Bekenntnisse eines Vatanforoosh*: Von Ketevan Mukhrani-Bagrationi zu Kian Pirfalak

Geehrte Leserinnen und Leser!

Es ist wieder mal Zeit, dass ich meinen Senf zum Tagesgeschehen gebe. In diesem Blog-Eintrag befasse ich mich mit dem Jammertal der iranischen Opposition, die bis heute denkt, dass die islamische Republik 1979 aus dem luftleeren Raum oder gar aufgrund einer ausländischen Verschwörung entstanden ist.

Wie Sie bestimmt schon wissen, bin ich gar kein Fan dieser Einstellung. Stattdessen bin ich der Ansicht, dass das Regime der Islamischen Republik nur dem Namen nach eine Republik ist und bis heute die Taktiken und Strategien der vorherigen Dynastien, wie der Sassaniden, Safaviden und Zands kopiert. Aber lassen sie mich das hier weiter erläutern.

Mein erstes Beispiel ist der Vergleich mit Ketevan Mukhrani-Bagrationi und Kian Pirfalak. Ketevan Mukhrani-Bagration, auch bekannt als Ketevan die Märtyrerin, war eine georgische Königin die im Auftrag von Shah Abbas I zu Tode gefoltert wurde, weil sie sich geweigert hatte zum Islam zu konvertieren. Mit ihrem Tod hörten die Schandtaten der Safawiden gegenüber Georgien aber nicht auf und so verschacherte der Shah den Leichnamen von Ketevan an portugiesische Mönche, die dann die Überreste der Königin nach Goa brachten, von wo die georgische Regierung den Leichnamen der Königin Ketevan zurückkaufte und, im Jahr 2020, nach mehr als 400 Jahren Exil zurück nach Georgien brachte.

Kian Pirfalak war ein hochbegabter iranischer Junge, der vom Regime ermordet wurde und dessen Familie, aus Angst dass das Regime den Leichnamen des Kindes entführen könnte, diesen in ihrem eigenen Haus mit Eis kühlte, das sie von Nachbarinnen und Nachbarn erbaten.

Zwar liegen beide Fälle mehr als 400 Jahre auseinander, doch der Modus Operandi der Herrschenden ist derselbe.

So sind die Schuldzuweisungen der Opposition an Fremde und Minderheiten innerhalb des Iran, meiner bescheidenen Ansicht nach, verkehrt, denn die Strategien der Islamischen Republik kommen nicht aus dem Ausland oder von Fremden, sondern aus dem Herzen des Iran, von gescheiterten Imperien, die vor dem Regime, aus dem Iran die Region heimgesucht haben und das sogar vor der Islamisierung des Iran, wie die frühesten Aufzeichnungen in georgischen Chroniken über Märtyrer wie Abibos Nekreseli und Eustachius von Mtskheta zeigen.

D.h. die Opposition sollte in sich gehen und Selbstkritik üben, anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen.

Etwas anderes, das in diese Richtung geht,  ist das konstante Selbstmitleid und die Anschuldigung, dass niemand für den Iran etwas tun würde und alle nur der Ukraine helfen würden aufgrund eines Rassismus gegenüber Iranerinnen und Iranern, der schlicht nicht besteht, während man gleichzeitig von Menschen wie mir erwartet, dass sie ihr Leben für „Shah o Eranshahr“ opfern sollen, wie es schon Howard Baskerville getan hat.

Der Grund, warum die Ukraine nun mehr im Fokus steht als der Iran, ist, dass eine grossangelegte Invasion und ein Krieg mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen als Proteste gegenüber einem unmenschlichen, totalitären Regime. Das war schon 2020 mit Belarus der Fall, als die Pandemie mehr Aufmerksamkeit in den internationalen Medien verschlang als die Proteste gegen das Lukaschenko-Regime.

Summa summarum:

Es ist nichts anders als die Hybris und Unfähigkeit der iranischen Opposition, die dieses gerontokratische, theokratische und unmenschliche Regime im Iran am Leben hält, und die Tatsache, dass Oppositionelle nichts lernen wollen und weiterhin Menschen wie Hamed Esmaelion, aber auch meine Wenigkeit des Separatismus beschuldigen, lässt nichts Gutes ahnen. Das Regime gehört auf den Müllhaufen der Geschichte, aber mit dieser Opposition ist nur dem Regime geholfen, und so wird es noch ein weiteres Jubiläum zelebrieren können.

*Vatanforoosh bedeutet auf Persisch «Landesverräter» und so nennen mich Iraner, weil ich als Georgierin nicht auf Georgiens Unabhängigkeit verzichten will, kein Farsi spreche, mich der persischen Kultur nicht zugehörig fühle und nicht bereit bin, für den Iran zu sterben. Den Iranern, die in mir deshalb eine Landesverräterin sehen, sei gesagt: «Dissent is the highest form of Patriotism» (dt. Dissens ist die höchste Form des Patriotismus.)

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Die Geister vergangener Imperien (Wie Imperialismus und Irredentismus im heutigen Iran Fortschritt verhindern)

Geehrte Leserinnen und Leser!

Es ist mal wieder an der Zeit, dass ich auf die Tasten haue und über das Land der Arier, den Iran, schreibe. Es geht natürlich darum, wie im Hier und Heute die Verherrlichung vergangener Imperien und der Wunsch die Territorien, die von diesen Imperien beherrscht wurden, wieder zu erobern, echten Fortschritt, besonders einen Regimechange, verhindern.

Natürlich denken viele Menschen, besonders Iranerinnen und Iraner selber, dass dies nur am Islam liege und dieses Regime nichts, aber auch rein gar nichts mit den vergangenen, gescheiterten Persischen Imperien zu tun habe. Dem ist nicht so. Zum einen bedient sich das Regime der Taktiken der Sassaniden und Safawiden in Bezug auf seine irredentistische Aussenpolitik, d. h. eine Herrschaft durch iranische Proxies, denn das, was die Sassaniden und Safawiden im Kaukasus getan haben, wird heute vom Mullahregime in Syrien und im Irak praktiziert. Zum anderen ist es so, dass, wenn es nur der politische Islam wäre, der schuld am Verfall Irans wäre, der Iran heute aussehen würde, wie Afghanistan, Somalia und der Jemen. Es sind die Faktoren des Imperialismus und Irredentismus, die vom Willen zur Auferstehung der Glorie vergangener Tage, angetrieben werden und die immer noch unterschätzt und ignoriert werden.

Dieser Irredentismus und Imperialismus sind allerdings nicht nur bei Regime-Anhängern, die gerne das persische Reich unter dem Banner der Islamischen Republik wiederherstellen wollen, verbreitet, sondern auch bei der antiklerikalen Opposition. Was meiner Ansicht nach, eines der Hauptprobleme ist, das einen Regimechange verhindert. Eines der anderen Hauptprobleme ist der Mangel an Führungspersönlichkeiten für die Zeit nach dem Regimechange, der heute schon sichtbar ist: Kaum eine Iranerin oder ein Iraner kann mir jemanden nennen, den man gerne als Präsident, Premier- oder Aussenminister hätte, und der nicht der ehemalige Shah ist oder schon seit Jahrhunderten tot. Und ich verwende hier bewusst die männliche Form, denn nach Ansicht eines guten Freundes, der selber Bahai ist und deshalb mit seiner Familie aus dem Iran fliehen musste, wird es noch Generationen dauern, bis eine Frau oder jemand aus einer ethnischen oder religiösen Minderheit im Iran das Sagen haben wird. Seiner Ansicht nach wird Iran nach dem Regimechange eher einer Türkei unter Erdogan gleichen, mit einer säkularen Staatbevölkerungen und einer Landbevölkerung, die seit eh und je ungebildet und extrem chauvinistisch gegenüber Minderheiten ist, als einem Staat wie die Niederlande. Seine These wird durch die Tatsache untermauert, dass 29 Millionen Iraner, mehrheitlich junge, ungebildete Männer, sprich 40% der Gesamtbevölkerung, in den kommenden Wahlen den gestörten Holocaust-Leugner Mahmud Achmadinejad unterstützen wollten.

Mein Freund muss es wissen, denn seiner Familie wurde Land weggenommen, nicht von den Ayatollahs selber, sondern von den verehrten Nachbarinnen und Nachbarn, die sich nur nach einer Möglichkeit gesehnt haben, der verhassten Minderheit eins auszuwischen. Das türkische Szenario ist, meiner Ansicht nach, aber nicht nachhaltig für den Iran und zwar weil in der Türkei bis vor kurzem, das Militär als Garant für die säkulare Verfassung stand. Dies ist im Iran nicht möglich, aufgrund des Fakts, dass Khomeini praktisch sofort nach der Islamischen Revolution mit den Pasdaran, den Revolutionsgarden, eine ideologisch gefestigte Miliz aufgebaut hat, die heute besser ausgerüstet ist, als die eigentlichen Streitkräfte des Iran, Artesh. Ausserdem sind ist Artesh heute auch nicht mehr das, was sie unter dem Shah gewesen sind: Ein General der regulären Streitkräfte hat vor kurzem in den iranischen Medien darüber geprahlt, dass die reguläre Armee bei der Niederschlagung der Proteste im November 2019 beteiligt gewesen sei. Sprich von der regulären Armee können die Bürgerinnen und Bürger nunmehr keinerlei Unterstützung erwarten.

Und da wir gerade vom Shah, sprich nun seinem Sohn, dem Kronprinzen Reza Pahlavi gesprochen haben: Seine Hoheit wünscht seit dem März ganz offen, nicht Shah werden zu wollen. Stattdessen will auch er eine Republik und nicht die Wiederherstellung der Monarchie mit ihm an der Spitze.

Die Frage lautet: Wie und mit wem kann ein Regimechange gelingen? Mir scheint, dass viele Iraner, auch jene, die der antiklerikalen Opposition zugehörig sind, gerne bei Problemen im Hier und Heute Ideen und Strategien vergangener Tage und gescheiterter persischer Reiche zu recyclen versuchen. Darunter natürlich auch die Idee eines gross-persischen, gross-iranischen Reiches, als ob der Iran in seiner heutigen Grösse nicht genug Probleme hätte. Und was die Probleme angeht, scheuen sich jene, die sich nach einem gross-persischen Imperium sehnen, schon heute nicht, allen möglichen und unmöglichen Akteuren die Schuld an den zahlreichen Problemen des Iran zu geben, darunter sind natürlich, Israel, die christlichen Staaten im Südkaukasus, die Engländer, die Araber und die Türken, aber auch Minderheiten innerhalb des Iran wie zum Beispiel Bahai. Gleichzeitig will man selber für nichts, aber auch rein gar nichts die Verantwortung übernehmen, stattdessen gibt man anderen, einem anonymen Kollektiv die Schuld an der Misere für die eigene Unzulänglichkeit und das eigene Versagen, mit den Mullahs fertig zu werden und den historischen Leichen im Keller endlich ins Gesicht zu schauen.

So ist natürlich keinerlei Fortschritt möglich und auch ein Regimechange rückt in weite Ferne. Es ist ein Teufelskreis und es ist eine einzigartige Groteske der iranischen Tragödie, dass sie andere Staaten in das Elend hereinzieht, so den Jemen, Syrien, Israel und neuerdings den Süd-Kaukasus, dem während des Höhepunkts des letzten Konflikts in Nagorno-Karabagh, der stellvertretende Aussenminister der Islamischen Republik Iran, Abbas Araghchi, damit drohte, dass der Iran in den Kaukasus einmarschieren werde, wie es einst Agha Mohammad Khan getan hatte.

Dies wird auch in Zukunft so weitergehen, bis die Bürgerinnen und Bürger des Iran sich kritisch mit ihrer eigenen Geschichte auseinandersetzen werden, anstatt gescheiterte Imperien zu verherrlichen und aufhören, allen möglichen und unmöglichen Menschen die Schuld am eigenen Elend zu geben. Daran können leider keine Sanktionen etwas ändern. Andernfalls hätte es in den vier Jahren von Donald Trumps Zeit als Präsident einen Umsturz gegeben, der das Regime auf den Müllhaufen der Geschichte befördert hätte. Dies gab es nicht, stattdessen gab sich ein grosser Teil der exil-iranischen, anti-klerikalen Opposition dem irren Gedanken hin, dass nun das Perserreich wiederauferstehen werde und der Iran dadurch Kontrolle über die Krim-Halbinsel, Georgien, Armenien, Aserbaidschan und selbst Teile Russlands erhält.

Heute folgt das böse Erwachen, dass Präsidentschaftswahlen in der Islamischen Republik Iran anstehen, bei denen sich das Regime kaum mehr bemüht die Scharade von politischer Legitimität aufrechtzuerhalten. Stattdessen ist mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der neue Präsident der Islamischen Republik Ebrahim Raisi heissen wird. Raisi ist Khameinis Nachfolger, den die alte Schlange Khameini in einer Machtposition installieren will, damit er nach Khameinis Tod bestätigt und ohne Umstände zum neuesten obersten «Religionsführer» ernannt werden kann. Dabei helfen die Geister vergangener Imperien, die den Iran und die exil-iranische Gemeinschaft noch heute heimsuchen.

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