das Bekenntnis zu einem Rechtsstaat, zu Gewaltentrennung und zur Wahrung von Menschen- Bürger- und Minderheitenrechten. Mit einer solchen Regierung und einem solchen Wahlvolk wundert es mich nicht, wenn Staaten wie Russland und die Türkei noch für ein paar Jahre Schwellenländer bleiben werden. Denn ohne funktionierenden Rechtsstaat gibt es in den seltensten Fällen wirtschaftlichen Aufschwung, oder irgendeine, denkbare Form von Progress. Stattdessen bleibt man im besten Fall in einem Sumpf von Elend stecken, oder gibt sich gar völlig dem Regress hin, wie in den oben genannten Staaten zu beobachten ist. In Russland feiert der russisch-orthodoxe Chauvinismus Urstände unter einem Ex-KGB-Apparatschik und in der Türkei wird die laizistische Republik Atatürks von Erdogan, einem Anhänger des Neo-Osmanismus, der mit der Muslimbruderschaft verbandelt ist, zu Grabe getragen. All das getragen von einem, im besten Fall, passiven Wahlvolk. Kurzum: Nicht der in einem Dresdner Archiv gefundene STASI-Ausweis von Putin, oder das Gedicht von Ziya Gökalp, dass Erdogan vorgetragen hat, sind die Probleme. Nein, sowohl der Ausweis wie auch das Gedicht symbolisieren viel mehr einen Mangel an Bürgerbewusstsein in Russland und der Türkei. Dieser Mangel ermöglichte es Autokraten, wie Putin und Erdogan Macht zu erlangen.