Mein Senf zur politischen Krise an der Grenze von Belarus und Polen

Geehrte Leserinnen und Leser!

Mal wieder habe ich die Ehre, über das Land östlich des Bugs zu schreiben, in dem immer noch der Kolchose-Diktator schaltet und waltet, wie es ihm beliebt, und in dem der KGB noch weiter existieren darf und in dem, immer noch, leider, die Todesstrafe vollstreckt wird. Es geht, natürlich um Belarus, der letzten legalen Entität Europas, in der man noch für Aufruhr vor ein Erschiessungskommando kommen kann, und lassen sie mich eines vorne weg sagen: Ich habe sie alle gewarnt.

Die Tatsache, dass Lukaschenko seit über 27 Jahren wie die Karikatur eines Despoten im post-sowjetischen Raum herrschen konnte, ist einer der Gründe, warum ich nicht überrascht bin, dass der Kolchose-Diktator nunmehr Migranten wie Schachfiguren in seinem Konflikt mit der EU einsetzt. Lukaschenko ist schon das Leben seiner eigenen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger nichts wert, solange er sich an die Macht klammern kann wie ein Faultier an einen Ast. Da ist es nicht weiter überraschend, dass er das Leben von Irakerinnen und Irakern und Syrerinnen und Syrern als Bauernopfer benutzt.

Das alles wäre zu verhindern gewesen, hätte man nur Lukaschenko seiner Zeit wirkungsvoll sanktioniert, zum Beispiel nach dem gefälschten Referendum 1997(!), bei dem er Amtszeitbeschränkungen und die Gewaltentrennung ausgehebelt hat. Aber Belarus unter dem Kolchose-Diktator ist geradezu das Paradebeispiel für die Ignoranz und Indifferenz gegenüber dem Mangel an Menschen- und Bürgerrechten im post-sowjetischen Raum und der Tatsache, dass alles, aber auch wirklich alles mit dem fatalistischen Spruch quittiert wird, dass «Russland auch in 20 Jahren keine Demokratie sein wird».

Was Russland angeht, so denke ich tatsächlich nicht, dass Russland zu meinen Lebzeiten zu einer funktionierenden Demokratie werden wird, und die russischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger haben natürlich das Recht darauf, die Architekten ihrer eigenen Hölle zu sein. Aber, das bedeutet nicht, dass Russland das Recht hat, über 30 Jahre nach dem Ende der Sowjetunion anderen Staaten zu diktieren, wie diese ihre Zukunft zu gestalten haben, und in Feudalherrenmanier seine Statthalter in besagte Staaten einzusetzen. Russlands Imperialismus und Irredentismus muss man endlich Grenzen setzen und nunmehr auch den Demokratisierungsprozess im post-sowjetischen Raum ankurbeln. Denn, wie man sieht, schickt die demokratisch regierte Ukraine keine Menschen nach Europa und benutzt Migranten und Migrantinnen nicht als Kanonenfutter, sondern setzt stattdessen auf das Mittel der Diplomatie, um sich Gehör zu verschaffen.

Was hingegen die Krise an der polnisch-belarusischen Grenze angeht: Die wird solange weitergehen, wie es Putin und den anderen Herrschaften im Kreml beliebt und solange sie mit Lukaschenko einen loyalen Statthalter in Minsk haben werden. Sollte es diesen Winter erfrorene Migrantinnen und Migranten geben, die vom polnischen Grenzschutz gefunden werden, so wäre dies sogar gewünscht von Moskau, um die vermeintliche Unmenschlichkeit Europas für Propagandazwecke auszuschlachten. Denn wie gesagt, Charakteren wie Putin und Lukaschenko ist schon das Leben und Wohlbefinden der eigenen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger egal, wie man am Missmanagement dieser Despoten in der Pandemie sieht. So, ist es nicht weiter verwunderlich, dass ihnen das Leben jener, die sie an die EU-Grenze gebracht haben, salopp gesagt, am Allerwertesten vorbeigeht. Darum ist es Imperativ, dass man sich nicht vom Kreml und seinen Lakaien und Stellvertretern erpressen lassen darf. Sonst kommt schon die nächste Krise angerollt, die von Moskau angeheizt und von den Stellvertretern und Lakaien des Kremls ausgeführt wird.

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Nachtrag zur Polemik um die Affäre zur Autokephalie der ukrainisch-orthodoxen Kirche

Geehrte Leser!

Kaum war die Tinte auf dem Tomos trocken, den Patriarch Bartholomäus von Konstantinopel unterzeichnet und damit die Autokephalie der ukrainisch-orthodoxen Kirche besiegelt hat, fühlten sich weitere Schismatiker dazu ermutigt, die Autokephalie für «ihre Kirche» zu fordern. Und weil der Irrsinn weder Mass noch Grenzen kennt, wollen nun die Schismatiker auf beiden Seiten, sowohl oppositionelle Belarussen, wie auch der «Patriarch von Abchasien», ein Proxy des Kremls, die nur dank Putins Gnaden existiert, einen Tomos, der «ihre Autokephalie» bestätigt und besiegelt. Wie ich prophezeit habe, will nun jeder dahergelaufene, orthodoxe Christ für «seine Kirche» die Autokephalie, als ob diese Autokephalie auch nur ein Problem lösen würde, das derzeit die Welt heimsucht… Und deshalb muss der Patriarch von Konstantinopel, der alte Bartholomäus, nun härter ackern als eine Stripperin an einem Freitagabend in Atlanta.

Es gilt aber immer noch, was ich schon vor einiger Zeit geschrieben habe:

Allen patriotischen Ukrainern, die in der Autokephalie der jetzt gegründeten ukrainisch-orthodoxen Kirche primär einen symbolischen Akt sehen, um die Unabhängigkeit von Moskau zu demonstrieren, sei gesagt: Schon vorher bot die ukrainische Verfassung Religionsfreiheit und demzufolge auch die Möglichkeit, seine Religion zu wechseln, um unabhängig von Moskau und dem Moskauer Patriarchat zu sein. Selbst in der «letzten Diktatur Europas», in Belarus, ist es möglich, seine Religion zu wechseln, um sich demonstrativ vom Moskauer Patriarchat abzuwenden.

Und allen patriotischen, orthodoxen Christen, die mir unterstellen zu wenig Ahnung von der Materie zu haben, da ich weder Christin bin noch Religionswissenschaften studiert habe, sei gesagt: Solche Nebenkriegsschauplätze, um einen Tomos, der die Autokephalie besiegeln soll, helfen niemandem und werden, ausserhalb der orthodoxen Welt entweder nicht zur Kenntnis genommen oder mit Stirnrunzeln bedacht! Stattdessen lenkt diese Art der Symbolpolitik von den wirklich dringenden Aufgaben ab! Und die patriotischen Christen, die mir nun Heuchelei vorwerfen mögen, weil ich die Wiederherstellung der Autokephalie der georgisch-orthodoxen Kirche nicht so kritisch sehe, seien daran erinnert: Im Fall der georgisch-orthodoxen Kirche handelt es sich um eine Wiederherstellung der Autokephalie, da die georgisch-orthodoxe Kirche vor der Erschaffung des Moskauer Patriarchats existiert hat und dies nun sowohl von der «Mutterkirche», d.h. dem Patriarchat von Konstantinopel, wie auch von den Russen anerkannt wurde. (auch wenn letztere immer noch gerne in georgische Angelegenheiten hereinfunken). Im Falle der Erschaffung irgendwelcher orthodoxer Kirchen in Belarus, Abchasien oder sonst wo, handelt es sich, meiner Meinung nach, um Symbolpolitik und Schisma. Das sind gravierende Unterschiede.

Aber zurück zu den jetzigen Schismatikern, die, ich kann es nicht besser formulieren, mit der Jagd nach dem Tomos für die Autokephalie «ihrer Kirche» dem säkularen Rechtsstaat im post-sowjetischen Raum im Wege stehen. Dies ist besonders tragisch in Bezug auf die Ukraine und Belarus, die sich zwar tatsächlich von Russland emanzipieren müssen. Aber dies geht ja offensichtlich kaum, wenn man gedenkt auf den gleichen, chauvinistisch-orthodoxen Pfaden zu wandeln, wie es Russland derzeit tut. Alles in allem kann ich dieser Autokephalie-Manie nichts Gutes abgewinnen und fühle mich mehr und mehr entsetzt darüber, dass man gerade im post-sowjetischen Raum, so fahrlässig Nebenkriegsschauplätze beackert, wie dies derzeit der Fall ist.