Vergebung ohne Verantwortung/ Eine Polemik

Liebe Ladies und Fellas

Vor kurzem schrieb ich an dieser Stelle, dass der sogenannte «Buchhalter von Auschwitz», Oskar Gröning, das niedersächsische Justizministerium um eine Begnadigung bittet. Ich fand jenen Fall eine Farce. Aber wie es aussieht ist dieser Fall nur die Spitze des Eisbergs und auch nur ein Symptom einer viel grösseren Plage, nämlich der, dass niemand in Europa Verantwortung für Antisemitismus übernehmen will, komme was wolle.

Zum Beispiel bat heute der polnische Präsident Andrzej Duda, die Juden wegen der antisemitischen Kampagne des kommunistischen Polens von 1968, um Vergebung. Zugleich wies er jegliche Schuld und Verantwortung von Polen. D.h. er bat um Vergebung, ohne die Schuld einzugestehen. Ich hingegen muss gestehen, dass mich diese christliche Art der Vergebung, in der Vergebung so belanglos wie ein Blowjob bei einem One-Night-Stand wird, mehr und mehr anwidert. Niemand will in irgendeiner Form Verantwortung übernehmen für Antisemitismus. Egal ob man bei Pogromen die Juden an den Haaren aus ihren Häusern gezogen hat, oder in Auschwitz an der Rampe gedient hat oder sonst was.
Alle wollen Vergebung, aber niemand will Verantwortung übernehmen. Der Akt der Vergebung verkommt zu einer Farce und wird so unwürdig. Während der Antisemitismus weiter Urstände feiert, den Opfern keine Genugtuung zu Teil wird und die Täter nicht oder kaum bestraft werden, während die Mehrheitsbevölkerung/ Zivilgesellschaft weiterhin mit dem Finger auf «Nazis»/»Kommunisten»/»Ausserirdische» zeigt, denen die Schuld gibt am Zivilisationsbruch und so jegliche Schuld von sich weist.

Das alles ist so grotesk, dass mir fast die Worte fehlen um dieses Unglück zu beschreiben, aber trotz allem schreibe ich dagegen an, auch wenn es sich anfühlt gegen eine Wand aus Beton diskutieren zu müssen. Was bleibt einem Anderes übrig, kann ich nur noch Fragen und seufzen…

Der Gnadenlose bittet darum, dass ihm Gnade zu Teil werde (Eine Polemik)

Liebe Ladies und Fellas

Sicher werden Sie mitbekommen haben, wie Oskar Gröning, der sogenannte «Buchhalter von Auschwitz», ein Mann welcher freiwillig und willentlich 1939 in die SS eintrat und nach dem Ende des zweiten Weltkriegs ein gutes Leben hatte, im Gegensatz zu 1, 5 Millionen Menschen, welche in Auschwitz ermordet wurden, das niedersächsische Justizministerium um eine Begnadigung bittet. Was für eine Farce!!!

Meiner Ansicht nach hat diese Farce sehr viel mit christlicher Sozialisierung zu tun und der damit verbundenen Idee, wonach wer nur genug Reue zeige und Busse tut (Oskar Gröning hatte, seit in Rente ging, in Schulklassen von seiner «Karriere» bei der SS erzählt*) Einem Vergebung zu Teil wird. Diese ist, in meinen Augen, grotesk und bevor mir irgendwer mit christlicher Nächstenliebe und Vergebung aufquackt: Das ist nicht entscheidend. Ein Rechtsstaat verhängt Strafen für Verbrechen aus drei Gründen:

  1. Zum Schutz der Allgemeinheit vor dem Täter.
  2. Zur Abschreckung. Damit der Staat zeigt, dass zumindest hier und heute ein solcher Zivilisationsbruch Konsequenzen hat.
  3. Um Rechtsgleichheit herzustellen, d.h. um dafür zu sorgen, dass die Opfer ein Stück weit doch noch Gerechtigkeit erfahren.

Simon Wiesenthal sagte einst, dass er «Recht und nicht Rache» fordere. Ich bin ganz dieser Meinung und darum fordere ich hier und heute «Recht und nicht Gnade», denn Oskar Gröning wurde in einem Rechtsstaat zu einer Strafe verurteilt, welche in Anbetracht der Umstände mehr als legitim ist.

*Eigentlich ein surrealer Vorgang, denn welche Schüler, welche sich von rechtsextremen Ideologien angezogen fühlen, werden nach dem Besuch eines Mitglieds der SS, welcher nach dem Ende des zweiten Weltkriegs ein gutes Leben führen konnte, davon abgeschreckt sein ihren Trieben nachtzugeben?!? Das Oskar Gröning SS-Mitglied war und in Auschwitz gedient hat, hatte bis vor kurzem für ihn keine Konsequenzen.