WER IST STEPHAN B., DER ATTENTÄTER VON HALLE/S.?

Der Gerichtsgutachter hält ihn offenbar für einen Menschen mit einer schweren autistischen Persönlichkeitsstörung.
Er selbst sieht sich dagegen als Vorkämpfer für die Sache der sog. „Weißen Rasse“ gegen den angeblichen „Grossen Bevölkerungsaustausch“ durch Muslime und Schwarze, der in seinen Augen von den „Juden“ bzw. einer „Zionistisch besetzten dt. Regierung“ in Deutschland gegen die autochthone Bevölkerung theoretisch und seit dem Jahre 2015 auch praktisch organisiert wird.
Manche sehen ihn auch einfach als „Muttersöhnchen“, als „Incel“, d.h. als jemanden, der in einer Art „Unfreiwilligem Zölibat“ lebt, oder als „Versager“, der im Grunde an sämtlichen Herausforderungen seines Lebens gescheitert ist und der nicht zuletzt aufgrund seiner am Ende gescheiterten Attentatspläne selbst in der eigenen Community nicht bzw. nicht mehr zum Vorbild für andere potenzielle Massenmörder taugt.
Als jemand, der seinen Auftritt vor Gericht seit Beginn des sog. „Halle-Prozesses“ am 21.07.2020 vor dem OLG Naumburg im Landgericht Magdeburg live mitverfolgt hat, ist mir v.a. folgendes aufgefallen:
Stephan B. genießt zunächst einmal die Bühne, die ihm als Attentäter vom 9. Oktober 2019 in Halle/S. im Zuge dieses Verfahrens zuteil wird.
Dies zeigt sich darin, dass er nahezu jede Gelegenheit nutzt, seine antisemitische und rassistische Ideologie, die sich v.a. gegen Juden und Muslime richtet, im Gerichtssaal zu verbreiten. In der ersten Sitzung des Verfahrens hätte ihm dies beinahe einen Ausschluss seitens der Vorsitzenden Richterin Ursula Mertens eingebracht, die ihm von Anfang an klarzumachen versuchte, dass sie antisemitische und rassistische Beleidigungen von Verfahrensbeteiligten keineswegs zu dulden gedenke.
Des weiteren hat der Angeklagte zumindest anfangs versucht, sozusagen auf Augenhöhe mit der Richterin und anderen Verfahrensbeteiligten zu kommunizieren, was er erst nach einer entsprechenden Zurechtweisung seitens der Vorsitzenden unterließ.
Dass Stephan B. ein „Muttersöhnchen“ ist, zeigt sich v.a. darin, dass er nahezu zeitlebens bei seiner Mutter in Benndorf (Sachsen-Anhalt) im Kinderzimmer gelebt hat.
Dabei finanzierte seine Mutter offenbar nicht nur seinen Lebensunterhalt nach zwei abgebrochenen Hochschulstudiengängen, sondern teilte, wie aus einem ausführlichen Brief hervorgeht, auch zumindest Teile seiner antisemitischen Auffassungen.
Nicht nur Stephan B. zeigte im bisherigen Verlauf des Gerichtsverfahrens wenig Reue, sondern seine Mutter verstieg sich in dem o.g. Abschiedsbrief, der mit drei durchkreuzten Davidsternen endete, zu der Ansicht, „die Juden“ hätten das Lebens ihres Sohnes sowie das ihrer gesamten Familie zerstört.
Ein weiterer Aspekt, der im bisherigen Verlauf des Verfahrens m.E. ein wenig zu kurz kam, ist die Existenz von Stephan B. als sog. „Incel“, d.h. als Mann, der in einer Art „unfreiwilliges Zölibat“ lebt.
Wenn man sich das Video des Attentäters von Halle/S. anschaut, fällt auf, mit welcher Kaltblütigkeit und Menschenverachtung dieser sein erstes Opfer, die mehr oder weniger zufällige Passantin Jana L. (40) vor dem Gelände der Synagoge in Halle/S. in der dortigen Humboldtstrasse 52 niederschiesst.
Ähnlich wie beim zweiten Mord an dem Malerlehrling Kevin S. im Döner-Imbiss in der nahegelegenen Ludwig-Wucherer-Straße, der ebenfalls in dem selbstgedrehten Tätervideo dokumentiert ist, kehrt Stephan B. ein zweites Mal zu seinem Opfer zurück, um es am Ende möglichst sicher zu töten.
Im Falle von Jana L. beschimpft er diese zusätzlich mehrfach als „Schwein“, was sich offenbar nicht nur auf die Tatsache bezieht, dass diese ihm bei seinem Angriff auf die Synagoge in die Quere gekommen ist, sondern offenbar auch als Ausdruck einer frauenverachtenden Haltung als „Incel“ interpretiert werden kann.
Diese These wird u.a. auch von dem früheren Bundespolizisten Nick Hein gestützt, der sich in einem „YouTube-Video“ mit den zahlreichen selbstgebauten Waffen des Halle-Attentäters beschäftigt, deren minderwertige Qualität thematisiert und sich ironisch und unter sexuellen Anspielungen über die „Ladehemmung“ dieses „ungebumsten Attentäters“ und seiner selbstgebauten Waffen auslässt.
Insgesamt drängt sich mir als Beobachter des Prozesses gegen Stephan B. das Bild eines Täters auf, der entgegen eines ursprünglich diagnostizierten überdurchschnittlichen IQs intellektuell eher unterdurchschnittlich begabt zu sein scheint.
Was er als Versatzstücke seiner die Tat rechtfertigen sollenden Ideologie beschreibt, wirkt i.w. angelesen und wenig reflektiert bzw. verarbeitet.
Seine nicht zuletzt aus seinem Chemiestudium stammenden Kenntnisse über den Bau von Waffen scheinen letzten Endes doch eher rudimentärer Art gewesen zu sein. Sonst hätten diese mit Sicherheit nicht dermaßen eklatant versagt.
So kann es nicht verwundern, wenn sich dieser „einsame Wolf“, denn als solchen muss man ihn, nach allem, was man weiß, bezeichnen, gegen Ende seines selbst gedrehten Tätervideos als „Versager“ auf ganzer Linie bezeichnet und sich bei seinen vermeintlichen Anhängern mehrfach dafür entschuldigt, nicht mehr seiner „Feinde“ ins Jenseits befördert zu haben.
Nicht, dass man mich missversteht:
Ich persönlich halte Stephan B. für einen ideologischen Überzeugungstäter und einen antisemitisch und rassistisch motivierten Schwerverbrecher, der nach meiner Ansicht eine lebenslange Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung redlich verdient hat.
Dennoch halte ich es für eine gewisse Ironie der Geschichte, dass einem solchen „Versager“ wie Stephan B., der seine monströse Tat zu Hause im Kinderzimmer bei Mutti und in der Werkstatt seines Vaters geplant hat, durch die Begleitumstände seines Prozesses – und hier meine ich v.a. die tagtägliche Rundumbetreuung durch zahlreiche Justizbedienstete mit Sturmhauben und Maschinenpistolen sowie den Transport von der JVA in Burg zum Landgericht in Magdeburg durch zwei Motorräder, sieben Polizeifahrzeuge und einen Helikopter – am Ende eine Aufmerksamkeit zuteil wird, die er von keinem Psychologen und keinem Sozialarbeiter der Welt je bekommen würde.