Der Kolchose-Diktator und alte Ressentiments

Geehrte Leser und Leserinnen!

Trotz all der anderen Ereignissen in der Welt, habe ich mal wieder die Ehre, über das Land östlich des Bugs zu schreiben, wo noch immer, zusehends verzweifelter, der Kolchose-Diktator Lukaschenko, versucht zu schalten und zu walten, wie es ihm beliebt. Nicht nur versucht der Staathalter von Putins Gnaden in Belarus konstant unabhängige Medien wie Tut.by oder Zerkalo.io zu verbieten, Journalisten und Journalistinnen ins Arbeitslager zu stecken oder ins Exil zu drängen, auch scheut sich der Kolchose-Diktator nicht davor, uralte antisemitische Ressentiments aus der Mottenkiste zu zerren, wie verschiedene Medien wie zum Beispiel im deutschsprachigen Raum die «Jüdische Allgemeine» berichtet haben.

Es ist, mal wieder, alles die Schuld der Juden und nicht eines irrlichternden Diktators, der nach nunmehr 26 Jahren an der Macht zusehends gestörter reagiert, wie die letzten Wochen zeigen, als Lukaschenko damit gedroht hat, «Europa mit Flüchtlingen und Drogen» zu überschwemmen. Währenddessen benutzten seine Haus-Propagandisten vom Präsidialamt das Medium «SB. Belarus Segodnia» (dt. SB Belarus heute), um sich in antisemitischer Propaganda zu ergötzen und stalinistische Säuberungen herbeizufantasieren.

Aber all das, ist nicht weiter überraschend, wenn man sich mit der Geschichte von Alexander Lukaschenko, besonders mit seinem Aufstieg und seiner Herrschaft beschäftigt. Wie der belarusische Journalist Pavel «Pavlo» Sheremet, der von seiner Ermordung im Jahr 2016 vom Regime ausgebürgert wurde und zuletzt in der Ukraine gelebt hat, in seinem Buch «Sluchaynyy prezident» (dt. Zufälliger Präsident) geschrieben hat, war Lukaschenko am Anfang ein reiner Protestkandidat, der damit antrat, dass es unter ihm keine Privatisierungen, Arbeitslosigkeit etc. geben würde, wie es dies in anderen Staaten im post-sowjetischen Raum in den Neunzigern gegeben hat. Er, der eine Kolchose geleitet hatte, dachte nicht, dass er, der über keinerlei politische Erfahrung verfügt hatte, in Belarus zu gewinnen, besonders als immer mehr über die Unappetitlichkeiten des Sowjet-Regimes in den Medien berichtet wurde. Überraschenderweise gewann Lukaschenko, das sowjetische Relikt, die Wahl doch und hält sich seitdem mit einer Mischung aus Bauerschläue und tschekistischer Grausamkeit an der Macht. So gibt es in Lukaschenkos Belarus Erschiessungskommandos, während der alte Diktator munter auf dem Traktor durch die Gegend fährt.

Dies ging solange gut für ihn, bis er letztes Jahr, quasi nach mehr als einem Vierteljahrhundert Herrschaft, arrogant wurde und sich als milder, wohlmeinender Herrscher inszenieren wollte und deshalb die Frau eines Mannes, den er ins KGB-Foltergefängnis gesteckt hatte, in den Präsidentschaftswahlen gegen sich antreten liess. Der Kolchose-Diktator, der offensichtlich auch ein Frauenhasser ist, dachte nicht im Traum daran, dass ihm eine Frau gefährlich werden könnte und die Bürgerinnen und Bürger lieber eine Frau als ihn an der Spitze ihres Landes sehen wollen. Alexander Lukaschenko erlebte wieder eine Überraschung, diesmal, als eine Mehrheit des belarusischen Elektorats lieber die Frau eines politischen Gefangenen statt Putins Statthalter wählte. Damit hatte der alte Luka nicht gerechnet, der in den Jahren davor all die Männer, die ihm gefährlich werden könnten, vorsorglich entweder ins Arbeitslager (Nikolai Statkevich) oder in den KGB-Folterknast (Sergey Tikhanoskiy) stecken liess. Auch dieses Mal war es eine Protestwahl in Belarus, eine Protestwahl gegen die Herrschaft des irrlichternden Kolchose-Diktators, und so stimmten viele Menschen primär nicht für Tikhanovskaya, sondern gegen Lukaschenko in jener schicksalsträchtigen Wahl vor einem Jahr.

Bis heute hat Lukaschenko diese Niederlage nicht verkraftet, und so schlägt er nunmehr wüst um sich, einem tollwütigen Biest gleich. Verzweifelt versucht sich diese Karikatur eines Autokraten im post-sowjetischen Raum mit allen möglichen Mitteln an der Macht zu halten, nun eben damit, dass er zu Antisemitismus greift und seine zahlreichen Gegner als Juden diffamiert, die aus irgendeinem Grund sich gegen Belarus verschworen haben. Wie gesagt: Lukaschenko ist ein Relikt vergangener Tage und so ist es nicht verwunderlich, dass er antisemitische Verschwörungen aus der Mottenkiste recycelt, in der Hoffnung, dass das belarusische Volk seinen Antisemitismus teilt und lieber von einem hemdsärmeligen Diktator anstelle von vermeintlichen Juden beherrscht werden will.

Dies zeigt für mich zweierlei: Zuallererst ist Lukaschenko zugleich dumm wie auch arrogant. Zum anderen könnte diese Instrumentalisierung für den alten Kolchose-Diktator nach hinten losgehen, wie schon sein Frauenhass, als er von keiner anderen als der Hausfrau und Gemahlin (und Fremdsprachenlehrerin und Übersetzerin) Svitlana Tikhanovskaya besiegt wurde. Immerhin wurde auch im Nachbarland von Belarus, der Ukraine, der russischsprachige Jude Volodymyr Zelenskiy auf demokratischem Wege zum Präsidenten gewählt. Und nunmehr fliehen viele Bürgerinnen und Bürger ins demokratische Nachbarland und sehen mit eigenen Augen, dass es im Grund genommen gut ist, von einem jüdischen Komiker regiert zu werden. Und eine andere Strategie, als Ressentiments zu schüren und seinem eigenen Volk mit einem Krieg zu drohen, hat der Kolchose-Diktator nicht.

Um mit etwas Positivem abzuschliessen: Bisher hat es Alexander Lukaschenko ums Verrecken nicht geschafft, Europa mit Drogen zu fluten, obwohl er damit gedroht hat. Belarus ist nunmal nicht Kolumbien oder Afghanistan, und so hat der Mann, der sich lieber nach Russland absetzen sollte, um nicht in Den Haag zu landen, anstelle von Kokain und Heroin nur Kartoffelstärke im Angebot.

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Ein Nachtrag zu «Die Revolutionen in Ex-Sowjetstaaten und der Kreml»

Geehrte LeserInnen!

Mich freut es sehr, wenn mein Blog gelesen wird und man mir Anmerkungen und Ratschläge zu meiner Schreibe gibt, aber Kritik, wonach ich zu naiv sei und dass meine Vorhersage, dass dem post-sowjetischen Raum weitere «Farbenrevolutionen» und generell Proteste gegen den Status quo bevorstehen, deshalb nicht stimmen könne, lasse ich nicht gelten.

Zuallererst: Man muss sich immer wieder zu Gemüte führen, dass Putin nun auch schon 68 Jahre alt ist, der Mann wird nicht jünger und ist auch nicht unsterblich, daran können weder Botox noch die Tatsache, dass der Mann nun Abstinenzler ist, etwas ändern. Wie ich schon in meinem vorherigen Beitrag geschrieben habe, weigert sich der KGB-Zwerg, einen Nachfolger aufzubauen aus Angst davor, geschasst zu werden wie anno dazumal Chrustschow. Dies trotz der Tatsache, dass der KGB-Zwerg bald länger an der Macht ist als es Stalin war. Aber wie gesagt, weder der «Vozhd» noch Putin sind und waren unsterblich.

Gerade deshalb ist es wichtig, dass man aufhört, die Staaten, die früher unter dem Joch des Sowjet-Imperiums und russischen Chauvinismus waren, stiefmütterlich zu behandeln, und stattdessen den KGB-Zwerg und seine Handlanger wie zum Beispiel den Kolchose-Diktator von Belarus, Alexander Lukaschenko, effektiv sanktioniert. Zumal jetzt auch die EU Lukaschenko nicht mehr als legitimen Präsidenten von Belarus ansieht. Es wäre deshalb wichtig, dass sich die EU und andere zivilisierte Staaten nicht zum Papiertiger degradieren lassen und endlich Zähne zeigen. Letzteres ist besonders wichtig! Es ist von elementarer Bedeutung, dass Lukaschenko auf der Müllhalde der Geschichte landet und in Belarus endlich die Todesstrafe abgeschafft wird!

Ich muss immer wieder daran erinnern, dass Belarus immer noch das letzte Land Europas ist, indem die Todesstrafe vollstreckt wird, und zwar per Genickschuss. Das heisst, Menschen wie die mutige Oppositionsaktivistin Maria Kolesnikowa sind in Gefahr, hingerichtet zu werden, vom letzten Regime Europas, indem man sich nicht schämt, seine eigenen Bürger und Bürgerinnen zu meucheln. Darum ist es für mich so enorm wichtig, was derzeit in Belarus passiert. Gerade auch, weil Belarus, im Gegensatz zum Beispiel zu Georgien und der Ukraine, die sagen wir es mal so, eine etwas aggressivere Debattenkultur und generell eine temperamentvollere politische Kultur haben, die etwas ruhigeren und generell homogeneren Bürger und Bürgerinnen hat.

Dass nun seit mehr als sechs Wochen in Belarus demonstriert wird, gibt mir deshalb Hoffnung für die Ex-Sowjetstaaten generell, denn wenn sich der Kolchose-Diktator Lukaschenko nicht halten kann, sieht es auch in Zukunft schlecht aus für andere Autokraten und Despoten von Putins Gnaden. Darum war mein letzter Beitrag auch nicht von Naivität, sondern von Tatsachen geprägt wie zum Beispiel der Tatsache, dass die «Farbenrevolutionen», die in den vergangenen Jahren in Ex-Sowjetstaaten stattfanden, diese Staaten, im Grossen und Ganzen, positiv veränderten. In Georgien wurde die Todesstrafe abgeschafft und die Korruption wird bekämpft. In der Ukraine wurde ein russischsprachiger Jude durch demokratische und faire Wahlen zum Präsidenten gewählt und ethnische und religiöse Minderheiten wie zum Beispiel Krim-Tataren, sind nun in der Öffentlichkeit und im politischen Leben stärker repräsentiert.

All das sollte auch Ihnen, meine geehrten Leser und Leserinnen, Anlass zur Hoffnung geben. Anstelle dessen sehe ich leider vielfach Bitterkeit und Resignation, mit den dazugehörigen Relativierungen der Machenschaften des KGB-Zwergs und seiner Statthalter. Auch wird mir gerne «Russophobie» oder gleich Rassismus gegenüber Russen und Russinnen vorgeworfen. Als ob mich die Kritik am russischen Chauvinismus und den imperialistischen Abenteuern des Kremls zur Rassistin machen würde, und nicht das barbarische und grausame Verhalten des Kremls gegenüber den regionalen Nachbarn Russlands. Fragen Sie mal, wie sich die gut 300 000 georgischen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen fühlen, die aufgrund von Moskaus Proxys zu Binnenflüchtlingen geworden sind, oder die Krim-Tataren und Krim-Tatarinnen, die aufgrund der russischen Okkupation der Krim schon wieder entrechtet werden. Von denen hört man kaum was, stattdessen erkundigt man sich konstant nach den Befindlichkeiten der Machthaber in Moskau und sieht die Herrschaft des KGB-Zwergs und seiner Vögte und die damit einhergehende Barbarei als eine Art Folklore an.

Aber um positiv zu schliessen: Wie gesagt, wenn schon in Belarus gegen den Kolchose-Diktator, der immer mehr zu einer Karikatur seiner selbst verkommt und schon davor das wandelnde Klischee eines Diktators in der ehemaligen Sowjetunion gewesen ist, seit über einem Monat unermüdlich demonstriert wird, dann sieht die Zukunft besser aus, als es viele meinen. Das sollten wir uns immer wieder vor Augen führen, geehrte und geschätzte Leser und Leserinnen.

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