Der Iran und das Leben als Schachspiel

Geehrte LeserInnen!

Dieser Tage konnte man, aufgrund der Covid-19-Pandemie und der geradezu sträflichen Inkompetenz des Regimes in Bezug auf diese, interessante Artikel von (ehemaligen) Regime Apologeten wie Ali Sadrzadeh und Natalie Amiri lesen. In diesen Artikel kritisieren sowohl Sadrzadeh wie auch Amiri die Herangehensweise des Regimes und stellen gar fest, dass das Regime nicht davor zurückschreckt, aus ideologischen Gründen die iranische Zivilbevölkerung in der Covid-19-Pandemie zu opfern, den Bauern beim Schachspiel nicht unähnlich. Vielleicht kommen Regime-Apologeten wie Natalie Amiri und Ali Sadrzadeh nun zur Besinnung. Ich würde darauf aber nicht wetten. Auf was ich auch nicht wetten würde, wäre ein Mentalitätswandel innerhalb der iranischen, auch exil-iranischen Gesellschaft, was persischen Chauvinismus angeht.

So begegnet mir diese Mentalität, in der man Menschen mit Schachfiguren und das Leben mit dem Schachspiel vergleicht, häufig, wenn ich mit Iranern in Kontakt trete. Man könnte denken, dass dies historische Gründe hat, da vielfach angenommen wird, dass das Schachspiel in Persien, sprich dem heutigen Iran erfunden wurde. Diese Annahme ist falsch und das Schachspiel stammt ursprünglich aus Indien. Allerdings ist es richtig, das viele Iraner passionierte Schachspieler sind.

Und während es nicht weiter überraschend ist, dass das Regime der Statthalterschaft der Gelehrten, angetrieben durch Islamo-Faschismus und andere regressiver Ideologien wie dem persischen Chauvinismus, ist der Fakt, dass der persische Chauvinismus auch innerhalb der antiklerikalen Opposition Urstände feiern kann, eine Tragödie, die den Regime-Change und damit echten Fortschritt für den Iran verhindert. Zwar kann der persische Chauvinismus durch das koloniale Erbe des Iran, sprich durch die Kolonialherrschaft der Perserreiche im Kaukasus und Kampagnen wie Nader Schahs Indien-Feldzug erklärt werden. Eine Entschuldigung ist dies aber nicht, sondern immer noch ein Anzeichen für Regression. Denn im 21. Jahrhundert ist es absolut inakzeptabel, Menschenrechte und Menschenwürde zur Disposition zu stellen.

Es ist zum Heulen. Während der Iran unter der Herrschaft des Regimes der Statthalterschaft der Gelehrten immer weiter vor die Hunde geht und nun nach all den Erdbeben und anderen Naturkatastrophen, auch noch vom Covid-19-Virus/Corona-Virus heimgesucht wird, ist die antiklerikale Opposition ein Kasperletheater und würde ohne Donald Trump als Präsidenten der USA nicht einmal einen Blumentopf gewinnen. Die Unfähigkeit der Opposition manifestiert sich stattdessen in solchen Ereignissen wie dem Folgenden:

Ich hatte kürzlich wieder eine verbale Auseinandersetzung mit einem iranischen Oppositionellen, bei der mir wieder Landesverrat gegenüber dem Iran vorgeworfen wurde, des Weiteren wurde ich als Koli, als landlose Herumtreiberin/«Zigeunerin», beschimpft und mir wurde gesagt, dass mein Verrat schlimmer sei als der von Trita Parsi. Trita Parsi ist ein bekannter Lobbist für das Regime der Islamischen Republik Iran. Ausserdem wurde ich mit Schachfiguren verglichen. Der Herr erdreistete sich, von mir zu verlangen, mein Leben für den Iran zu geben, und als ich ihn fragte, warum er nicht mit gutem Beispiel vorangehen würde und in die Schweiz geflohen sei, sagte er mir, dass er als «richtiger Perser» der Nachfahre von Königen wie Kyros, Darius und Anushshirvan sei, deshalb der Schachfigur des Königs entsprechen würde und darum unter keinen Umständen sterben dürfe. Ich hingegen sei aufgrund meiner kaukasischen Herkunft ein «Aniran*» und «Koli», entspreche deshalb einem Bauern beim Schach, mein Tod wäre demzufolge ein «Bauernopfer», und deshalb mache mich meine Weigerung für den Iran mein Leben zu geben zu einer schlimmeren Verräterin als Trita Parsi, da Trita Parsi zumindest ein richtiger Perser ist. Ich hoffe, ich muss hier nicht näher darauf eingehen, warum ich Entmenschlichung als solche für gefährlich halte und kann deshalb nur auf den Bürgerkrieg in Ruanda verweisen.

Nun fragen mich manche Oppositionelle, warum ich mit diesen Oppositionellen interagieren würde, und meine Antwort darauf ist, weil das eben auch Oppositionelle sind oder das keine richtigen Oppositionellen seien, die klassische «No true Scotsman»-Argumentation, und es deshalb meine Schuld sei, wenn ich beschimpft, bedroht und geschlagen werde. Was falsch ist, denn dieser persische Chauvinismus innerhalb der Opposition ist ein Problem der Iraner und sollte von Iranern selber gelöst werden, schon aus ureigenem Interesse, wie ich oben dargelegt habe, und Victim-Blaiming hat noch nie zu etwas Fortschrittlichem geführt. Deshalb sollte man das sein lassen.

*Ein «Aniran» ist ein Nicht-Arier/Nicht-Iraner, sprich jemand der türkischer oder kaukasischer Herkunft ist und nach Ansicht vieler Iraner deshalb primitiv und verräterisch.

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Teheran droht mal wieder!

Geehrte Leser!

Am 26. März 2019 schrieb Ali Sadrzadeh im «Iran Journal» der «Deutschen Welle», dass der Vizepräsident des Ausschusses für nationale Sicherheit des Scheinparlaments des Regimes der Islamischen Republik, Abolfazl Hassan Beigi, damit drohte deutsche Diplomaten als Geiseln zu nehmen. Dies geschah bereits am 8. November 2018 in einem Interview, das der sogenannte «Hardliner» Beigi gegeben hat, und es ist interessant, wie wenig dieser Fakt hier in Europa im Allgemeinen und in Deutschland im Besonderen zur Kenntnis genommen wird. Da droht ein Vertreter des Mullahregimes damit, deutsche Diplomaten als Geiseln zu nehmen, eine Drohung der Ayatollahs, die man wegen der Geschichte der Geiselnehmerdiplomatie, wie zum Beispiel der berühmt-berüchtigten Geiselnahme in der amerikanischen Botschaft, sehr ernst nehmen sollte und niemanden interessierts, wie mir scheint…

Viele naive Geister und Islam-Apologeten wundern sich darüber, dass Erben von gescheiterten Imperien, wie die Islamische Republik Iran und Erdogans Türkei nur am Katzentisch und nicht am Tisch der Zivilisationen sitzen dürfen.

Das hat einen einfachen Grund: Mit ihrer Geiselnehmerdiplomatie würden das Mullah- und AKP-Regime selbst kaltblütigen Gangstern die Schamröte ins Gesicht treiben. Mit ihr disqualifizieren sich Staaten, wie Erdogans Türkei und die Islamische Republik selber. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Es ist unerhört, wie hier iranische Politiker Diplomaten mit Geiselnahme drohen.

Im Übrigen bin ich nicht derselben Meinung, wie Herr Sadrzadeh: Denn wie oben schon geschrieben, gab es mehr als genug Fälle, in denen das Regime Geiseln nahm, um sein Gegenüber zu erpressen. Derzeit ist die britisch-iranische Staatsbürgerin und Mutter eines Kleinkinds, Nazanin Zaghari-Ratcliffe, Geisel des Mullahregimes. Die zahlreichen, aufgedeckten, versuchten Anschläge auf exil-iranische, jüdische und israelische Einrichtungen sind für mich, im Gegensatz zu Herr Sadrzadeh, ein Zeichen für die fehlenden Fähigkeiten des Regimes, Attentate erfolgreich durchzuführen, nicht für den fehlenden Willen. Der Fakt, dass das Regime durch seine Proxy, die Hisbollah, fähig war, den grössten Anschlag auf jüdische Zivilisten nach dem zweiten Weltkrieg, das AMIA-Attentat, durchzuführen, spricht für sich. Und die Tatsache, dass Herr Sadrzadeh in seinem Artikel, selber schreibt, dass sogenannte «Reformisten», wie Javad Zarif und Rohani keine Macht hätten und de facto nur Befehlsempfänger des obersten Religionsführers, Khameini, und der Pasdaran/ Revolutionsgarden seien, ist alles andere als beruhigend.

Dieses Elend, dass weiterhin von Europa im Allgemeinen und Deutschland im Besonderen praktiziert wird und die USA vor den Kopf stösst, hat einen Namen: Rassismus der niederen Erwartungen. Diese niederen Erwartungen legt man an Staaten, wie die sogenannte «Islamische Republik Iran» und praktiziert deshalb wider jeden Verstand eine gescheiterte Politik gegenüber einem mörderischen Regime, das sich nicht davor scheut, Menschen am helllichten Tag an Baukränen zu erhängen, Terrorgruppen wie die Hisbollah und die Houthi im Jemen zu unterstützen, Israel mit der Vernichtung zu drohen und nun auch noch damit Diplomaten der Bundesrepublik Deutschland als Geiseln zu nehmen. Solange sich das Gegenüber nicht zum Salafismus, Al-Qaeda oder dem Islamischen Staat bekennt, ist man gewillt, weiterhin dem Rassismus der niederen Erwartungen zu frönen und weiterhin gute Mine zum bösen Spiel zu machen.

Die  Lektüre von Herrn Sadrzadehs Artikel hat mich in meiner Meinung bestärkt, wonach der sogenannte «kritische Dialog» nur noch moralische Prostitution ist, der nicht nur Juden und Exil-Iraner weltweit gefährdet, sondern nun auch auch deutsche Diplomaten im Iran und eventuell gar nichtsahnende Reisende aus deutschsprachigen Ländern. Wenn es nach mir ginge, würde ich diesen nutzlosen Dialog deshalb auf Eis legen, wie ich es mit meinem Rosé zu tun pflege, und stattdessen das Mullahregime so zu sanktionieren, dass ihm der Vertrag/ Friede von Golestan, wie ein Geschenk des Himmels erscheint. Erst wenn es sichtbare Fortschritte, wie das Freilassen der Geiseln und politischen Gefangenen, wie Narges Mohammadi, der Mullahdiktatur gibt, kann man wieder darüber nachdenken, Gespräche mit Teheran zu führen.  Denn es gibt eine Zeit des Dialogs und eine Zeit, in der man zu handeln hat, und offensichtlich hat die jetzige Politik gegenüber dem Mullahregime nur dazu geführt, dass diese Ayatollahs und ihre Proxies noch unverschämter geworden sind, wie die Tatsache beweist, dass der oben genannte Abolfazl Hassan Beigi, so schamlos, wie eine Strassen-Dirne, damit drohte deutsche Diplomaten als Geiseln zu nehmen. So lange man nicht endlich effektiv handelt, wird das Regime der Mullahs Europa weiter als Papiertiger wahrnehmen und weiterhin Geiselnehmerdiplomatie betreiben.