Die Tragödie einer Farce

Kürzlich hat Michael Peck, ein Autor, welcher auch schon für «Foreign Policy» schrieb, einen Artikel für «National Interest» verfasst, in welchem er sich mit den Säuberungen im türkischen Militär und besonders in der türkischen Luftwaffe befasste. Sein Fazit war klar: Die Türkei hat durch die Schauprozesse nach dem Putsch ihre eigene Luftwaffe so stark sabotiert, dass nun Kampfpiloten fehlen, welche qualifiziert dafür sind die F-16 zu fliegen. Es ist mehr als fraglich, selbst wenn die Türkei nun Zivilpiloten aus dem Ruhestand zwangsbeordert, um diese als Lückenfüller zu verwenden, ob die türkische Luftwaffe wieder zu alter Stärke zurückfindet unter dem jetzigen Regime.

Solche Säuberungen, nach Islamischen Revolutionen und vermeintlichen Putschen, sind in den Staaten der Region nun wahrlich nichts Neues. Ich darf daran erinnern, wie nach der Islamischen Revolution, mitten im Iran-Irak-Krieg, die Streitkräfte des Iran, Artesh, durch Khomeinis Schergen gesäubert wurden und nun nur noch ein Schatten ihrer selbst sind. Stattdessen werden in der Islamischen Republik nun die Revolutionsgarden, Pasdaran, verwöhnt und verhätschelt und sind ein parasitärer Staat im Staate. Welche in der Region und global, durch Proxy, wie die Hisbollah, für Terror sorgen.

Auch die jetzigen Ereignisse in der Türkei sind vorhersehbar und somit verhinderbar gewesen, spätestens nach den sogenannten Ergenekon-Prozessen, welche man kaum als kafkaesk beschreiben kann, denn dies wäre eine absolute Untertreibung. Bei den besagten Ergenekon-Prozessen holte der schon damals kurz vor der geistigen Umnachtung stehende Teekessel-Diktator vom Bosporus türkische Generäle aus dem Ruhestand, um sie wegen vermeintlicher Umsturzversuche ins Gefängnis zu werfen. Als ich anno dazumal vor Erdogan und seiner AKP gewarnt habe, eben wegen jener Tendenzen, die sich schon bei den Ergenekon-Prozessen gezeigt haben, wurde mir «Islamophobie», «Faschismus» und «Rassismus» vorgeworfen. Dabei war schon seinerzeitig klar gewesen wohin die Reise führt, unter der türkischen Billigstversion von Khomeini, Erdogan.

Marx sagte einst, dass Geschichte sich wiederholen würde, zuerst als Tragödie und dann als Farce. Obwohl ich keine Marxistin bin, so schätze ich gewisse marxistische Historiker und finde, dass dieses Zitat eine Tatsache beschreibt. Und Nein, das Elend welches die nun zu Unrecht bei den Schauprozessen Verurteilten und ihre Angehörigen erleiden müssen, ist nicht zum Lachen. Die ganze Situation wird aber deshalb zur Farce und somit lächerlich, weil besagte Situation schon von vornherein zu verhindern gewesen wäre.

Stattdessen scheuen noch heute viele Politiker noch heute Sanktionen, gegen diese irredentistischen Regime, wie der Teufel das Weihwasser und halten lieber an einer Politik des absolut einseitigen Dialogs fest, der nur noch mit moralischer Prostitution verglichen werden kann, Moralischer Prostitution deshalb, weil wir unsere Werte und die Menschenrechte allgemein auf dem Altar der Gleichgültigkeit und des Kulturrelativismus geopfert werden. Dabei sollte jedem klar sein: Es gibt eine Zeit der Diplomatie und eine Zeit in der man zu handeln hat. Dies wiederum bedeutet, dass eine kluge Politik gegenüber solchen Regimen sowohl Zuckerbrot, wie auch Peitsche bereithält. Alles andere hat bisher nur zu einer Verschlimmerung der Situation geführt. Der jetzige Kulturrelativismus ist nun wirklich fehl am Platz. Unsereins platzt zum Beispiel der Kragen, wenn die Tatsache, das in der Türkei Nepotismus Urstände feiert und Erdogan deshalb seinen Schwiegersohn zum Minister gemacht hat, verharmlost oder gar begrüsst wird, wenn Erdogan, weil er gegenüber den anderen NATO-Staaten so viel Geschirr zerschlagen hat, nun den Albayrak, seinen Schwiegersohn, als Fixer vorbeischickt. Angeblich weil in der Türkei die Familienbande so wichtig ist… Richtig ist, dass bis dieses AKP-Regime in der Türkei an der Macht war, sich die Türkei Richtung Westen orientiert hat. Nun agiert das AKP-Regime wie ein wandelndes Klischee einer orientalischen Diktatur, inklusive antisemitischem Teekesseldiktator an der Spitze. Währenddessen werden die Errungenschaften der Türkischen Republik, wie der Laizismus, die funktionierende Luftwaffe und so weiter durch Erdogans Schergen nach und nach ausgehöhlt und zerstört. All dies macht die jetzige Situation, welche einfach nur noch schrecklich ist, zu der Tragödie einer Farce. Zu etwas was im Jiddischen-Theater während der letzten Jahrhundertwende als «Tragödie mit Tanz und Gesang» bezeichnet wurde, nur fällt hier kein Vorhang und es leiden und sterben stattdessen Menschen, entweder weil sie direkt von den Schergen der Regime ins Gefängnis geworfen werden, oder weil sie auf gefährlichen Fluchtrouten in sichere Staaten umkommen.

Der «Imperator» in Auschwitz

Der deutsche Rapper, welcher mit bürgerlichem Namen Felix Blume heisst und meiner Ansicht nach Aussieht, wie Sven Lau nach jahrelangem Anabolika-Missbrauch, hat am 9. November den Holocaust relativiert, in dem er die Situation der Araber im Gaza-Streifen, mit der Situation der Juden in Europa zwischen 1933-1945 verglichen hat. Zuallererst: Die Situation im Gaza-Streifen ist zwar tragisch, aber weder ist der Gaza-Streifen ein KZ noch das grösste Freiluftgefängnis der Welt. Das grösste Freiluftgefängnis der Welt, ist schlicht und ergreifend Nordkorea.

Das tragische an der ganzen Situation ist, das Kollegah sich nicht zum ersten Mal so geäussert hat. Nach dem letzten Mal ging Kollegah, welcher sich auch «Imperator» nennt, nach Auschwitz und nicht nach Canossa, wahrscheinlich um «Busse» zu tun. Nach seinem Besuch in Auschwitz schrieb ich die folgenden Zeilen, als eine Art Vertrauensbonus: «Wenn er seine Worte wirklich und aufrichtig meinte, so hat er Einiges wieder gut zu machen. Etwas Freiwilligenarbeit bei «Aktion Sühnezeichen» wäre ein guter Anfang in meinen Augen. Oder Engagement für Shoa-Überlende in Belarus oder Polen, die Überlenden dort leben dort in bitterer Armut und sind für jede Hilfe dankbar. Doch zuallererst sollte Felix Blume Mann genug sein, um sich hinzustellen und um Entschuldigung zu bitten. Ich wiederhole, um Entschuldigung zu bitten und sich nicht selbst entschuldigen, dafür das er sein Geld damit verdient hat antisemitische Ressentiments innerhalb der DACH-Staaten zu kapitalisieren und das auf den Rücken derer, welche in Auschwitz, Dachau, Ravensbrück und anderen Orten des Schreckens ihre Gesundheit und oftmals ihre ganze Familie verloren haben. Des Weiteren könnte Herr Blume auch aufhören Agitation für «Pallywood» zu betreiben und ans Grab von «Abu Ammar»/ Yassir Arafat zu pilgern, als ob Arafat ein Sufi-Heiliger und kein Terrorist gewesen wäre… Alles in allem gibt es noch viel zu tun für den deutschen Muslim Felix Blume, um zu beweisen, dass seine Worte mehr als nur ein Lippenbekenntnis für PR-Zwecke gewesen sind.»

Offenbar war meine Hoffnung mehr als naiv, denn Kollegah ist und bleibt, trotz seiner Konversion zum Islam Deutscher und es gibt kaum etwas Widerlicheres in meiner Ansicht, als jüdische Frau, wenn man ausgerechnet als Deutscher, am Tag des Gedenkens an die Novemberpogrome den Holocaust in solch einer Manier relativiert.

Aber ich will eigentlich auch keine Debatten darüberführen, ob Kollegah ein echter Antisemit, willentlich ignorant oder was auch immer ist. Denn eine solche Debatte geht am Kern des Problems vorbei, ob Antisemit oder nicht, das ändert nichts daran, das Kollegahs Fans ihn bewundern, seine Musik und Fan-Artikel kaufen und zu seinen Konzerten gehen. Wie ich schon in meinem Beitrag schrieb, in dem, unteranderem, die Debatte um Jan Böhmermanns vermeintlichen Antisemitismus, zum Thema hatte, es ist mir persönlich egal, ob Kollegah, Jan Böhmermann oder wer auch ein Antisemit ist, sich als Antisemit definiert, denn ich bin da etwas resigniert. Was aber absolut nicht in Ordnung ist, dass man am Gedenktag der Novemberpogrome, auch als «Reichskristallnacht», solche Holocaust relativierenden Behauptungen aufstellt, wie Kollegah. Da muss ich meine Pflicht als mündige Bürgerin und Jüdin tun und mich dem entgegenstellen. Was mich an dem Ganzen allerdings traurig stimmt, ist das ich dies praktisch alleine tun werden muss.