Bekenntnisse eines Vatanforoosh *: Ein paar Gedanken zur Situation in Belarus

Geehrte LeserInnen!

Es ist wieder einmal Zeit für einen Beitrag aus meiner allseits beliebten Reihe «Bekenntnisse eines Vatanforoosh». Dieses Mal geht es indirekt um den Iran, oder besser gesagt um Exil-Iraner, die aus blankem Neid gegenüber Belarus und den Bürgern und Bürgerinnen dieses Landes zwischen Polen und Russland schon grüner als die Kräuter sind, mit denen «Kuku Sabzi» gemacht wird und deshalb moralisch und verbal immer weiter degenerieren.

Zuallererst möchte ich die Iraner, und ja, es sind, leider, mehrheitlich Männer, die Svetlana Tichonovskaya als «Soros-Hure», generell als «Gendeh» (dt:Hure) und als «Feigling» beschimpfen, weil diese aus Angst um ihre Kinder das Land verlassen hat, daran erinnern, dass ihr Idol, seine Hoheit Kronprinz Reza Pahlavi, den Iran vor über 40 Jahren verlassen hat und seitdem keinen Fuss mehr auf iranischen Boden gesetzt hat. Trotzdem beschimpft man ihn nicht als «Hure» oder «Feigling».

Wenn man nun eine Frau wie Svetlana Tichanovskaya aufgrund ihrer Herkunft und ihres Geschlechts beschimpft, dann outet man sich ungewollt selber als Frauenhasser und Fremdenfeind. Aber für mich persönlich ist das nichts Neues. Sofern Sie meinen Blog regelmässig lesen, werden Sie wissen, das mich Iraner als «Vatanforoosh» beschimpfen und mir vorwerfen als Nicht-Iranerin Landesverrat am Iran zu begehen. Doch nicht nur das, sondern neuerdings schrecken sie auch nicht davor zurück, mich als «Stalinistin» zu betiteln, weil ich als georgische Staatsbürgerin die Souveränität der Republik Georgien nicht für die Auferstehung des Persischen Reiches aufgeben möchte.

Ja, auch mir ist bewusst, dass der Iran seit über vierzig Jahren von einem unmenschlichen Regime beherrscht wird, das sich nicht davor scheut, Minderjährige am helllichten Tag an Baukränen aufzuhängen. Aber das Gejammer vieler Exil-Iraner dieser Tage ist unerträglich. Da postet man was in Solidarität mit Belarus und schon ist man ein Paria! Dabei brauchen auch die Menschen in Belarus unsere Unterstützung und Solidarität, was die Unterstützung von und Solidarität gegenüber antiklerikalen Iranern und Iranerinnen nicht schmälern soll. Aber Unterstützung gegenüber dem Iran sollte nicht dazu führen, dass Belarus ignoriert wird. Gerade jetzt nach über fünfundzwanzig Jahren anhaltender Herrschaft des Kolchose-Diktators wird nicht nur in Minsk, sondern auch in Städten wie Brest, Gomel und Bobruisk seit Tagen gegen Lukaschenko demonstriert, und das trotz der anhaltenden Gewalt der Staatsmacht.

Das alles erweicht natürlich nicht das Herz derer, die es seit über einundvierzig Jahren nicht schaffen, das Regime von Teheran loszuwerden, und nun vor Neid fast platzen. Stattdessen attackieren sie nun Leute wie mich und sehen den Zusammenbruch der Sowjetunion nicht als Warnung, sondern als Einladung, sich die südkaukasischen Ex-Sowjetrepubliken wie Armenien, Aserbaidschan und Georgien und Teile des russisch beherrschten Nordkaukasus, namentlich Derbent, einzuverleiben. Alles im Namen der Wiederauferstehung des persischen Reiches. Lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen: Männer, die noch nicht mal in Teheran die Macht haben, träumen davon, Tbilisi zu erobern, obwohl Sie derzeit im Exil weilen, weil das Regime der Statthalterschaft der Rechtsgelehrten immer noch am Ruder ist.

Die Kombination aus Unfähigkeit und Grössenwahn von Teilen der antiklerikalen Opposition, die sich auf Kleinkriege gegen Menschen wie mich beschränkt, ist es, die dafür sorgt, dass das Regime immer noch schalten und walten kann, wie es ihm beliebt.

Währenddessen demonstrieren und streiken die Menschen in Belarus ungeachtet, ob die internationale Gemeinschaft im Allgemeinen und zivilisierte Staaten im Besonderen ihnen den Rücken stärken oder eben nicht. Auch ungeachtet der Tatsache, dass der Kolchose-Diktator Lukaschenko nun tobt wie Rumpelstilzchen.

Mich amüsiert immer noch sehr, wie viele Autokraten und Diktatoren, wie auch der Kolchose-Diktator Lukaschenko, stets beteuern, dass in ihren Gefilden soetwas wie die «Farbenrevolutionen» oder auch ein «Maidan» nicht möglich ist, und dann wachen genau die gleichen Autokraten und Diktatoren an einem schönen Augustmorgen auf und in Minsk wird demonstriert und man hört nicht auf zu demonstrieren, nur weil der Kolchose-Diktator es so will. Und es sind besonders Staaten wie Sudan oder nun eben Belarus, bei denen man vorher kein Politologe mit einem Regime-Change oder einer Revolution gerechnet hat.

Währenddessen begnügen sich Iraner damit, anderen ihren Erfolg zu neiden und Personen und Ereignissen aus der Vergangenheit, von Alexander dem Grossen, weil jener Feldherr anno dazumal Persepolis (Anmerkung meinerseits: als Rache dafür, dass die Perser zuerst Athen abgefackelt hatten) brandschatzen liess, der arabischen Invasion von vor 1400 Jahren und der anschliessenden Islamisierung, den Verträgen von Golestan und Turkmenchay und den dazugehörigen Gebietsverlusten bis zur unsäglichen Affäre um Mossadegh, die Schuld daran zu geben, warum der Iran heute in dieser unglückseligen Situation ist. Anstatt den Menschen in Belarus gleich für die Freiheit ihres Landes zu kämpfen.

Dies führt dazu, dass der Iran nun seit über vierzig Jahren in einem Teufelskreis aus der Terrorherrschaft des Regimes von Teheran, der Inkompetenz der antiklerikalen Opposition, die stattdessen Svetlana Tichanovskaya und George Soros beschuldigen, den Regimechange, der eigentlich für den Iran bestimmt war, gestohlen zu haben, sowie dem Grössenwahn dieser antiklerikalen Opposition und dem daraus resultierenden Leid steckt. Währendessen finden überall sonst erfolgreiche «Farbenrevolutionen» statt und die Menschen in jenen Staaten, wie eben zum Beispiel der Ukraine, Georgien, dem Sudan etc. schaffen es, sich aus den Klauen von Autokraten und Despoten zu befreien. Was gute Nachrichten sind. Nur wäre es an der Zeit, dass die Iraner von den Erfolgen der Sudanesen, Ukrainer und Georgier lernen, anstatt sich weiterhin dem Neid und Grössenwahn hinzugeben. Solange dies nicht der Fall ist, kann das Regime weiter den Iran und die Region terrorisieren und die Welt erpressen.

 

* Vatanforoosh bedeutet auf Persisch «Landesveräter» und so nennen mich Iraner, weil ich als Georgierin nicht auf Georgiens Unabhängigkeit verzichten will, kein Farsi spreche, mich der persischen Kultur nicht zugehörig fühle und nicht bereit bin, für den Iran zu sterben. Den Iranern, die in mir deshalb eine Landesverräterin sehen, sei gesagt: «Dissent is the highest form of Patriotism» (dt. Dissens ist die höchste Form des Patriotismus.)

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Bekenntnisse eines Vatanforoosh*: Die antiklerikale Opposition hat wieder mal einen Vogel abgeschossen

Geehrte LeserInnen!

Es ist wieder Zeit für einen Beitrag aus meiner allseits beliebten Reihe «Bekenntnisse eines Vatanforoosh», denn iranische antiklerikale Oppositionelle haben wieder etwas angestellt, bei dem vernunftbegabte Menschen nicht wissen, ob sie lachen oder weinen sollen. Es geht darum, dass exil-iranische Oppositionelle in den letzten Monaten auf Fallen des iranischen Regimes reingefallen sind und deshalb vom iranischen Regime gefangen genommen werden konnten. Prominentes Beispiel für diesen Irrsinn ist der Gründer der Nachrichtenseite «AMAD News», Ruhollah Zam. Dieser ist in den Irak gereist, weil ihm angeblich eine schöne Frau 25 Millionen Dollar versprochen hatte. Dies stellte sich als Falle der Pasdaran/Revolutionsgarden heraus, er wurde im Irak entführt und in den Iran gebracht, wo er nach einem Schauprozess zum Tode verurteilt wurde und nun auf seine Hinrichtung wartet. Als dies geschah, verglich ein iranischer Bekannter dies mit dem sogenannten «Enkeltrick», bei dem ältere Menschen um ihr Vermögen und ihre Würde gebracht werden. Aber Ruhollah Zam ist nicht so alt, um senil und dement zu sein, um diese unglaubliche Ignoranz zu erklären.

Aber Ruhollah Zam war nicht der einzige antiklerikale Oppositionelle, der, einem dementen Alten gleich, vom iranischen Regime nach Strich und Faden verarscht wurde: Wie einige Medien in den letzten Tagen berichtet haben, so wurde ein anderer antiklerikaler Oppositioneller namens Jamshid Sharmahd aus dem sicheren amerikanischen Exil nach Dubai gelockt, von dort zuerst in den Oman überstellt und danach in den Iran entführt und schliesslich gefangen genommen. Herr Sharmahd war offensichtlich der Vorsitzende einer monarchistischen Oppositionsgruppe namens «Tondar» (dt:Donner), die ihren Sitz in Kalifornien hat und von dort ihre Oppositionstätigkeit koordiniert. Nun sitzt auch er in einem der berühmt-berüchtigten Foltergefängnisse des iranischen Regimes und wartet darauf hingerichtet zu werden.

Und Menschen wie unsereiner fragen sich, wie diese antiklerikalen Oppositionellen so verdammt naiv sein können, um auf solche Teufeliaden des Regimes reinzufallen und das (halbwegs) sichere Exil zu verlassen, um dann zu Geiseln des Regimes zu Teheran zu werden. Noch naiver sind nur die Anhänger der Unglückseligen, die diese Posse, auf die ihre Idole reingefallen sind, auch noch verteidigen und nun mit Petitionen, Solidaritätsaufrufen und dergleichen für sie hausieren gehen.

Ich wünsche mir sehr, dass das iranische Regime bald auf dem Müllhaufen der Geschichte landet, doch ich kann mich nicht mit Menschen solidarisieren, die so grob fahrlässig und naiv handeln und damit sich und andere gefährden, wenn selbst ich als Nicht-Iranerin weiss, wie gefährlich das Regime zu Teheran ist und darum per se bestimmte Länder, Covid-19 hin oder her, schlicht meide, weil ich zu paranoid bin, dass ich dort festgenommen und eventuell an den Iran überstellt werde. Bei diesen Staaten handelt es sich nicht nur um fragile Staaten, die auf dem besten oder schlechtesten Weg sind, «failed states», zu Deutsch «gescheiterte Staaten», zu werden wie zum Beispiel Afghanistan oder der Irak. Nein, ich meide auch Staaten wie Armenien, die Türkei und andere Staaten, die für bessere Beziehungen zu Teheran, sprich für etwas «Schwarzes Gold», d.h. Erdöl, über Leichen gehen würden. Und wie gesagt: Ich bin keine Iranerin, aber ich engagiere mich lange genug gegen das Regime zu Teheran, um zu wissen, dass dieses schon die Französin Clothilde Reiss als Geisel gehalten hat und nun die australisch-britische Doppelbürgerin Doktor Kyle Moore-Gilbert als Geisel hält. Wenn das Regime keine Skrupel kennt, Nicht-Iraner als Geiseln zu nehmen, dann müssen Iraner doppelt und dreifach Vorsicht walten lassen, um nicht in die Fänge des Regimes zu Teheran zu gelangen, zumal der Iran doppelte Staatsbürgerschaften nicht anerkennt.

Somit ist die Naivität die von Teilen der antiklerikalen Opposition an den Tag gelegt wird, einfach nicht zu verantworten und nicht zu verteidigen. Aber wenn Sie meiner Schreibe zu diesem Thema folgen, dürfte es Sie nicht überraschen, dass ich Teilen der iranischen Opposition attestiere, noch chaotischer und unorganisierter als ein Bordell und weder willens, noch fähig zu sein, das Regime von Teheran herauszufordern, und stattdessen im Grössenwahn und in den gescheiterten Imperien vergangener Tage Trost zu suchen. Somit ist die jetzige Situation, so tragisch sie auch ist, nicht weiter überrraschend, denn würden Teile der antiklerikalen Opposition das Regime zu Teheran mit dem gleichen Furor bekämpfen, mit dem sie dieser Tage in Fettnäpfchen treten und davon träumen Nakhchivan, Lazestan und Derbent zu erobern, wäre das Regime nunmehr Geschichte.

Um diesen Text mit etwas Positivem abzuschliessen: Durch die grobfahrlässige Inkompetenz und den Grössenwahn der antiklerikalen iranischen Opposition gehen mir zumindest in nächster Zeit nicht die Themen zum Schreiben aus. Was nicht nur mich, sondern auch Sie, meine sehr geschätzten Leser und Leserinnen sicher sehr freut. In diesem Sinne: Man liest sich bald.

*Vatanforoosh bedeutet auf Persisch «Landesveräter» und so nennen mich Iraner, weil ich als Georgierin nicht auf Georgiens Unabhängigkeit verzichten will, kein Farsi spreche, mich der persischen Kultur nicht zugehörig fühle und nicht bereit bin, für den Iran zu sterben. Den Iranern, die in mir deshalb eine Landesverräterin sehen, sei gesagt: «Dissent is the highest form of Patriotism» (dt. Dissens ist die höchste Form des Patriotismus.)

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