Wo sich Deniz Yücel irrt/ Eine Kritik

Liebe Ladies und Fellas

Ich halte sehr viel von Deniz Yücel und seine Artikel bei der «TAZ» und «Welt» waren etwas vom Besten, was ich von deutschsprachigen Journalisten lesen durfte. Allerdings irrt sich Deniz Yücel in meinen Augen massiv, wenn er, wie in seinem neuesten Interview meint, dass die jetzige politische Situation etwas damit zu tun hätte, dass Deutschland und andere EU-Staaten im Jahr 2005 dem EU-Beitritt der Türkei kritisch gegenüberstanden und Erdogan somit einen Korb gegeben haben. Eine solche Kränkung kann die aktuelle Lage weder rechtfertigen noch entschuldigen. Denn mit oder ohne Kränkung: Die wahlberechtigten Türken hätten seit gut achtzehn Jahren die Chance gehabt jemand anderen, als Erdogan und seine AKP zu wählen. Taten die Türken aber nicht, da Erdogan ein guter Propagandist ist, welcher es verstanden hat den Turanismus und den Nationalismus, welcher schon seit der Republikgründung der Türkei dagewesen ist, mit dem politischen Islam zu kombinieren, ohne wie Menderes zu enden.

Man muss der Tatsache ins Auge sehen: Erdogan ist ein türkischer Islamchauvinist, welcher schon immer osmanische Grossmachtsfantasien hatte und im Gefängnis war, weil er ein hetzerisches Gedicht, des Turanisten und Nationalisten, Ziya Gökalp, rezitiert hat und nicht weil Erdogan sich für Frauenrecht und dergleichen, eingesetzt hat. Apropos Frauenrechte: Seit der «liederliche Lideri», Recep Tayyip Erdogan, im Amt ist, steigt die Gewalt gegen Frauen in der Türkei massiv an. De facto haben die Wähler Erdogans ihre Bürger- und Menschenrechte gegen die Trunkenheit an ihrem eigenen, neo-osmanischen Grössenwahn, getauscht und dies alles willen- und wissentlich, dass alles geschah, bis vor kurzem, in mehr oder weniger freien und fairen Wahlen. Deshalb kann Europa, mit oder ohne angebliche Kränkung im Jahr 2005 nichts dafür, dass die türkischen Wahlberechtigten sich immer wieder für den «liederlichen Lider» Erdogan und seine AKP entschieden haben.

Was die Indifferenz von Angela Merkel und ihrer Regierung, gegenüber dem Regime von Erdogan angeht, da bin ich mit Deniz Yücel vollkommen einig und finde es auch widerlich, dass man hier mit Gleichgültigkeit, einem Dialog um des Dialogs willen und Teekränzchen in Goslar agiert, wo man doch zu Sanktionen, wie der Sistierung der NATO-Mitgliedschaft greifen sollte. Allerdings ist die Gleichgültigkeit gegenüber islamistischen und anderen menschenverachtenden Regimen schon etwas Alltägliches und der Dialog um des Dialogs willen, wird auch beim Regime von Teheran und nicht nur beim Regime von Ankara praktiziert. Bei Letzterem ist nur offensichtlicher, weil Deutschland im Besonderen und Europa im Allgemeinen eine türkische Diaspora haben, welche die iranische Diaspora mengenmässig in den Schatten stellt und so die Schandtaten des Regimes zu Teheran oft ignoriert werden. Effektiv kann man aber sowohl beim Regime von Ankara, wie auch bei dem Regime zu Teheran sagen, das Wandel durch Annäherung, oder wie ich es nenne «einen Dialog um des Dialogs willen», gescheitert ist. Europäische Diplomaten in Regimen, wie dem zu Ankara und Teheran, sind nur noch als Lachnummer zu gebrauchen und dies hat sehr wohl damit zu tun, dass man zu weich und nachgiebig war und zu lange auf einen Dialog mit Regimevertretern gesetzt hat, während besagte Regime weiter gemordet haben oder ihre Proxies für Terror gegen Zivilisten eingesetzt haben.

Eine hässliche deutsche Tradition/ Eine Polemik

Liebe Ladies und Fellas

Am 8. März brachte die ARD-Sendung «Kontraste» eine kurze Reportage über den Israeli Rami Elyakim, welcher beim Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche, schwer verletzt wurde und seine Frau, die Liebe seines Lebens, verloren hat. Aufgrund des Anschlags wird Rami Elyakim bis an sein Lebensende mit körperlichen Behinderung und dem Trauma ob des Verlusts seiner Frau leben müssen. Trotzdem verweigert ihm Deutschland eine Rente, die steht nämlich, laut deutschen Gesetzen, nur deutschen Staatsbürgern oder EU-Bürgern zu. Zwar haben deutsche Beamte gesagt, dass man an einer Änderung der Gesetze arbeite, damit auch Herr Elyakim eine Art finanzieller Genugtuung zuteilwird, doch dies brauche Zeit. Langsam würden die Mühlen der deutschen Bürokratie mahlen.

Mich persönlich erinnert dieses beschämende Verhalten von deutschen Beamten an die Affäre um die Renten von Zwangsarbeitern in den Ghettos, bei welcher man auch hoffte sich dieses Problem mit der Zeit von selbst erledigt und die Überlebenden aus den Ghettos nach und nach wegsterben würden. Personen, welche sich dieser zutiefst beschämenden, ungeschriebenen Order nicht folgen wollten, wie der Richter Jan-Robert von Renesse, mussten mit Schikanen und mehr rechnen.

Rami Elyakim sagte in der Reportage, dass es sehr viel Kraft kosten würde, um zu begreifen das ein Teil deines Lebens vorbei ist. Viel Kraft kostet es auch zu begreifen, was für ein Wind in deutschen Amtsstuben immer noch weht und wie Deutschland mit Opfern von Terrorismus umgeht, so fern besagte Opfer keine Deutschen sind.