Die Heuchelei der BDS-Aktivisten angesichts des echten Imperialismus

Geehrte Leser!

Erst kürzlich wurde wieder ein Dorf durch Stacheldraht aufgeteilt, die Landesgrenze eines legitimen Staates durch kolonialistische Truppen weiter verschoben. Ausländische Botschafter haben den Ort der Tragödie mit einer Kaltschnäuzigkeit und Gleichgültigkeit besucht, die ihresgleichen suchen, während die Dorfbewohner ihnen vom Leben in ihrem aufgeteilten Dorf erzählten, davon, wie sie von der Besatzermacht gefangen genommen und gefoltert wurden, wie ihr Haus angezündet wurde und bis auf die Grundmauern abgebrannt ist. Von über zehn Jahren eines unmenschlichen Lebens. Wie ein einundsiebzigjähriger Mann seinen Garten mit seiner Obstplantage verloren hat, seine einzige Einkommensquelle, und wie er manchmal, von weitem, seine Apfelbäume betrachtet. Nun kann man denken, dass sich zumindest zivilgesellschaftliche Aktivisten in Amerika und Europa, aus Solidarität, für dieses Dorf und weitere Menschen, die unter der Okkupation von 20% ihres Heimatlandes leiden, und 10% der Bevölkerung, die deshalb zu Binnenflüchtlingen wurden, demonstrieren und zu einem Boykott von Waren und Dienstleistungen des Besatzers aufrufen werden.

Dies wird allerdings nicht geschehen, da es um das Dorf Gugutiantkari in Georgien geht und es sich bei der Besatzermacht, die Grenzen verschiebt, um Russland handelt. In diesem Fall gilt: No Jews! No News! Es interessiert kaum jemanden, da man hier nicht irgendwelche Juden für die Situation verantwortlich machen kann. Hinzu kommt, dass viele Leute den Kaukasus und die kaukasischen Republiken wie Armenien, Aserbaidschan und Georgien immer noch als Mündel von gescheiterten Imperienwie Russland, der Türkei oder dem Iran ansehen, und nicht als eigenständige Entitäten. Somit ist es leicht, über die völkerrechtswidrige Besatzung der Zchinwali-Region (Süd-Ossetien) und von Abchasien durch Russland hinwegzusehen, während man weiterhin mit Schaum vor dem Mund fordert, Wein von den Golan-Höhen zu boykottieren. Geflissentlich wird auch ignoriert, dass Russland, ermutigt durch die Gleichgültigkeit im Fall von Georgien, die Politik der «Borderization», der gewaltsamen Grenzverschiebung und der ethnischen Säuberung der einheimischen Bevölkerung durch Proxies, nun auch in der Ukraine praktiziert.

Aber wenigstens zeigt dies auf, was für Heuchler Leute sind, die für den Boykott von Israel, einer funktionierenden Demokratie, werben, während sie die Tatsache ignorieren, dass Russland Territorien von zwei souveränen, europäischen Staaten, nämlich Georgien und der Ukraine, okkupiert. Allerdings werden nicht nur die Untaten von Moskau ignoriert, sondern auch der Fakt, dass die Türkei schon seit über 30 Jahren den Nordteil Zyperns okkupiert, die Mörder des griechischen Zyprioten Anastasios «Tasos» Isaac* deckt und in den Kurdengebieten regelmäßig die Menschenrecht der kurdischen Bevölkerung verletzt. Letzteres gilt auch für die Islamische Republik Iran. Auch das Regime von Teheran behandelt die kurdische Bevölkerung, wie auch andere ethnische und religiöse Minderheiten des Irans, bestenfalls wie Bürger zweiter Klasse. Sowohl Russland, wie auch die Türkei und der Iran sind die Erben von gescheiterten Imperien. Imperien, die wegen des Chauvinismus und des Imperialismus der Mehrheitsbevölkerung gescheitert sind. Was aber weder Russland noch die Türkei oder die sogenannte Islamische Republik Iran daran hindert, sich heute noch wie Feudalherren zu benehmen und Minderheiten in ihren eigenen Ländern und ihre Nachbarn in der Region zu schikanieren und zu terrorisieren. Die jetzigen Regime in Russland, dem Iran und der Türkei sind Imperialisten mit der Verkleidung von Revolutionären, die vom «Rassismus der tieferen Erwartungen» gegenüber nicht-westlichen Staaten profitieren. Durch diesen Rassismus und die damit einhergehende Gleichgültigkeit gegenüber der imperialistischen Politik dieser Staaten leiden besonders die Nachbarn in der Region dieser Staaten, wie oben erwähnt Georgien, die Ukraine und Zypern.

Währenddessen kühlen sich vermeintliche Aktivisten ihr Mütchen am Juden unter den Staaten, Israel, ab und schikanieren und bedrohen israelische Staatsbürger, amerikanische Juden (man erinnere sich daran, was das «Rototom Sun Splash» vom amerikanisch-jüdischen Reggaemusiker Matisyahu wollte) und Künstler, die in Israel auftreten wollen. Dies alles wäre zum Lachen, wenn nicht Geschichten wie die von Amiran Gugutishvili, dem einundsiebzigjährigen Mann, wären, der aufgrund von «Borderization» seine Obstplantage verloren hat. Geschichten von über 300 000 Binnenflüchtlingen, die ignoriert werden und untergehen, weil sie nicht in das anti-israelische Narrativ passen, das das antisemitische Ressentiment anspricht, das über Jahrhunderte kultiviert wurde. Und das führt wiederum dazu, dass der Antisemitismus weltweit wieder Urstände feiern kann, während anderes Elend aufgrund von Gleichgültigkeit weiterhin wächst und gedeiht.

*Anmerkung: Ich wurde schon mehrmals von eher einfach gestrickten «Grauen Wölfen» bedroht, die mir, aufgrund meines griechischen Vornamens, eine griechische Herkunft attestiert und mir prophezeit haben, dass ich wie «Tasos» Isaac enden werde.

Der Irredentismus gescheiterter Imperien und europäische Indifferenz

Heute durfte man in verschiedenen Medien lesen, dass Xi Jinping, der Vorsitzende der kommunistischen Partei der Volksrepublik China dem demokratischen Rechtsstaat Taiwan, den die Volksrepublik als Teil Chinas sieht, mit gewaltsamer «Wiedervereinigung», also Okkupation gedroht hat.

Dies ist nicht weiter überraschend. Im Jahre 1923 appellierte Noe Jordania, der erste Premierminister der Demokratischen Republik Georgiens, der damals schon im Exil war, an Washington mit folgenden Worten:

«Im zwanzigsten Jahrhundert, vor den Augen der zivilisierten Welt, appelliere ich an das Gewissen der zivilisierten Staaten und aller aufrichtigen Menschen diese Barbarei und Unterdrückung und die Kriminellen, die diese Unterdrückung inspirieren und tätigen- Die Bolschewiken- zu verdammen.»

Sein Appel verhalte folgenlos und Georgien konnte erst 1991 wieder die Unabhängigkeit wiedererlangen.

Nun könnte man denken, dass die Schrecken durch die totalitäreren Ideologien des zwanzigsten Jahrhunderts die Europäer eines Besseren belehrt hätten, doch dem ist nicht so. Die Okkupation von Nord-Zypern durch die Türkei wird ignoriert, stattdessen kann man dort in den Casinos Bürger verschiedener westlicher Staaten beim Glücksspiel beobachten. Das trotz der Tatsache, dass Aktivisten wie Anastasios «Tassos» Isaac ermordet wurden. Auch dem Irredentismus von Russland wird kaum Beachtung geschenkt. Man hat es nicht getan wegen diesem Gebilde namens Transnistrien, das im Prinzip ein KGB-Mafia-Staat ist.
Man hat die Okkupation und Militarisierung von 20% des georgischen Staatsgebiets und die Entstehung der Kreml-Proxies Abchasien und der Zchinwali-Region/ Süd-Ossetien fast vollständig ignoriert. In diesen Proxies wird schon bald die Mehrheit der Bewohner russisches Militärpersonal sein, weil die georgische Zivilbevölkerung vertrieben wurde!
Und dann hat man Putin auf der Krim und in der Ost-Ukraine gewähren lassen.
Aber angefangen hat diese Gleichgültigkeit der Europäer für das, was am Rande Europas passiert schon früher. Auch dazu hat Noe Jordania, der übrigens Bücher über die Sowjetunion verfasst hat, in denen er den Sowjets vorwarf «Imperialisten unter der Maske von Revolutionären zu sein», etwas gesagt. Nämlich das Folgende:

“Die europäische Gesellschaft ist müde, sie fühlt nicht mit dem Schmerz der Anderen, sie erkennt den Schmerz der Anderen nicht mal und sie kümmert sich nur um eine Sache: Unter ihresgleichen zu sein, friedlich, ohne Sorgen..»

Aufgrund der europäischen Indifferenz, was Autokraten am Rande Europas und anderswo tun, ist es nicht weiter überraschend, dass sich nun Despoten wie Putin und Xi Jinping ermutigt fühlen dem Irredentismus zu frönen. Im Fall von Xi Jinping, in dem man der souveränen Nation Taiwan droht und bei Putin in dem man nun versucht die Souveränität von Belarus aufzuheben und Belarus in Russland zu «integrieren». Im Fall von Belarus, das heute leider die letzte Diktatur Europas ist, wo der Kolchose-Diktator Alexander Lukaschenko die Todesstrafe praktiziert, meldete sich jedoch der Oppositionsführer der «Hramada*», Nikolai Statkevich zu Wort. In der ukrainischen Fernsehsendung «Premier» drohte Statkevich, der aus Belarus zugeschaltet worden war, das «Belarus (für Russland) keine zweite Krim, sondern ein zweites Afghanistan wird.»

Damit spielte er auf die fast fünfhundert Jahre alte Partisanentradition der Belarussen an und die Tatsache, dass Afghanistan für Russland dasselbe war, wie Vietnam für die Amerikaner. Es ist bezeichnend, dass diese verzweifelte Reaktion auf den Neo-Imperialismus Russlands in Europa und anderswo kaum eine Reaktion hervorrufen wird, abgesehen von vielleicht ein paar lächerlichen Sanktionen. Aber genau dieser Indifferenz Europas ist es, die irredentistischen Despoten darin bestärkt nicht nur in ihren eigenen Ländern mit harter Hand zu herrschen, sondern auch andere, souveräne Staaten zu bedrohen und im schlimmsten Fall gar sich diese Staaten einzuverleiben oder Teile davon zu okkupieren. Dieses Laissez-faire und laissez-aller Europas im Angesicht von regressiven Ideologien, wie dem Irredentismus, muss deshalb aufhören, auch um die Würde und die Menschenrechte von Menschen am Rande Europas und ausserhalb nicht auf dem Altar des Irredentismus, der Indifferenz und der Regression zu opfern. Sonst behält der olle Marx am Ende doch noch recht, denn er schrieb einst: «Geschichte wiederholt sich, zuerst als Tragödie, dann als Farce.»

 

*Hramada ist Belarussisch und bedeutet «Versammlung», oft und auch in diesem Fall meint man damit die grösste, belarussische Oppositionspartei «die Belarussische Sozialdemokratische Partei (Volksversammlung)»