Bekenntnisse eines Vatanforoosh*:Der Tod des Jamshid Sharmahd

Geehrte Leserinnen und Leser!

Diese Woche war ich bis zuletzt nicht ganz sicher, worüber ich in diesem Blog schreiben werde, habe mich aber nun dafür entscheiden, wieder über die Opposition aus dem Land der Arier, sprich dem Iran zu schreiben.

Denn verglichen damit, was im Iran selber und innerhalb der iranischen Opposition in der Diaspora abgeht, ist die Lage in Georgien nicht so dramatisch.

Ja, es wird Proteste und höchstwahrscheinlich Neuwahlen geben, aber Georgien hat auch eine starke Zivilgesellschaft, eine Präsidentin auf der Seite des Volkes und der Demokratie, und die Todesstrafe wurde auch vor fast zwei Jahrzehnten abgeschafft, sprich niemand riskiert beim Protestieren gegen die Wahlfälschungen Leib und Leben.

Ganz anders im Iran! Dort bricht das Regime neue Rekorde und hat im Jahr 2023, nach Angaben von „Iran International“, ganze 853 Menschen hingerichtet. Den Link dazu werde ich, wie immer, unten einfügen.

Jetzt hat das Regime in Teheran den deutsch-iranischen Doppelbürger Jamshid Sharmahd ermordet, nachdem es ihn aus den Vereinigten Arabischen Emiraten entführt hat.

Währenddessen fantasieren Teile der iranischen Opposition immer noch von einer Wiederauferstehung der Perserreiche! Und ich weiss effektiv nicht mehr, ob ich lachen oder weinen soll.

Denn mir tut es auch leid um die unschuldigen Opfer des Regimes, wie Jamshid Sharmahd, und die Tatsache, dass jeden Tag, den es das Regime in Teheran gibt, dieses seinem Tagwerk aus Mord und Folter nachgeht, und so zu einem Hindernis für Frieden und Fortschritt in der Region ist.

Allerdings muss auch gesagt werden, dass die irredentischen Bestrebungen von Teilen der Opposition einfach nur noch grotesk sind, gerade deshalb, weil die Situation im Iran so schlimm ist!

Man beachte bitte dieses Bild hier rechts unten, das ein Screenshot ist, in dem ein Pan-Iranist ein grosspersisches, grossiranisches Reich gepostet hat, in dem Georgien Teil des Iran ist und dieses Hirngespinst über 500 Likes und keinerlei Kritik bekommen hat.

Es ist ein Teufelskreis aus impotenter Wut und Grössenwahn, welcher das Regime am Leben hält, und die Opposition ist dabei mitschuldig. Meiner Meinung nach hätte der Mord des Regimes an Jamshid Sharmahd verhindert werden können, wenn die iranische Opposition in der Diaspora in den vergangenen Monaten hinter die Bücher gegangen wäre, um nachhaltige Strategien zu entwickeln, damit man das Regime stürzen kann.

Stattdessen musste ich ansehen, dass Teile der iranischen Opposition mein Heimatland Georgien immer noch als persisch-iranisches Terra irredenta ansehen, und lieber Georgierinnen und Georgier bedrohen und beschimpfen, anstatt das Regime zu stürzen.

Was ja auch, in Teilen, verständlich ist. Besteht doch die Gefahr, wenn man sich einem Pasdar/Revolutionsgardisten oder Basij/Basiji-Miliz-Mitglied direkt in den Weg stellt, man Leib und Leben riskiert, währenddessen hat es keinerlei Konsequenzen, wenn man „Marg bar Gorjestan, gendeh“ in mein Gesicht schreit.

Und so lange sich da nichts ändert, so lange wird das Regime der Islamischen Republik Iran auch weiterhin an der Macht bleiben, und ich werde weiterhin meinen Senf, in Form von Polemiken, dazu geben.

UN expert highlights Iran human rights challenges, urges action | Iran International

* Vatanforoosh bedeutet auf Persisch «Landesverräter» und so nennen mich Iraner und Iranerinnen, weil ich als Georgierin nicht auf Georgiens Unabhängigkeit verzichten will, kein Farsi spreche, mich der persischen Kultur nicht zugehörig fühle und nicht bereit bin, für den Iran zu sterben. Den Iranern und Iranerinnen, die in mir deshalb eine Landesverräterin sehen, sei gesagt: «Dissent is the highest form of patriotism» (dt. Dissens ist die höchste Form des Patriotismus.)

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Bekenntnisse eines Vatanforoosh*: Konstanter Verrat

Geehrte Leserinnen und Leser!

Bitte verzeihen Sie mir die folgenden Zeilen, aber wir müssen wieder über das Land der Arier, den Iran, reden. Aus Gründen.

Die Gründe sind der persische Chauvinismus, der immer noch den Regimechange und damit Frieden und Fortschritt in der Region verhindert, hinzu kommt noch ein paranoider Wahn, bei dem allen möglichen Akteuren vorgeworfen wird, den Iran verraten zu haben.

Nicht nur beschuldigen viele Iranerinnen und Iraner Amerika, schuld an der Islamischen Revolution zu sein, weil Washington angeblich nicht genug getan hat, um den Schah an der Macht zu halten, sondern man bezichtigt auch Georgierinnen und Georgier des Verrats, weil wir gegen die persischen Reiche unter den Sassaniden, Safawiden, Afschariden, Zands und Qajars rebelliert haben.

Ja, Sie lesen richtig, geehrte Leserinnen/geehrter Leser, Iranerinnen und Iraner erwarten von den Bürgerinnen und Bürgern Georgiens Kadavergehorsam gegenüber islamischen Schlächtern wie den Safawiden, während die selben Iranerinnen und Iraner tagein, tagaus sich darüber echauffieren, dass die internationale Gemeinschaft nicht genug gegen die Islamische Republik tut.

Was die internationale Gemeinschaft respektive die USA in den Jahren 1978/1979 angeht: Es ist verdammt nicht der  Job anderer Staaten, für die innere Sicherheit des Iran zu sorgen! Es ist nicht der Job anderer Staaten, loyal zur iranischen Monarchie zu sein, und dafür zu sorgen, dass die Schahs an der Macht bleiben. Das war der Job von Artesh, der regulären Armee des Iran, die bis heute noch existiert, und des SAVAK.

Und offensichtlich haben Institutionen wie Artesh und der SAVAK versagt, was Iranerinnen und Iraner nicht daran hindert, die Schuld für ihr Versagen an andere zu outsourcen, und somit dafür zu sorgen, dass mir das Material für solche Polemiken nicht ausgeht.

Aber meine persönliche Meinung beiseite gestellt: Fakt ist nun mal, dass es das konstante Versagen von Seiten der iranischen Opposition und davor von Institutionen wie dem SAVAK und Artesh war, dass das Regime erschaffen hat und es bis heute am Leben hält. Es war die Arroganz des SAVAK und von Artesh, die dachten, dass Kleriker wie Khomeini ihnen nicht gefährlich werden könnten, und die deshalb die Zeichen nicht richtig deuten konnten. Es war die Arroganz von Teilen der iranischen Opposition, die dachten, dass der besagte Klerus nicht herrschen könnte, und die Islamische Republik deshalb nur ein Provisorium sei, dass den Herrschern in Teheran nunmehr erlaubt, seit über 45 Jahren einem Tagwerk aus Mord und Folter nachzugehen, und die ganze Region zu bedrohen.

Diese paranoiden Verschwörungstheorien und der weitverbreite persische Chauvinismus helfen niemanden, sondern sind die Hauptgründe, warum das Regime der Islamischen Republik von Iran bis heute existiert, und diese konstanten Anschuldigungen des Verrats an Andere sind auch alles andere als Charmeoffensiven, sondern extrem peinlich. Darum muss diese groteske Scharade aufhören, oder Sie werden weiterhin alles darüber von mir hier lesen können.

* Vatanforoosh bedeutet auf Persisch «Landesverräter» und so nennen mich Iraner und Iranerinnen, weil ich als Georgierin nicht auf Georgiens Unabhängigkeit verzichten will, kein Farsi spreche, mich der persischen Kultur nicht zugehörig fühle und nicht bereit bin, für den Iran zu sterben. Den Iranern und Iranerinnen, die in mir deshalb eine Landesverräterin sehen, sei gesagt: «Dissent is the highest form of patriotism» (dt. Dissens ist die höchste Form des Patriotismus.)

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