Der Gnadenlose bittet darum, dass ihm Gnade zu Teil werde (Eine Polemik)

Liebe Ladies und Fellas

Sicher werden Sie mitbekommen haben, wie Oskar Gröning, der sogenannte «Buchhalter von Auschwitz», ein Mann welcher freiwillig und willentlich 1939 in die SS eintrat und nach dem Ende des zweiten Weltkriegs ein gutes Leben hatte, im Gegensatz zu 1, 5 Millionen Menschen, welche in Auschwitz ermordet wurden, das niedersächsische Justizministerium um eine Begnadigung bittet. Was für eine Farce!!!

Meiner Ansicht nach hat diese Farce sehr viel mit christlicher Sozialisierung zu tun und der damit verbundenen Idee, wonach wer nur genug Reue zeige und Busse tut (Oskar Gröning hatte, seit in Rente ging, in Schulklassen von seiner «Karriere» bei der SS erzählt*) Einem Vergebung zu Teil wird. Diese ist, in meinen Augen, grotesk und bevor mir irgendwer mit christlicher Nächstenliebe und Vergebung aufquackt: Das ist nicht entscheidend. Ein Rechtsstaat verhängt Strafen für Verbrechen aus drei Gründen:

  1. Zum Schutz der Allgemeinheit vor dem Täter.
  2. Zur Abschreckung. Damit der Staat zeigt, dass zumindest hier und heute ein solcher Zivilisationsbruch Konsequenzen hat.
  3. Um Rechtsgleichheit herzustellen, d.h. um dafür zu sorgen, dass die Opfer ein Stück weit doch noch Gerechtigkeit erfahren.

Simon Wiesenthal sagte einst, dass er «Recht und nicht Rache» fordere. Ich bin ganz dieser Meinung und darum fordere ich hier und heute «Recht und nicht Gnade», denn Oskar Gröning wurde in einem Rechtsstaat zu einer Strafe verurteilt, welche in Anbetracht der Umstände mehr als legitim ist.

*Eigentlich ein surrealer Vorgang, denn welche Schüler, welche sich von rechtsextremen Ideologien angezogen fühlen, werden nach dem Besuch eines Mitglieds der SS, welcher nach dem Ende des zweiten Weltkriegs ein gutes Leben führen konnte, davon abgeschreckt sein ihren Trieben nachtzugeben?!? Das Oskar Gröning SS-Mitglied war und in Auschwitz gedient hat, hatte bis vor kurzem für ihn keine Konsequenzen.

Eine kleine Kritik an «Before Sharia Spoiled Everything»

Liebe Ladies und Fellas

Sofern Sie nicht unter einem Stein in Usbekistan hausen sollten, sondern regelmässig bei Facebook unterwegs sind, wird Ihnen die Seite «Before Sharia Spoiled Everything» bekannt sein, bei welcher Bilder von früher, aus verschiedenen Staaten mit islamischer Mehrheitsbevölkerung, gepostet werden. Besagte Bilder sollen beweisen, dass früher, bevor die Scharia kam, alles besser war. Dabei gibt es ein paar Probleme mit dieser Logik: Die Scharia galt in den meisten arabischen Ländern immer für große Teile des Zivilrechts, die einzige Ausnahme war Tunesien. Weder Saddam Hussein, noch Nasser noch Hafiz Al-Assad haben sich getraut die Scharia im Zivilrecht abzuschaffen. Die Scharia war also, zumindest in arabischen Staaten nie weg gewesen. Zum Beispiel darf ich daran erinnern, dass die beiden Ehen des geflüchteten Bigamisten aus Pinneberg in Syrien ganz legal geschlossen wurden. Hinzu kommt: Auch wenn es schwer fällt zu sagen, auch und gerade deshalb, weil ich keine Islamismus-Apologetin bin, aber die Scharia allein, kann das Elend Afghanistans nicht erklären, denn selbst wenn Afghanistan schon Morgen eine säkulare Verfassung bekommen würde, so würde Afghanistan ein zutiefst tribalistischer und am Boden zerstörter Staat bleiben, mit mehr Problemen als Scheherazade je Märchen erzählt hat. De facto ist die Scharia nicht das einzige Problem der Staaten mit islamischer Mehrheitsbevölkerung, wenn auch derzeit das Offensichtlichste. Tunesien, das freieste und säkularste arabische Land derzeit, hat das Problem der, konservativ geschätzt, 800 IS-Rückkehrer und das alles trotz Säkularität.

Des Weiteren finde ich es persönlich mehr als befremdlich Bilder von Privatpersonen einfach auf Facebook zu posten und das ohne vorher das Einverständnis besagter Privatpersonen eingeholt zu haben. Gerade weil viele Bilder in den Sechzigern und Siebzigern gemacht wurden und besagte Privatpersonen nun in Scharia-Staaten leben könnten, würde man damit diese Menschen gefährden.

Summa summarum: Auch wenn den politischen Islam verachte und der Aufstieg des politischen Islams Ende der Siebziger zu einem Backlash in der MENA-Region geführt hat. Trotzdem ist die Scharia nicht allein verantwortlich für das Elend der Staaten und Völker in der MENA-Region, sondern, die Probleme sind, leider, vielschichtiger und komplexer, als auf den ersten Blick scheint.