Die Gunst der Stunde nutzen: Geschichten aus dem Kaukasus

Geehrte LeserInnen!

So sehr ich auch versuche, mich nicht über die Inkompetenz, den Grössenwahn und das Scheitern der iranischen Opposition zu amüsieren, die trotz von bald vier Jahren Trump-Administration, nichts auf die Reihe gebracht hat, so fällt es mir zugegebener Weise schwer. Deshalb möchte ich stattdessen positive Beispiele aufführen, die zeigen, wie Menschen in den süd-kaukasischen Republiken die Jahre der Trump-Administration für sich genutzt haben.

Zuallererst: Aserbaidschan, das ausgerüstet mit modernen, israelischen Waffensystemen den Nagorno-Karabagh zurückerobern konnte. Nicht nur führt dies dazu, dass ein Konflikt, zwar durch Gewalt, aber immerhin irgendwie im Kaukasus nun gelöst ist. Sprich der Konflikt um Nagorno-Karabagh gehört der Vergangenheit an, weil nun Jerewan die Fakten akzeptieren und einen Friedensvertrag unterzeichnen muss. Ausserdem sind das indirekt gute Nachrichten für Israel, denn Israel rüstet, wie gesagt, Aserbaidschan mit Rüstungsgütern aus. Dass diese Rüstungsgüter, wie zum Beispiel die Harop-Drohne von Israel Aerospace Industries, so gut gegen das von Russland produzierte S-300 Flugabwehrraketensystem funktioniert, bedeutet, dass Israel in einem Konflikt mit der Islamischen Republik Iran die Oberhand hätte, da auch der Iran das S-300-Flugabwehrraketensystem benutzt, neben dem von Iran selber produzierten Bavar-373-Flugabwehrraketensystem, und beide Systeme sind ganz offensichtlich Schrott. Hinzu kommt, dass dadurch die Position Russlands im Kaukasus geschwächt wurde, da man weder in Baku noch in Tbilissi sich weiterhin von den Herrschern aus dem Kreml etwas sagen lassen will. Und die Regierung in Jerewan, die sich auf Russland als Schutzmacht und Waffenlieferant verlassen hat, schaut nun in die Röhre.

Aber kommen wir wieder zurück zu Tbilissi. In Georgien demonstriert man dieser Tage gegen einen mit Russland assoziierten Oligarchen, Bidzina Ivanishvili, der de facto der Herrscher von Georgien ist, durch die Tatsache, dass die Partei «Georgian Dream» praktisch ihm gehört, d.h. er finanziert sie und fungiert quasi als «graue Eminenz». Seine Nähe zum Kreml und die Tatsache, dass «Georgian Dream» in den vergangenen Jahren sich immer weiter ans Patriarchat der georgisch-orthodoxen Kirche angebiedert hat, um eine Absolution für Korruption und Autoritarismus zu erhalten, führte zu immer weiteren Spannungen mit der georgischen Zivilgesellschaft, die nun zu diesen Protesten wegen des Wahlbetrugs von Ivanishivilis Erfüllungsgehilfen führten.

Die Demonstrierenden in Georgien fordern zwei Dinge: Zum einen, dass die Leiterin der Wahlkommission, Tamar Zhvania, zurücktritt, und zum anderen, dass es Neuwahlen gibt, die frei und fair sind. So wie ich Georgien kenne, sind dies erreichbare Ziele.

Wie gesagt, weil zwei süd-kaukasische Republiken nicht auf irgendwelche Messias-Figuren von ausserhalb hoffen und lieber die Schmiede ihres eigenen Glücks sind, ist Russland, überall im Süd-Kaukasus, ausser in Armenien selber, das sich immer noch an den Kreml und neuerdings auch an die Herrschenden in Teheran als Schutzmächte klammert, in eine sehr delikate Lage geraten. Was mir persönlich sehr zusagt. Denn den Herrschern im Kreml, inklusive dem KGB-Zwerg Putin, muss eines klar werden: Die Sowjet-Union und alle Herrschaftsansprüche Russlands an den (Süd-)Kaukasus sind nunmehr Geschichte, egal ob man diesen Fakt in Moskau mag oder nicht.

Währenddessen übte sich die antiklerikale Opposition des Iran, auch im Exil, in Trübsal blasen, und mir scheint, dies wird auch weiterhin getan werden. Weil man die Gunst der Stunde nicht zu nutzen vermag und stattdessen Ausschau hält nach potentiellen Sündenböcken, so grotesk diese auch sein mögen, wie eben zum Beispiel Alexander der Grosse, Stalin und die Araber an sich, um diesen dann die Schuld zu geben für das eigene Versagen. Anstatt wenigstens die noch verbleibenden 20 Wochen der Trump-Administration sinnvoll für irgendwas zu nutzen, dass der Zukunft des Iran dienlich wäre. Stattdessen sieht man dieser Tage vor allem, wie US-Diplomaten und Bürokraten wie Eliott Abrams sich die Köpfe darüber zerbrechen, was man noch alles tun könnte, um das Regime der Islamischen Republik Iran zu bekämpfen.

Dass es auch anders geht, zeigen der post-sowjetische Raum im Allgemeinen und die beiden süd-kaukasischen Republiken Aserbaidschan und Georgien im Besonderen und so sehr ich auch wünsche, dass das Regime der Statthalterschaft der Gelehrten im Mülleimer der Geschichte landet, so sehr weiss ich auch, dass das nicht passieren wird, so lange der antiklerikalen Opposition kein Feuer unter dem Hintern gemacht wird und diese endlich etwas Eigeninitiative zeigt, anstatt ewig nach einem Schuldigen zu suchen. Die Welt hat sich gewandelt, und wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Letzterer Satz wird Michail Gorbatschow zugeschrieben, der ihn aber nicht gesagt hat. Wie dem auch sei: Im Kaukasus hat man gezeigt, was man machen könnte, wenn man den wollen würde, und daran sollte man sich dieser Tage und in Zukunft ein Beispiel nehmen, wenn man tatsächlich die Gunst der Stunde nutzen will, um sein eigenes Schicksal gestalten zu können.

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Warum man nicht mehr Weissrussland und Grusien sagen sollte

Geehrte LeserInnen!

Als jemand, der Wurzeln im post-sowjetischen Raum hat, fällt mir auf, wie viele vermeintlich Intellektuelle, besonders solche die sich links der Mitte sehen oder sonst russophil sind, immer noch die beiden Staaten Belarus und Georgien als Weissrussland und Grusien bezeichnen.

Das ist nicht nur nicht länger politisch korrekt, es ist schlicht falsch, weil die Namen auf der staatlich verordneten «Russifizierung» beruhen, die zuerst vom Zarenreich und dann von der Sowjetunion praktiziert wurde und vom russischen Chauvinismus angetrieben wird. Nun, da sowohl Belarus wie auch Georgien die wohlverdiente und blutig erkämpfte Unabhängigkeit erlangt haben und die Sowjetunion auf der Müllhalde der Geschichte ihre ewige Ruhestätte gefunden hat, sollte man die Staaten, die einst von Moskaus Herrschern okkupiert waren, in ihrer Souveränität respektieren, und dazu gehört es auch, die Namen für diese Staaten zu verwenden, die nicht von fremden Fürsten und Partei-Apparatschiki erdacht und verwendet wurden, sondern Namen, die tatsächlich von den Bürgerinnen und Bürgern dieser Staaten verwendet werden.

Im Fall von Georgien und Belarus sind dies nun mal Georgien und Belarus. Zum Beispiel lautet der offizielle Name von Georgien auf Georgisch «Saqartsvelos Respublika» und das englische Exonym, der Fremdname, der von Georgierinnen und Georgiern am meisten akzeptiert wird, wäre das «Republic of Georgia», zu Deutsch «Republik von Georgien», weil der Heilige Georg als einer der Schutzpatrone von Georgien gilt. Der russische Name für Georgien stammt von einer falschen Übersetzung der georgischen Provinz Guria, zu Deutsch Gurien. Daraus machten zaristische Beamte im 18. Jahrhundert «Gruzia». Dies wurde dann später von russophilen Deutschsprachigen zu «Grusien» eingedeutscht und vor allem in der DDR als Name für Georgien verwendet. Sprich Grusien für Georgien zu verwenden, ist nicht nur Anbiederung an russische Chauvinisten, es ist auch nachweislich falsch. Denn der korrekte Name für die Provinz lautet «Guria»/»Gurien» und für den Staat Georgien.

Bei Belarus ist die Sache ein bisschen komplizierter, weil ich hier erklären muss, was der Name «Rus» ursprünglich bedeutet hat, bevor mich die russophilen Deutschsprachigen und die russischen Chauvinisten mit Mistgabeln und Fackeln aufspüren können. Denn es ist den meisten Menschen klar, dass der Name «Belarus» nichts weiter als «weisse Rus» bedeutet. Aber da der Name «Rus» ursprünglich nichts mit Russland zu tun hatte, sondern Union oder Staatenbund bedeutet, wie zum Beispiel bei der Kiewer Rus, ist es falsch, Belarus als «Weissrussland» zu bezeichnen. Es ist nicht nur falsch, es ist auch ein Kotau an den derzeit von Moskau propagierten russischen Chauvinismus, der zu allem Übel auch noch ein Gross-Russland herbeizufantasieren versucht. Ein Gross-Russland, indem nicht-slawische, nicht-christlich-orthodoxe Menschen bestenfalls Bürgerinnen und Bürger zweiter Klasse wären. Wenn Sie mir das nicht glauben, können Sie gerne die Geschichte von Albert Razin nachlesen, einem udmurtischen Aktivisten, der sich selbst verbrannt hat, als Form des Protests gegen die Russifizierung, die bis heute noch von den Herrschern im Kreml vorangetrieben wird.

Aber zurück zu Belarus, liebe Leserinnen und Leser, denn nun sollte auch Ihnen klar sein, dass der Name «Belarus» nicht «Weissrussland», sondern auf Deutsch übersetzt eher «weisse Union» bedeutet, denn wenn man «Weissrussland» sagen wollen würde, müsste man auf Russisch «Belaya Rossiya» sagen. Darum sollte man heute den Namen «Belarus» verwenden, auch um die mutigen belarusischen Demonstrantinnen und Demonstranten zu ehren, die seit über sechs Wochen schon gegen die Herrschaft des Kolchose-Diktators und Moskaus Statthalter, Alexander Lukaschenko, demonstrieren. Diese Demonstrantinnen und Demonstranten lassen sich nicht mal davon abschrecken, dass Belarus das letzte Land Europas ist, indem die Todesstrafe noch vollstreckt und nicht mit einem Moratorium belegt oder abgeschafft worden ist und sie deshalb zum Tode verurteilt werden könnten.

Zu guter Letzt möchte ich daran erinnern, dass Namen eine Bedeutung haben und natürlich auch eine Form der Wertschätzung und des Respekts, oder ein Fehlen eben dieser, ausdrücken können. So wie man heute die Hauptstadt Sloweniens nicht mehr Laibach, sondern Ljubljana, und die Hauptstadt der Slowakei nicht mehr Pressburg, sondern Bratislava nennt, so sollte man auch Belarus und Georgien als Belarus und Georgien benennen, und nicht mit Namen hantieren, die von russischen Chauvinisten erdacht und verwendet wurden und werden. Aus Respekt gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern von Belarus und Georgien.