Erlebnisbericht aus dem regressiv-linken Biotop

Liebe Ladies & Fellas,

in früheren Blog-Einträgen habe ich bereits angeschnitten, dass im links-regressiven Mainstream ein Bewusstsein für Antisemitismus fehlt. Dies möchte ich an ein paar von mir erlebten Beispielen aufzeigen.

  1. Ich arbeite in einer Buchhandlung, in der wir viele Studenten der Geisteswissenschaften als Kunden haben. Auch die beiden, von denen die folgende Anekdote handelt, sind Studenten: Eines schönen Tages standen zwei Studierende, eine junge Frau & ein Mann, verwirrt vor dem Regal mit den Reclam-Büchlein, welche wir alphabetisch geordnet haben. Sie suchten etwas aus dem T-Bereich, rechts unten. Dies war für mich das Zeichen, mich vor besagtem Regal hinzuknien & den beiden Studenten ihr gewünschtes Büchlein zu reichen. Dabei verspürte ich plötzlich, wie an meinen Haaren gezogen wurde. Zuerst dachte ich, dass ich mich irgendwo eingeklemmt hätte, da ich ein ziemlicher Tollpatsch sein kann. Dem war nicht so, denn als ich mich fluchend aufrichtete, sagte die Studentin mir, dass ich nicht so ein Theater machen solle, sie hätte von meinem Arbeitskollegen gehört, dass ich Jüdin sei & nun hätten ihr Freund & sie, nachsehen wollen, ob ich eine Perücke trage. Dies war für mich erst recht ein Grund wütend zu werden & nur drohende Angst vor einer Kündigung hinderte mich daran, diese beiden anzuschreien.  So tat ich, was zu tun war, schluckte meine Wut runter & bediente die beiden fertig.
  2. Bei einem Treffen der JUSO wurde ich von einer jungen Frau angesprochen, die sehr erstaunt darüber war, dass unsereins zur damaligen Zeit JUSO-Mitglied gewesen ist, weil ich doch Jüdin bin & wir Juden die Helfer des Kapitalismus & der Banken seien. Geistesgegenwärtig konnte ich damals erwidern, dass wir Juden primär ein sehr soziales Völkchen seien, da durch Menschen wie Michel Friedman & Amy Winehouse sich das Bruttosozialprodukt von Kolumbien verdoppelt hätte.
  3. Ein anderes Mal, während des Wahlkampfes in den USA, musste ich in der Buchhandlung ein ziemlich demütigendes Gespräch mit einem renitenten Kunden führen, der meinte, dass der amerikanische Politiker Ted Cruz aufgrund seiner Nase Jude sein muss. Als ich dieser Meinung widersprach, meinte besagter Kunde, ich müsse Cruz` nicht in Schutz nehmen, nur weil er Jude sei. Des weiteren hätten Cruz & ich die gleiche Nase. Er liess sich nicht von der Theorie abbringen, dass Ted Cruz, der übrigens sehr offensiv mit seinem christlichen Glauben umgeht, aufgrund seines Aussehens, genauer seiner Nase, Jude sein muss.

Ach, die Nase… Ich musste mir schon unzählige Male, von Menschen, die denken progressiv zu sein, anhören, dass ich eine „jüdische Nase“ habe. Hätte ich jedes Mal, wenn ich mir sowas anhören musste, entweder 1 CHF oder 1 EUR bekommen, ich hätte den Nosejob schon lange hinter mir.

Ich klage die regressive Linke an.

Liebe Ladies & Fellas,

vor einigen Stunden habe ich die Karikatur rechts bei Facebook geteilt. Besagte Karikatur zeigt die „Evolution des Antisemitismus“, ganz rechts ist ein Mitglied der Inquisition im Jahre 1492 zu sehen, dann geht es weiter mit Bogdan Chmielnicki & Adolf Hitler und schliesslich zur Karikatur einer potentiell queeren BDS-Anhängerin im Jahr 2016. Durch diese Karikatur fühlten sich einige sich als queer definierende Lefties genötigt, mich per PM & co. vollzuspammen.

Nur damit etwas klar ist: Ich bin selber eine Frau, bisexuell & noch dazu jüdisch.  Das bedeutet, dass ich Relativismus in Bezug auf Antisemitismus nicht dulde & niemandem, auch nicht potentiellen Opfern von Diskriminierung wie etwa queeren Menschen einen Persilschein in Bezug auf Antisemitismus austelle. Das bedeutet, auch queere Menschen dürfen, wenn sie sich antisemitisch äussern & betätigen, was bei BDS der Fall ist, als solche karikaturiert & durch den Kakao gezogen werden.

Mir wegen einer solchen Karikatur Homophobie, Transphobie & Misogynie vorzuwerfen, ist, gelinde gesagt, lächerlich. Stattdessen wäre es sinnvoll, gerade wenn man queer & links ist, den Antisemitismus von besagten „lebenden Karikaturen“ zu bekämpfen, damit sowohl jüdische als auch queere Menschen sicher & glücklich leben können. Meiner Ansicht nach ist es widerlich, den Antisemitismus in linken, queeren Kreisen zu relativieren & sich in seiner Opferrolle zu suhlen & dann irgendwelche Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen anstatt sich endlich mit dem Thema zu befassen, um das es eigentlich geht: ANTISEMITISMUS.

Solch ein Verhalten ist nicht nur sowohl widerlich als auch der Sache nicht dienlich, sondern schreckt auch moderate & halbwegs progressive & zivilisierte Menschen massiv ab, wenn sich links-queere Personen mobartig auf alles stürzen, was ihr Verhalten im entferntesten kritisiert  anstatt sich den eigenen Dämonen zu stellen. Eine Linke, die sich mit einer solch militanten Identitätspolitik selber sabotiert & moderate Lefties & Zentristen so weg ekelt, muss sich über verlorene Wahlen & ihre zunehmende Bedeutungslosigkeit nicht wundern.

Dies Alles führt dazu, das ich eine solche Linke anklagen, d.h. kritisieren muss, denn so kann es nicht weitergehen.

Noch etwas: Wenn es Problem ist, dass auch potentielle Opfer von Diskriminierung karikiert werden, dann sollte dies nicht nur für queere Menschen gelten, sondern zum Beispiel auch für antisemitische Kosaken in Gestalt eines Bogdan Chmielnicki. Immerhin wurden die Kosaken vom polnisch-katholischen Adel, der sogenannten Szlachte, diskriminiert, was ein Grund für die Aufstände der orthodoxen Kosaken & die anschliessenden Pogrome an Juden war. Wen es aber nicht stört, dass ein Bogdan Chmielnicki karikiert wird, eine potentielle BDS-Lesbe aber schon, ist in meinen Augen entweder ein Heuchler oder ein Relativierer & eben, wie weiter oben ausgeführt, einer der Gründe für den Abstieg der politischen Linken in die Obskurität.

Korrektur: Ein Freund, hat mich darauf hingewiesen, das es sich bei dem abgebildeten Kosakenhetman nicht den berühmt-berüchtigten Bogdan Chmielncki handelt, sondern um ein Mitglied der „Chornaya Sotnya“ (Der schwarzen Hundertschaft), welche um 1900 antisemitische Pogrome begangen haben.