Warum sich Ilkay Gündogan und Mesut Özil schämen sollten.

Wie es aussieht, haben sich die beiden Spieler für die deutsche Fussballnationalmannschaft, Ilkay Gündogan und Mesut Özil, sich am Wochenende in London der Regression hingegeben und Agitation für den schnauzbärtigen Despoten, d.h. für den Wahlkampf der AKP, ein Foto mit Recep Tayyip Erdogan gemacht. Es entschliesst sich mir nicht, wie Menschen mit einem Rückgrat und einem funktionierenden Gewissen so etwas tun können. Sowohl Mesut Özil, wie auch Ilkay Gündogan, haben die deutsche Staatsbürgerschaft, sonst würden sie ja wohl kaum für die deutsche Nationalelf spielen und somit ist es mir noch weniger verständlich, wie zwei erwachsene Menschen, welche von den Freiheiten der Demokratie, wie funktionierenden Bürgerrechten, profitieren, sich so für einen Despoten einsetzen können. Um es ganz unumwunden zu sagen: Sowohl Mesut Özil wie auch Ilkay Gündogan werden vom deutschen Rechtsstaat beschützt, während sie, ohne Not, Propaganda für und mit Erdogan und seine AKP machen, einen Rechtsstaat, den sich abertausende türkische Staatsbürger wünschen, welche ohne Prozess in den Gefängnissen der Türkei schmorren.

Nur damit etwas klar ist: Weder erwarte ich von Fussballspielern, noch von anderen Prominenten mehr Engagement für Freiheit und Bürgerrechte, als vom Durchschnittsbürger, noch sind Ilkay Gündogan und Mesut Özil meine Vorbilder in Bezug auf Engagement. Aber ich erwarte von allen Menschen, egal ob Anwalt, Fussballspieler oder Theaterschauspieler ein Mindestmass an Anstand. Anstand zeigen, in dem man sich zum Beispiel nicht für den schnauzbärtigen Despoten engagiert. Anstand zeigen, in dem man Treffen mit dem schnauzbärtigen Despoten und anderen AKPisten und dergleichen meidet.

Kulturrelativismus ist hier und in anderen Fällen nicht dienlich, denn, wie oben gesagt, erwarte ich von allen Menschen, jeglicher Herkunft, ein Mindestmass an Anstand und Bewusstsein als Staatsbürger. Deshalb mache ich auch bei Ilkay Gündogan und Mesut Özil keine Abstriche und finde ihr Verhalten beschämend und es gilt dieses Verhalten zu verurteilen. Sonst opfert man weiterhin Werte der Aufklärung hier in Europa auf dem Altar des Relativismus.

Prophylaktische Abbitte

Liebe Ladies und Fellas

Während in Deutschland mit Felix Klein ein Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, d.h. ein Antisemitismusbeauftragter, ernannt wurde, fragte sich James Kirchik im «Atlantic», ob Deutschland willens und fähig ist, seine jüdische Bevölkerung vor antisemitischen Geflüchteten zu beschützen. Nach der Attacke eines wildgewordenen, syrischen Judenhassers auf einen Kippa tragenden Israeli, ist dies keine so abwegige Frage.

Derzeit ist ja primär Symbolpolitik en vogue, wie zum Beispiel eine von den jüdischen Gemeinden organisierten Solidaritätskundgebung, bei welcher Juden und Nicht-Juden, unter Polizeischutz, Kippot trugen. Nun frage ich mich, wie es einem Kippa tragenden Juden, der im Alltag Opfer von Belästigung, verbaler und körperlicher Gewalt wird, nützt, wenn Nicht-Juden bei einer Solidaritätskundgebung unter Polizeischutz Kippot tragen… Ich möchte diese Gedanken mal in den Raum stellen… Hinzu kommt noch, dass die Solidaritätskundgebung, welche, wie oben erwähnt wurde, von den Jüdischen Gemeinden, organisiert wurde, von mehr als zweifelhaften Organisationen, wie JUMA und DITIB, deren übrigens Ex-Funktionär Bekir Alboga für die AKP kandidiert, zur Profilierung genutzt wurde. Alles in allem sind solche Veranstaltungen, wie die oben erwähnte Solidaritätskundgebung nur Symbolpolitik, welche nichts oder wenig kostet. Unteranderem kosten solche Veranstaltung so wenig, weil wie der grossartige Cem Özdemir richtig bemerkte, diese von Solidaritätskundgebung von der Jüdischen Gemeinde organisiert werden und nicht der nicht-jüdischen Mehrheitsgesellschaft. Die nicht-jüdische Mehrheitsgesellschaft merkt oft also nicht, was für ein Aufwand und welche Kosten dahinterstecken. Und weil dem so ist, kann man es sich leisten in Symbolpolitik zu schwelgen und zum Beispiel einen Klezmer-Abend besuchen, währenddessen werden in Berlin Grundschülerinnen bedroht, weil sie nicht an Allah glauben und jüdische Kinder allgemein in jüdische Schulen geschickt werden, weil öffentliche Schulen immer mehr vor der antisemitischen Flut kapitulieren.

Weil dies bei manchen Leuten zu einer Art Erleuchtung führt und sie einsehen, dass Antisemitismus immer mehr zunimmt, sie aber effektiv weder willens noch fähig sind dagegen vorzugehen, leistet man lieber mit noch mehr prophylaktische Abbitte durch Symbolpolitik, um danach sagen zu können, man hätte ja doch was gemacht und man hätte es nur gut gemeint. Doch war der Weg zur Hölle schon immer mit guten Absichten gepflastert und deshalb wird diese Symbolpolitik uns nicht weiterbringen. Weder die Ernennung von Herr Klein zum sogenannten Antisemitismusbeauftragten, noch weitere Solidaritätskundgebungen, welche von der Jüdischen Gemeinde organisiert werden. Erst recht nicht, wenn man bedenkt, dass bis heute keine einzige Empfehlung des Expertenkreises Antisemitismus umgesetzt wurde. Stattdessen debattiert man weiterhin darüber was man machen könnte, tut aber nichts, ausser prophylaktisch Abbitte zu leisten durch Symbolpolitik.

Summa summarum: Das jetzige Engagement gegen Antisemitismus ist, in meinen Augen, ein einziges Versäumnis. Wäre dem nicht so, wären wir, als Gesellschaft schon weiter, als mit prophylaktischer Abbitte durch Symbolpolitik, das Gewissen der nicht-jüdischen Mehrheit zu beruhigen, während der Antisemitismus weiterhin wächst und gedeiht.