Die Tragödie der orthodoxen Christen

Liebe Ladies und Fellas

Zu den folgenden Zeilen wurde ich inspiriert aufgrund der Attacke auf den Bürgermeister von Thessaloniki/ Salonica, Yiannis Boutaris, durch einen orthodox-chauvinistischen Mob. Yiannis Boutaris, der demokratisch legitimierte und weltgewandte Bürgermeister Thessalonikis wurde bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Genozids an den Pontos-Griechen von orthodoxen Chauvinisten de facto krankenhausreif geschlagen.

Dieser schrecklichen Begebenheit liegt eine Tragödie zugrunde: Dem Leiden der orthodoxen Christen unter islamischer Okkupation. Die fehlende Anerkennung besagten Leids hilft, leider, gewissen orthodoxen Chauvinisten, daraus politisches Kapital zu schlagen. Und manchmal nicht nur das. Um Staaten, wie Griechenland, Georgien und Rumänien näher an die Kernländer der EU zu bringen ist es deshalb notwendig das Martyrium der orthodoxen Christen unter islamischer Okkupation ins europäische Bewusstsein zu bringen. Auch um zu verhindern, dass Schlägermobs und Politiker wie Putin eine Monopolstellung bei diesem Thema haben.

Viele Bewohner und Politiker von mittel- und westeuropäischen Staaten, deren erster Kontakt mit einer grösseren Anzahl von Muslimen, durch Gastarbeiter in den Fünfzigern und Sechzigern war, ist nicht klar, wie es Ländern, wie Rumänien und Griechenland, beide unter osmanischer Fremdherrschaft und Georgien, unter persischer Okkupation, ging. Oft wird ja, um die Toleranz der islamischen Herrscher zu betonen, von den vertriebenen Juden aus Spanien erzählt, welche als Dhimmi, im osmanischen Reich Zuflucht fanden. Aber hier ist schon des Pudels Kern: Die Juden waren, wie auch die Christen, im osmanischen Reich den Muslimen rechtlich nicht gleichgestellt, sondern, wie oben erwähnt, Dhimmi. Deshalb muss man die sogenannte Toleranz der islamischen Herrscher im historischen Kontext betrachten und auch einen Blick drauf werfen, wie die Shahs und Sultane die rebellierende, orthodoxe Bevölkerung betrachtet haben.

Ein paar Beispiele:

Da Christen, wie auch Juden, als Dhimmi galten, waren ihnen per Gesetz gewisse Berufe versperrt, des Weiteren durften sie auch keine Waffen besitzen oder auf Pferden reiten. Es war, in den meisten Fällen, absolut verboten, neue Kirchen und/ oder Synagogen zu bauen.

Die Hagia Sophia war die wichtigste Kirche der orthodoxen Christenheit und wurde unter osmanischer Herrschaft in eine Moschee umgewandelt. Heute ist die Hagia Sophia ein Museum, welches seiner Geschichte gerecht wird. Allerdings gibt es, leider, mehr als genug islamistisch eingestellte Türken, welche die Hagia Sophia wieder in eine Moschee umwandeln und so die edlen Fresken dort endgültig zerstören wollen.

Unter persischer Okkupation wurde Tblissi die Hauptstadt Georgiens, inklusive des Symbols der georgischen Orthodoxie, der Sioni-Kathedrale, fünfmal zerstört und niedergebrannt, zuerst unter Shah Abbas dem Ersten und zuletzt unter dem verfluchten Agha Mohammed Shah. Alleine unter der Herrschaft von besagtem Agha Mohammed Shah wurden über 15 000 georgische Sklaven ins iranische Kernland verschleppt.

Das berühmteste Wahrzeichen der serbischen Stadt Nis ist der Schädelturm, auf Serbisch Cele Kula genannt, welcher von den Osmanen aus den Schädeln und Knochen von serbischen Rebellen errichtet wurde.

Summa summarum: Das Leid der christlich-orthodoxen Bevölkerung war schrecklich und dieses Leid muss anerkannt werden. Allerdings sollten orthodoxe Christen und die Kirche sich auch in Demut üben: Nein, das Leid welches erlitten haben, war kein Holocaust. Auch wenn es Genozide, so wie den oben erwähnten Genozid an den Pontos-Griechen oder den Armeniern gab. Opferneid ist keine Tugend und es hilft niemandem, am allerwenigsten den Opfern besagter Genozide, wenn hier und heute Menschen wie Yiannis Boutaris in der Öffentlichkeit krankenhausreif geschlagen werden.

Warum sich Ilkay Gündogan und Mesut Özil schämen sollten.

Wie es aussieht, haben sich die beiden Spieler für die deutsche Fussballnationalmannschaft, Ilkay Gündogan und Mesut Özil, sich am Wochenende in London der Regression hingegeben und Agitation für den schnauzbärtigen Despoten, d.h. für den Wahlkampf der AKP, ein Foto mit Recep Tayyip Erdogan gemacht. Es entschliesst sich mir nicht, wie Menschen mit einem Rückgrat und einem funktionierenden Gewissen so etwas tun können. Sowohl Mesut Özil, wie auch Ilkay Gündogan, haben die deutsche Staatsbürgerschaft, sonst würden sie ja wohl kaum für die deutsche Nationalelf spielen und somit ist es mir noch weniger verständlich, wie zwei erwachsene Menschen, welche von den Freiheiten der Demokratie, wie funktionierenden Bürgerrechten, profitieren, sich so für einen Despoten einsetzen können. Um es ganz unumwunden zu sagen: Sowohl Mesut Özil wie auch Ilkay Gündogan werden vom deutschen Rechtsstaat beschützt, während sie, ohne Not, Propaganda für und mit Erdogan und seine AKP machen, einen Rechtsstaat, den sich abertausende türkische Staatsbürger wünschen, welche ohne Prozess in den Gefängnissen der Türkei schmorren.

Nur damit etwas klar ist: Weder erwarte ich von Fussballspielern, noch von anderen Prominenten mehr Engagement für Freiheit und Bürgerrechte, als vom Durchschnittsbürger, noch sind Ilkay Gündogan und Mesut Özil meine Vorbilder in Bezug auf Engagement. Aber ich erwarte von allen Menschen, egal ob Anwalt, Fussballspieler oder Theaterschauspieler ein Mindestmass an Anstand. Anstand zeigen, in dem man sich zum Beispiel nicht für den schnauzbärtigen Despoten engagiert. Anstand zeigen, in dem man Treffen mit dem schnauzbärtigen Despoten und anderen AKPisten und dergleichen meidet.

Kulturrelativismus ist hier und in anderen Fällen nicht dienlich, denn, wie oben gesagt, erwarte ich von allen Menschen, jeglicher Herkunft, ein Mindestmass an Anstand und Bewusstsein als Staatsbürger. Deshalb mache ich auch bei Ilkay Gündogan und Mesut Özil keine Abstriche und finde ihr Verhalten beschämend und es gilt dieses Verhalten zu verurteilen. Sonst opfert man weiterhin Werte der Aufklärung hier in Europa auf dem Altar des Relativismus.