Quacksalberei als säkularer Religionsersatz

Geehrte Leser!

Nachdem die oberste Gesundheitsbehörde Frankreichs festgestellt hat, dass Homöopathie Quacksalberei sei, möchte ich meinen Senf dazu zum Besten geben. Man möge mir verzeihen, dass ich hier viel Anekdotisches erzähle, aber ich bin keine Wissenschaftlerin.

Dennoch sind mir zwei, drei Dinge aufgefallen, die im Zusammenhang mit Wissenschaftsfeindlichkeit und Quacksalberei stehen: Für viele Menschen ist Quacksalberei in unseren Breitengraden ein säkularer Religionsersatz. Im Zeitalter der leeren Kirchen glauben Menschen zwar nicht an Religion im klassischen Sinn, aber an anderen, teilweise gefährlichen Schwachsinn wie «Detox» und Homöopathie. Daran würde auch eine mögliche Verstaatlichung oder Ähnliches von Pharmakonzernen nichts ändern.

Ich erinnere mich zum Beispiel an meine Handarbeitslehrerin, die ich von der vierten bis sechsten Klasse hatte. Diese Frau war das wandelnde Klischee eines alternativen Hippies, die immer irgendwas Gefilztes trug und naja, ein Hygieneproblem hatte. Sie roch immer wie ein nasser Hund. Im Nachhinein frage ich mich, wieso diese Frau überhaupt auf Kinder in der Mittelstufe losgelassen wurde. Allerdings muss man bedenken, dass ich anno dazumal in Zürich-Aussersihl zur Schule ging und dort war man froh, wenn überhaupt irgendwelche Lehrer uns unterrichten wollten. Aber zurück zur Hippielehrerin, die aufgrund ihres Aussehens, ihrer fehlenden Hygiene, ihrer sonnengegerbten Haut und der Tatsache, dass sie regelmässig Halsketten mit Rosenquarzanhängern trug, von vielen meiner damaligen Klassenkameraden mit Wurzeln in Osteuropa und in der MENA-Region, schlicht für eine Hexe gehalten wurde.

Diese Handarbeitslehrerin liess es sich nicht nehmen in ihrem Handarbeitsunterricht konstant Agitation für Urin-Therapie und andere Quacksalberei zu machen. Das heisst sie berichtete lang und breit, wie sie Fastenwanderungen in den Schulferien machte, bei denen sie nichts anderes konsumierte als Säfte, Tees und natürlichen ihren eigenen Urin. Das mit dem Eigenurin war ein konstantes Thema bei ihr. Denn wie sie sagte, trank sie auch im Alltag JEDEN Morgen, ein Glas ihres Urins auf leeren Magen um ihren Kreislauf in Schwung zu bringen. Sie behauptete auch, dass sie aufgrund der Tatsache, dass sie Unmengen ihrer eigenen Pisse trank, nie krank gewesen und schon jahrelang nicht mehr beim Arzt gewesen sei. Da ich, wie gesagt, anno dazumal in Zürich-Aussersihl, zur Schule gegangen bin, wo ich meine Karriere als Drogen-Dealerin daran scheiterte, dass kein Junkie aus der Bäckeranlage mir das Specksteinpulver abkaufen wollte, das ich aus dem Handarbeitsunterricht mitgenommen hatte, nahm ich wie die Klassenkameraden auch diese Widerlichkeit meiner damaligen Handarbeitslehrerin, als naturgegeben hin.

Diese Geschichte kam mir vor einiger Zeit hoch, als ich mich einige Male mit einer lesbischen Frau getroffen habe, die einen alternativen Lebensstil pflegt. Meine lesbische Bekanntschaft ernährt sich roh und vegan, ist nicht durchgeimpft, glaubt nicht an Sonnenschutz und stattdessen daran, dass Kokosöl ein Allheilmittel sei, während Schokolade und Kaffee Gift seien und Krebs auslösen würden, weil Schokolade und Kaffee für Hund und Katze giftig sind. Notabene ist Madame keine Chemikerin oder Wissenschaftlerin, sondern sie arbeitet als Einkäuferin für irgendein Unternehmen. Diskussionen mit ihr sind vollkommen umsonst und führen nur zu Streit. Deshalb habe ich aufgegeben mich mit ihr Auseinanderzusetzen, da in dieser Situation eindeutig Hopfen und Malz verloren wären.

Und das waren nur die Anekdoten aus meinem näheren Umfeld!

Vor einiger Zeit kam ein umstrittener Dokumentarfilm in die Kinos, der «Am Anfang war das Licht» heisst. In diesem Film geht um es um sogenannte «Lichtnahrung» und Kritiker bemängeln, meiner Meinung nach, vollkommen zu Recht, dass dieser Film de facto nur Propaganda für «Lichtnahrung» sei. In der Schweiz und auf der Karibikinsel Dominica verhungerten Menschen, die vom Konzept der «Lichtnahrung» fasziniert waren und dementsprechend leben wollten. D.h. physisch gesunde, wenn auch naive Menschen starben einen unnötigen und elenden Tod, weil sie Quacksalbern auf den Leim gegangen sind und deshalb geglaubt haben, dass sie von Prana oder «Lichtnahrung» leben zu können. Das ist eine der scheusslichen Folgen, wenn man Quacksalber gewähren lässt.

Der iranische Chauvinismus und Minderheiten

Am 26. Juni 2019 veröffentlichte der Journalist Benjamin Weinthal, der auch für die «Jerusalem Post» schreibt, auf «Fox News» einen Artikel zur Lage der Christen im Iran. In diesem berichtete er über ein Dossier des amerikanischen Aussenministeriums, das sich mit der Unterdrückung von Christen, Bahai und anderen religiösen Minderheiten in der Islamischen Republik Iran beschäftigt. Der Inhalt würde jeden Menschen schockieren, der ihn kennen würde sagte der amerikanische Aussenminister Mike Pompeo.

Als ich den Bericht las, konnte ich mir den zynischen Gedanken «Im Osten nichts Neues» nicht verkneifen. Denn es ist nicht weiter überraschend, dass die Islamische Republik Iran Christen unterdrückt.

Die Sassaniden, und das war noch in vor-islamischer Zeit, haben Christen gefoltert und ermordet, wie zum Beispiel Anastasius den Perser und die Heilige Shushanik.
Die Safawiden, waren schon islamisiert und haben auch Christen gefoltert und ermordet,
wie zum Beispiel den König Luarsab den Zweiten und die Königin Ketevan.

Der Artikel von Benjamin Weinthal belegt meine Theorie, wonach die Islamische Republik Iran der Rechtsnachfolger der gescheiterten Perserreiche ist und dass der Iran ein Land mit einem grossen Chauvinismusproblem ist, in dem sich nichts zum Guten ändern wird, so lange Iraner kein Mitgefühl für Minderheiten im Iran selber und in der Region entwickeln.  Die kontinuierliche Verfolgung von Christen und anderen Minderheiten, die es schon vor der Islamischen Revolution gegeben hat, zeigt auch, dass die jetzige Verfolgung durch die Häscher der Islamischen Republik nicht aufgrund einer Kränkung des Irans durch den Westen provoziert wurde, sondern eine lange Geschichte hat im Iran und in den umliegenden Staaten der Region, die das Unglück hatten vom Iran unterworfen zu werden.

Wie bei vielen chauvinistischen Gesellschaften manifestiert sich der persisch-iranische Chauvinismus darin, dass er Menschen, ähnlich dem Kastensystem, in Bürger erster und zweiter Klasse einordnet. Bestenfalls! Menschen, im Kernland der Rechtsnachfolger und solchen in den sogenannten «unerlösten Gebieten», die früher zu den Imperien gehört haben, aber nicht der Bevölkerungsmehrheit angehören. Der Chauvinismus erklärt die eigene Kultur, in diesem Fall die persisch-iranische, zur Krone der Schöpfung und Angehörigkeit zu dieser Kultur als Voraussetzung für Menschen- und Bürgerrechte, weil eine durch Chauvinismus geprägte Denkweise Menschen- und Bürgerrechte nicht als verbriefte und unkündbare Bestandteile eines zivilisierten und modernen Staates ansieht, sondern als Privilegien für die eigene Bevölkerungsmehrheit.

Dies ist, meiner Meinung nach, ein erster Schritt Richtung Entmenschlichung. Wer Daniel Jonah Goldhagens Buch «Schlimmer als Krieg» gelesen hat, wird wissen, dass Entmenschlichung des Gegners, aber auch des Gegenübers, schlimmste Folgen haben kann, wie man zuletzt, etwa in Ruanda sehen konnte. Die Tatsache, dass die iranische Opposition, aufgrund des persisch-iranischen Chauvinismus und der damit einhergehenden Weigerung sich der eigenen Geschichte kritisch zu stellen, keine echte Alternative zum Regime bieten kann, ist tragisch genug. Es hilft deshalb nicht, persischen Chauvinisten Honig ums Maul zu schmieren und so die unterdrückten Minderheiten innerhalb der islamischen Republik zu ignorieren. Der Iran ist ein Vielvölkerstaat, mit persischsprachiger Mehrheitsbevölkerung, darauf sollte Rücksicht genommen werden und zwar sowohl von Auswärtigen, wie auch und besonders von den Iranern selbst. Gerade auch weil die von Chauvinismus und Islamismus angefeuerte, imperialistische und irredentistische Politik des Henkerregimes der Islamischen Republik weiterverbreitet wird, und zwar durch den Export der sogenannten «Islamischen Revolution» die Flüchtlingsströme auslöst, die sowohl aus dem Kernland der Islamischen Republik selber, wie auch aus dem Nahen- und Mittleren Osten, fliehen.

Marx sagte einst, dass sich Geschichte wiederholen würde, zuerst als Tragödie, dann als Farce. Im einundzwanzigsten Jahrhundert hat man nun die Möglichkeit diese Farce zu unterbinden, in dem man das Regime sanktioniert und so in die Schranken weist. Zu dem hat die iranische Opposition, vor allem im Exil, die Möglichkeit, sich kritisch mit der eigenen Vergangenheit und dem Umgang mit Minderheiten auseinanderzusetzen. Sonst bleibt die Hoffnung auf einen Regime-Change in Teheran dieser Tage nur ein frommer Wunsch. Denn Sanktionen sind ein gutes Mittel um das Regime zu schwächen, aber sie können nicht ein zivilgesellschaftliches Engagement der iranischen Bevölkerung ersetzen.