Mein Senf zu Antisemitismus – Ein kurzer Rant!

Geehrte LeserInnen!

Ich kann es kaum glauben, dass ich die folgenden Zeilen schreiben muss, aber was muss, das muss. Mir wurde nämlich von jemandem, der nicht-jüdisch ist, gesagt, dass ich den polnischen Antisemiten und Parlamentsabgeordneten Janusz Korwin-Mikke nicht kritisieren soll, denn er ist kein Moslem. Zuallererst: Ich bin ein freier Mensch und kritisiere, wen und was ich will, auch hier auf meinem Blog, und dafür bin ich niemandem, erst recht keinem Nicht-Juden Rechenschaft schuldig. Des Weiteren: Ich kritisiere Antisemiten ungeachtet ihrer sonstigen politischen Ausrichtung, egal ob sie links wie Jean-Luc Mélenchon, islamisch wie die Mullahs zu Teheran oder eben rechts-nationalistisch wie Korwin-Mikke sind.

Dass jemand wie Korwin-Mikke auf die Tatsache, dass ein polnische Ärztin, nämlich Dorota Gałczyńska-Zych, Alarm schlägt, weil Polen nicht auf das Corona-Virus vorbereitet ist, mit sozialdarwinistischen und antisemitischen Sprüchen reagiert und dabei ausgerechnet die Pogrome als Beispiel nimmt, zeigt für mich, das Korwin-Mikke ein Antisemit ist und mir ist wirklich egal, ob Korwin-Mikke sich als «Retter der polnischen Republik» oder gar des «christlichen Abendlandes» sieht.  Denn ein Pogrom ist kein natürliches Ereignis, ausser man betrachtet die Ermordung und die Demütigung von uns Juden als natürlichen Akt. Und Nein, weder haben wir Juden Pogrome gegen uns angezettelt, noch sind oder waren wir schuld an den Pogromen gegen uns.

Im übrigen sind es dieses Laissez-faire und laissez-aller in Bezug auf Antisemitsmus, egal welcher Strömung,  die auch dazu geführt haben, dass der islamische Antisemitismus in Europa gedeihen konnte. Schlicht und ergreifend deshalb, weil ausser unser Juden sich niemand darum gekümmert hat, weil das antisemitische Ressentiment zu tief verankert ist, wie derzeit die Sprüche des Korwin-Mikke und der antisemitische Karnevalsumzug in Aalst/Belgien beweisen und aufgezeigen, dass noch immer Fanatiker unterschiedlicher Couleur sich dazu berechtigt fühlen, ihr Mütchen an uns Juden abzukühlen.

Deshalb will ich nicht darauf hoffen, dass Janusz Korwin-Mikke oder einer seiner Anhänger aus Mitleid und Erbarmen davon absehen, uns Juden einem Pogrom auszusetzen, sondern kritisiere die antisemitische und schlicht menschenverachtende Mentalität, die dahintersteckt schon jetzt.

Übrigens: Eine Anmerkung meinerseits zum sozial-darwinistischen Aspekt des Unsinns, den Korwin-Mikke da verzappft hat: Mit dem Überleben des Fittesten meinte Darwin, die, die sich am Besten an Veränderung anpassen können und zum Beispiel Impfungen, Medikamente und andere Hilfsmittel entwickeln, damit wir Menschen, alle Menschen, ein möglichst langes und gesundes Leben haben und nicht mit Dreissig an einer Blutvergiftung oder an Tetanus sterben. D.h. die Fitteststen, die überleben, sind die Klügsten und Anpassungsfähigsten. Und wie oben dargelegt haben Pogrome absolut nichts mit natürlicher Selektion zu tun, sondern mit dem barbarischen Hass auf uns Juden und der Gewalt, die daraus entsteht.

Und so sehr es mich als Jüdin anwidert, mich damit auseinandersetzen zu müssen, denn wie gesagt, werden wir Juden im Kampf gegen Antisemitismus fast vollkommen alleine gelassen, ich werde damit fortfahren. Denn wie Hillel einst sagte: «Wenn ich nicht für mich bin, wer ist dann für mich? Solange ich aber nur für mich selber bin, was bin ich? Und: Wenn nicht jetzt, wann sonst?» Und damit schliesse ich meinen Rant. Auf einandermal, geehrte und geschätzte LeserInnen!

P.S. Bevor ich es vergesse: Wenn Ihnen die Schreibe auf meinem Blog gefällt, können Sie ihn auf «Steady» unterstützen. Ich werde den passenden Link unten hinzufügen.

https://steadyhq.com/de/pinkkoshernostra

 

Offener Brief an Brigitta Renate Hemmer

Sehr geehrte Frau Hemmer

Es fällt mir schwer, die folgenden Zeilen zu schreiben, aber ich frage mich, ob es Ihnen am Text-Verständnis mangelt oder es etwas anderes ist, aber offensichtlich muss ich es tun. Nun denn, gestern schrieb ich die folgenden Zeilen auf meinem Blog:

«Das alles zeigt, dass die Gefahr für uns Juden nicht nur von Antisemiten selber, sondern auch von der Gleichgültigkeit der Gesellschaft ausgeht, und genau das ist es, was mir Sorgen bereitet. Denn wie der grosse Martin Luther King einst sagte: «Am Ende werden wir uns nicht an die Worte unserer Feinde erinnern, sondern an das Schweigen unserer Freunde.» D.h., dass sich Antisemiten judenfeindlich verhalten, ist nicht verwunderlich, darum sind sie ja Antisemiten, weil sie eben Judenfeinde sind. Dass die nichtjüdische Mehrheitsgesellschaft nichts tut, ist die eigentliche Tragödie und zeigt, dass die ganze, mantrahafte Wiederholung von «Nie Wieder» nichts als Rhetorik ist, denn viele Nicht-Juden haben offenbar nicht die richtigen Schlüsse aus der Geschichte gezogen.»

Dies verleitete Sie dazu folgenden Kommentar zu schreiben:

Dazu muss ich sagen, dass wir Juden, wie auch andere Minderheiten, ja Menschen allgemein, nicht dazu verpflichtet sind, jene zu bespassen, die uns demütigen und entmenschlichen. Diese Zeiten sind endgültig vorbei! Und ja, es ist erniedrigend und demütigend uns Juden als Insekten, als Ungeziefer darzustellen, wie das in Aalst wieder geschehen ist. Wenn man etwas Selbstliebe und Respekt hat, dann reagiert man nicht mit Humor auf Entmenschlichung, sondern kritisiert und protestiert gegen diesen Mangel an Anstand, denn dieser Mangel an Anstand ist gefährlich, das hat die Geschichte bewiesen. Hinter einem solchen Weltbild, das uns Juden zum Spass als Ungeziefer porträtiert, steckt folgende Aussage: «Wir haben euch Juden schon mal gedemütigt und ermordet, wir können das wieder tun.» Genau darum ist es wichtig, dass man Antisemitismus effektiv bekämpft und sowohl von Symbolpolitik ablässt, als auch keine Relativierung antisemitischer Propaganda und antisemitischer Taten betreibt. Das sage ich nicht aus Panikmache, sondern weil es mich die Geschichte gelehrt hat.

Für die Zukunft wünsche ich Ihnen, dass Sie auch etwas aus der Geschichte lernen und von uns Juden nicht erwarten, das wir jene bespassen, die uns demütigen und entmenschlichen. Schlicht und ergreifend deshalb, weil dies der zivilisatorische Mindeststandard sein soll, nach dem man im 21. Jahrhundert leben sollte und wir Juden Teil dieser Gesellschaft sind, als mündige Bürger und Bürgerinnen, und nicht als Fussabtreter von Antisemiten und jenen, die Antisemitismus relativieren.