Geehrte Leser!
Mein letzter Beitrag «Erdogan der Heuchler» hat bei einigen türkischen Chauvinisten in der deutschsprachigen Welt für Aufregung gesorgt. Das freut mich! Das gefällt mir. Darum habe ich beschlossen nachzutreten, weil ich es mir wert bin.
Zuallererst: Ich bin schweizerisch-georgische Doppelbürgerin, mein verstorbener Vater war Schweizer, meine Mutter ist ukrainisch-jüdischer und georgischer Abstammung. Das einzig griechische an mir ist mein Vorname, der auf Griechisch «Jene, die auferstehen wird» bedeutet. Ja, ich bin Jüdin und bekennende Zionistin. Wenn man mich also beleidigen will, soll man es gefälligst richtig tun!
Aber zurück zum Hauptthema dieses Artikels: Tao-Klarjeti, die verlorene Wiege der georgischen Zivilisation, die heute, aufgrund des Vertrags von Moskau, zur Türkei gehört und dort so verkommt, wie die politische Führung der Türkei unter dem Teekessel-Diktator vom Bosporus. Dieses Tao-Klarjeti, das bis 1921 Teil der ersten Demokratischen Republik Georgiens war, einem unabhängigen Rechtsstaat, der 1921 von der Sowjetunion einverleibt wurde, soll wieder georgisch werden. Warum? Ganz einfach, weil Tao-Klarjeti von der untergegangen Sowjetunion an die Türkei geschenkt wurde, ohne Einverständnis des georgischen Volkes. Wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre, hätte Tao-Klarjeti nie Teil der Türkei werden dürfen. Aber dass Georgien von der Sowjetunion und der Türkei fragmentiert wurde, zeigt den Hang zum Chauvinismus und Imperialismus dieser gescheiterten Imperien. Und da Erdogan und seine Anhänger auch Chauvinisten mit einem Hang zum Revisionismus sind und gerne den Vertrag von Lausanne in Frage stellen, bin ich dafür, dass man zuerst den Vertrag von Moskau von 1921 überarbeitet und Tao-Klarjeti Georgien zurückgibt.
Sollte der Teekessel-Diktator, der sich gerne griechische Inseln einverleiben würde, deswegen toben, könnte man ihm sagen, dass er mit gutem Beispiel vorangehen solle, bevor er etwas einfordert. Besonders wenn man bedenkt, wie schlecht es um die Rechtsstaatlichkeit allgemein und die Rechte von Minderheiten in der Türkei steht und wie die offizielle Türkei aGebäude, wie Kirchen und Klöster, die nicht in Moscheen umgewandelt werden konnten, in Tao-Klarjeti verrotten lässt, um dann das nicht türkische, vor-islamische, kulturelle Erbe dieser Region verleugnen zu können.
Aber im Fall von Tao-Klarjeti geht es nicht nur um die vielen Unzulänglichkeiten der Türkischen Republik: Es geht um Gerechtigkeit gegenüber Georgien, gegenüber den Bürgern Georgiens, die in den letzten 100 Jahren miterleben mussten, wie ihre Heimat immer wieder okkupiert und fragmentiert wurde. Die heutige Georgische Republik ist nur noch 69 700 Quadratkilometer gross, im Vergleich dazu war die erste Demokratische Republik Georgiens 107 600 Quadratkilometer gross. Hinzu kommt, dass fast 10% der georgischen Bevölkerung heute Binnenflüchtlinge sind als Folge, des Augustkrieges 2008. D.h. Georgien braucht dieses Land, um den Binnenflüchtlingen aus der Zchinwali-Region (international bekannt unter dem Namen «Süd-Ossetien») und Abchasien menschenwürdig unterzubringen. Auf dass die Fünf-Kreuz-Flagge in Zukunft wieder über Tao-Klarjeti und ja, auch über Suchumi und Zchinwali wehen soll.
PS: Für die Erdogan-Anhänger, die bisher mit Schaum vor dem Mund diesen Beitrag gelesen haben: Nefretenizde bogulun!