Die falschen Märtyrer der Ummah

Liebe Ladies & Fellas

Während ich diese Zeilen schreibe, versucht der „liderliche Lideri“ seine islamistische Diktatur nachträglich, per vocem populi, zu legalisieren.

Erdogan-Fans, die ein Stirnband mit der Aufschrift „Führer-Jugend“ tragen,

Fakt ist: Erdogan wäre nicht dort, wo er heute ist, ohne wohlmeinende Journalisten, Politologen & Co, welche bis heute von der stupiden Idee der Vermählung des politischen Islam mit der Demokratie träumen.

Dafür stilisieren besagte Personen solche Islamisten wie Erdogan & Khomeini zu Märtyrern, obwohl weder Erdogan noch Khomeini je Märtyrer gewesen sind. Sowohl Erdogan als auch Khomeini, wollten von Anfang einen Scharia-Staat, wo Frauen & Minderheiten Bürger zweiter & dritter Klasse sind. Erdogan musste dafür (& wegen Volksverhetzung) eine zehnmonatige Haftstrafe absitzen & wurde noch dazu mit einem lebenslangen Politikverbot belegt, welches später vom obersten Gerichtshof der Türkei aufgehoben wurde. Khomeini musste ins Exil.

Das aber wird von gewissen Anhängern der Vermählung von politischem Islam & Demokratie entweder schlichtweg geleugnet oder relativiert & stattdessen bastelt man mit den fanatisierten Anhängern des politischen Islam weiter am Märtyrer-Narrativ. Hier möchte ich eines klarstellen: Politische Märtyrer sind Männer wie Vaclav Havel, Swiad Gamsachurdia & Andrei Sakharov gewesen. Menschen, die für ihr Ideal von Rechtsstaatlichlichkeit & Bürgerrechten entweder ins Gefängnis, oder in die Verbannung gesteckt oder gar umgebracht wurden. Nicht Menschen, die wegen Volksverhetzung oder Ähnlichem im Gefängnis gewesen sind.

Ich muss auch klar stellen, dass es weder der Zivilgesellschaft im jeweiligen Staat noch dem Zusammenleben hier in West- & Mitteleuropa dienlich ist, dass man Despoten verteidigt, welche beim Prozess um die sogenannte „Ergenekon-Organisation“ versucht haben, mit aus der Luft gegriffenen Vorwürfen türkische Militärs zu entmachten & wegzusperren, oder den Brandanschlag auf das „Cinema Rex“ in Auftrag gegeben haben. Ersteres festigt Opfer-Mythen & stärkt das Regime, letzteres verhindert die Integration in der Diaspora. Hinzu kommt noch eine Stärkung von regressiven Kräften hüben wie drüben. Das alles nur, weil man mit regressiven Kräften wie Ultra-Nationalisten & Islamisten aus ideologischen Motiven sich ein völlig falsches Märtyrer-Narrativ zurechtbiegt & so das Leben & die Bürgerrechte von Frauen & Minderheiten in den jeweiligen Staaten aufs Spiel setzt.

Der Aufstieg & Fall des Haji Habib

Liebe Ladies & Fellas

Am 19. Januar 2017 stürzte in Teheran, der iranischen Hauptstadt, das brennende Plasko-Hochhaus ein & begrub dabei zwanzig Feuerwehrleute & eine bis heute unbekannte Anzahl an Zivilisten, welche vorher noch versucht hatten, ihre Habseligkeiten aus dem brennenden Gebäude zu bringen.

Am 9. Mai 1979 wurde der iranische Geschäftsmann Habibollah Elghanian von einem Erschiessungskommando hingerichtet. Er war der erste Zivilist & der erste Jude, welcher vom Regime zu Teheran hingerichtet wurde. Seine Hinrichtung war für die meisten jüdischen Iran ein Zeichen gewesen, das Land so schnell wie möglich verlassen & sich so in Sicherheit bringen zu müssen. So schrumpfte die Gemeinde von 62200 Nasen im Jahre 1972, zu 9252 Personen, welche im Jahr 2006 im Iran als Juden gemeldet waren.

So wie die Hinrichtung von Habibollah Elghanian ein Zeichen für die notwendige Flucht für die Juden Irans war, so war auch der Aufstieg von „Haji Habib“, wie er von seinen Angestellten aufgrund seiner sozialen Ader genannt wurde, ein Zeichen & ein Symbol des „neuen Irans“. Der „neue Iran“ der Pahlavis streifte die islamische Identität & den Feudalismus, welche während der Safaviden- & Kadscharen-Dynastie das Land im Würgegriff hatten, langsam ab wie einen alten, zerlumpten Chador & ersetzte diese Identität mit einem monarchistischen, multikulturellen Nationalismus, der versuchte,so bunt wie ein Kelim zu sein. Dieser neue Iran konnte es sich nicht erlauben, weiterhin Menschen nur aufgrund ihres Glaubens oder ihres Geschlechts zu diskriminieren. Diese „Modernisierung von oben“ schmeckte dem schiitischen Klerus gar nicht, denn dieser Klerus sah seine Felle davon schwimmen. Da ein direkter Angriff auf den Shah & die Pahlavis Suizid gewesen wäre, übten die Geistlichen verbale Angriffe auf die Symbole des neuen Iran aus, in dem unter anderem Hossein Amanat (Der Architekt des Borj E-Azadi & ein Bahai) & Habibollah Elghanian konstant verunglimpft wurden & der Kontakt mit diesen Menschen per Fatwa hätte unterbunden werden sollen. Dies klappte nicht & unter den Pahlavis erlebten die Minderheiten des Iran inklusive der Juden so etwas wie ein „Goldenes Zeitalter“. Was dazu führte, dass der schiitische Klerus noch mehr tobte, als Habib Elghanian, der Jude, das damals höchste Gebäude des Iran, das Plasko-Hochhaus, bauen liess. Ein Jude, der das höchste Gebäude des Iran besitzt, war für die Ayatollahs Mahmoud Taleghani & Khomeini ein unerhörtes Sakrileg. Ein weiterer Grund, um den Juden „Habib Hajji“ noch mehr zu hassen, als sie es schon taten. Denn Habibollah Elghanian, Habib Sabet & Hossein Amanat symbolisierten als Mitglieder der neuen Mittel- & Oberschicht alles das, was dem schiitischen Klerus verhasst war: Eine gebildete, wohlhabende Bevölkerung in einem sich immer mehr säkularisierenden Staat, welcher gute Beziehungen zu Israel & den Vereinigten Staaten von Amerika pflegte & ein Schwellenland mit guten Aussichten war. Der schiitische Klerus ahnte, dass er so immer unbedeutsamer werden würde & sah deshalb schon einen Schuldigen unter all den Minderheiten, welche besagter Klerus jahrhundertelang unterdrückt hatte: die Juden. Das Symbol dieser verhassten Juden war im Iran das Gesicht von Habibollah Elghanian, dem erfolgreichen Geschäftsmann & Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, welcher sogar dem Schah die Hand geben durfte. Für all diese Kränkungen & Sakrilege, welche in den Augen des schiitischen Klerus begangen worden waren, mussten diese Minderheiten 1979 nach der Islamischen Revolution büssen, allen voran Habib Elghanian, welcher aufgrund seines Patriotismus im Iran geblieben war. Seine Fabriken & sein Teheran überragendes Hochhaus wurden enteignet & von den „Basiji E-Mostafazin“ in Besitz genommen. „Haji Habib“ selber wurde nach einem zwanzigminütigen Prozess wegen diverser angeblicher Verbrechen, darunter so bizarrer Anschuldigungen wie „Korruption auf Erden“, am 9. Mai 1979 hingerichtet. Da das Plasko-Gebäude nicht mehr steht & so eines der Symbole des Pahlavi-Irans nicht mehr existiert, soll dieser Text an jene Zeit erinneren, in der Minderheiten im Iran keine Menschen zweiter Klasse waren & in der aus Teheran nicht regelmässig Drohungen zu hören waren & in der die Regierung des Iran nicht einer der Hauptsponsoren des Terrorismus gegen jüdische Einrichtungen gewesen ist.