Bekentnisse eines Vatanforoosh*: Ein paar Gedanken zum einundvierzigsten Jahrestag der Islamischen Revolution

In diesen Tagen ist der einundvierzigste Jahrestag der Islamischen Revolution, des Ereignisses, dass den Nahen- und Mittleren Osten zivilisatorisch um Jahrzehnte, wenn nicht um Jahrhunderte zurückgeworfen und den Iran zu einem Exporteur einer terroristischen und irredentistischen Ideologie gemacht hat. Für mich ein Grund, dazu ein paar Zeilen zu schreiben und warum das Regime immer noch da ist.

Denn vorallem die letzten Wochen haben genug Stoff für Artikel von meiner Wenigkeit geliefert. Primär wegen dem Abschuss des ukrainischen Passagierflugzeugs durch Revolutionsgarden. Vor einigen Wochen schrieb ich dazu das Folgende:

«Diese traurige Tatsache soll uns vor Augen führen, dass das iranische Regime nie auch nur in die Nähe von Atomwaffen gelangen sollte, denn das iranische Regime kann nicht einmal mit einer Steinschleuder oder einem Luftabwehrsystem verantwortungsvoll umgehen, geschweige denn mit Atomwaffen. Wie immer plädiere ich deshalb für echte  Sanktionen, die dazu führen, dass in Teheran der «Vertrag von Golestan» im Vergleich zu den Sanktionen wie ein Geschenk des Himmels erscheint, und für ein Ende des sogenannten «kritischen Dialogs» und des «Wandels durch Annäherung» weil das Regime diese Formen der Diplomatie nicht ernst nimmt, sondern als Schwäche des Westens ansieht und deshalb von Tag zu Tag dreister und gestörter agiert. Und dieses Verhalten des Regimes von Teheran hat weder etwas mit den USA noch mit Trump zu tun, wie der absolut leichtsinnige Abschuss des ukrainischen Passagierflugzeugs beweist. Denn vermeintliche Trump-Kritiker können nicht erklären, mit was diese Schikanen gegenüber den ukrainischen Behörden von Seiten der Iraner gerechtfertigt sein sollen. Was hat die Ukraine dem Iran getan, dass die Unverschämtheiten von Seiten Teherans gegenüber der Regierung in Kiew legitimiert? Die Antwort lautet: Nichts! Und trotzdem dürfen wir davon ausgehen, dass das Regime zu Teheran auch diese Gelegenheit nutzen wird, um ein vermeintlich schwächeres Land, in diesem Fall die Ukraine, zu schikanieren und zu terrorisieren, und das obwohl die Schuld klar beim Regime von Teheran liegt. Dies ist nicht weiter überraschend, schlicht und ergreifend deshalb, weil dies der Modus operandi des irredentistischen und islamo-faschistischen Regimes von Teheran ist.»

Nun bin ich keine Hellseherin, aber selbst für mich war von Anfang klar, dass das Regime sowohl die Maschine abgeschossen hat, als auch dass es nun, so gut es geht, die Affäre zu vertuschen versuchen und dabei die Ukraine schikanieren wird. Wie immer, wurde ich darin bestätigt. Denn am 3. Februar 2020 konnte man in verschiedenen Medien lesen, dass die Iraner den Ukrainern weder den Flugschreiber aushändigen werden, noch bereit sind, weitere Informationen mit den ukrainischen Behörden zu teilen, weil die Ukraine ein Rechtsstaat mit Pressefreitheit ist und die ukrainischen Medien eine iranische Audiodatei veröffentlicht haben, aus der klar hervorgeht, dass die iranischen Behörden von Anfang wussten, dass sie die ukrainische Passagiermaschine abgeschossen haben.

Solche Ereignisse zeigen einserseits ganz klar die Gefährlichkeit des Henkerregimes zu Teheran, dass diese Woche den einundvierzigjährigen Jahrestag seiner Terrorherrschaft zelebriert, andererseits verdeutlichen solche Ereignisse auch, dass das Regime so skrupellos ist, dass es bereit ist, wortwörtlich über die Leichen von unbeteiligten Zivilisten, in diesem Fall, der Besatzung und der Reisenden des ukrainischen Passagierflugzeugs, zu gehen. Alles für den Machterhalt.

Denn das Henkerregime hat keinerlei demokratische und/oder moralische Legitimität, um über den Iran zu herrschen. Dass das Regime der Statthalterschaft der Gelehrten immer noch nicht auf dem Müllhaufen der Geschichte ist, hat, meiner Ansicht nach, zwei Gründe.

Zuallererst wäre da das das Fehlen ausländischer Unterstützung. Nur ist das Fehlen ausländischer Unterstützung für Demokratieaktivisten und echte Menschenrechtler kein Novum, wie der Blick in den post-sowjetischen Raum zeigt.

Natürlich ist es tragisch, dass die Trinität aus Emmanuel Macron, Boris Johnson und Angela Merkel der iranischen Zivilbevölkerung die Unterstützung verweigern. Aber auch die fehlende Unterstützung aus dem Ausland allein erklärt nicht und entschuldigt nicht das Versagen der Iraner, warum es noch keinen Regime-Change gab. Wie ich schon in früheren Beiträgen schrieb Länder wie Tunesien, der Sudan und die Ukraine hatten weit weniger internationale Unterstützung als der Iran und haben es trotzdem geschafft, ihre Despoten zu verjagen. Die Sudanesen schafften es sogar, den Massenmörder Omar Al-Bashir zu entmachten! Die Ukraine hat nun durch freie und faire Wahlen zum ersten Mal in der Geschichte einen russischsprachigen Juden zum Präsidenten und der Iran wird immer noch von Mullahs regiert, die sich nicht davor scheuen, Menschen am helllichten Tag an Baukränen aufhängen zu lassen. Während die gebildeten und talentierten Iraner in Scharen das Land verlassen, denn neben dem Export von Terrorismus, ist der Iran weltweit führend beim sogenannten «Brain-Drain».

Zum Anderen sollte man aber nicht den persischen Chauvinismus innerhalb der antiklerikalen Opposition vergessen, worüber schon iranische Journalisten wie Raman Ghavami und Rahim Hamid geschrieben haben, und der dazu führt, dass Aserbaidschaner, Kurden und Balochen immer mehr für separatistische Bestrebungen empfänglich werden. Diese separatistischen Bestrebungen sind noch, schlecht organisiert und demzufolge derzeit keine Bedrohung für die territoriale Integrität des Iran. Das bedeutet allerdings nicht, dass diese separatistischen Bestrebungen nicht in Zukunft zu einem massiven und eventuell irreversiblen Problem werden könnten. D.h. derzeit profitieren sowohl das Regime der Islamischen Republik Iran wie auch, zum Teil, die Opposition von der Unfähigkeit und Führungslosigkeit der Minderheiten innerhalb des Iran in ihren separatistischen Bestrebungen.

Ich möchte die antiklerikale Opposition explizit in meiner Kritik bezüglich der Geisel des persischen Chauvinismus berücksichtigen. Für zu viele Iraner, sowohl Regime-Anhänger wie leider auch antiklerikale Oppositionelle, war der Zusammenbruch der Sowjetunion keine Warnung, sondern eine Einladung, sich die kaukasischen und zentralasiastischen Ex-Sowjetrepubliken unter den Nagel zu reissen und so das Persische Reich wieder auferstehen zu lassen. Für die antiklerikalen Oppositionellen ist der Glaube an die Wiederauferstehehung des Persischen Reiches eine Art säkulares Substitut für Religion, weil der Islam für ihren imperialistischen Wahn nicht mehr Antrieb, sondern ein Hindernis ist, und andere Religionen wie das Christentum, Judentum und Bahaismus nicht so leicht bereit sind, Konvertiten aufzunehmen wie der Islam, hinzu kommt, dass diese Iraner oftmals rechts der Mitte ihre politische Heimat haben und ihnen deshalb der Kommunismus des ollen Marx nicht zusagt. Genau diese Iraner, die noch immer Geiseln ihres ureigenen, persischen Chauvinismus sind, halten das Regime an der Macht.

Und deshalb meine ich, dass so lange die antiklerikale Opposition nicht bezüglich des persischen Chauvinismus über die Bücher geht und sich ihrer historischen Leichen im Keller stellt. Wie ich schon in «Freiheit ist keine Metapher» (Querverlag, Berlin 2018) geschrieben habe, gab es während der dynastischen Herrschaft der Safawiden vom 16. bis zum 18. Jahrhundert keinen iranischen Haushalt ohne georgische Sklaven. Die Safawiden und andere Schahs schafften es mit ihrer chauvinistischen Politik, die Grausamkeiten der beliebten Fernsehserie «Game of Thrones» im Kaukasus wie einen Kindergeburtstag aussehen zu lassen.

Die Theorie, wonach solche Imperien wie die Perserreiche der Sassaniden und Safawiden durch eine defensive oder pazifistische Aussenpolitik entstehen konnten, ist geradezu lachhaft. Übrigens, als Jüdin bin ich es leid, ständig über Kyros den Grossen belehrt zu werden, als ob die Befreiung von uns Juden aus babylonischer Gefangenschaft es für die Perserreiche legitimieren würde, für die darauffolgenden 2500 Jahre eine Politik aus Fratrizid, Ethnozid und Versklavung zu praktizieren. Solange aber die antiklerikale Opposition, ähnlich dem Regime, eine revisionistische Sicht auf die Geschichte der Persischen Reiche hat, solange wird es meiner Ansicht nach keinen Regime-Change geben. Ich lasse mich natürlich gerne eines besseren belehren, doch ich habe das dunkle Gefühl, dass ich nächstes Jahr um diese Zeit ähnliche Zeilen verfassen werde.

*Vatanforoosh bedeutet auf Persisch «Landesveräter» und so nennen mich Iraner, weil ich als Georgierin nicht auf Georgiens Unabhängigkeit verzichten will, kein Farsi spreche, mich der persischen Kultur nicht zugehörig fühle und nicht bereit bin, für den Iran zu sterben. Den Iranern, die in mir deshalb eine Landesverräterin sehen, sei gesagt: «Dissent is the highest form of Patriotism» (dt. Dissens ist die höchste Form des Patriotismus).

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Rohani, der falsche Reformer

Geehrte LeserInnen!

Derzeit werden wir von einem Trend heimgesucht, bei dem die Islamische Republik Iran mit der Sowjetunion in den Achtzigern und Hassan Rohani mit Michail Gorbatschow verglichen wird. Diese Widerlichkeit löst in mir körperliches Unwohlsein aus, denn man muss weder Kommunist sein noch irgendwelche Sympathien für Michail Gorbatschow haben, um zu verstehen, dass diese Vergleiche die Schrecken des Regimes der Islamischen Republik relativieren. Deshalb schreibe ich in diesem Beitrag, warum Rohani kein iranischer Gorbatschow ist und warum wir aus Teheran keine «Perestroika» erwarten sollten.

Zuallererst: Unter dem sogenannten Reformer Rohani, der sich selbst übrigens nicht als «Reformer», sondern als sogenannten «Moderaten» sieht, gibt es keine Reformen in der Islamischen Republik Iran. Stattdessen werden immer noch riedliche Proteste gewaltsam unterdrückt und Menschenrechtler werden ins Gefängnis geworfen oder verlassen aus Angst den Iran und schliessen sich der iranischen Diaspora an, weil sie schlicht für sich keine Zukunft unter dem jetzigen Regime sehen.

Aber das Fehlen von Menschen- und Bürgerrechten ist nicht das Einzige, das zeigt, dass Rohani die Karikatur eines orientalischen Despoten, aber kein echter Reformer ist. Konkret wäre da noch sein fehlendes Engagement für die Opfer der Naturkatastrophen, die den Iran in den vergangenen Jahren heimgesucht haben. Während Gorbatschow aus dem Tschernobyl-Desaster gelernt hatte und nach dem Erdbeben von Spitak 1988 westliche Staaten, darunter die USA, trotz des Kalten Krieges, um humanitäre Hilfe bat, die auch vom amerikanischen Präsidenten Reagan zur Verfügung gestellt wurde, wies die Regierung von Hassan Rohani die Hilfsangebote der Israelis und Amerikaner brüsk ab und lässt iranische Bürger nun wörtlich auf dem kalten Boden schlafen. Dies ist übrigens kein Novum für das Regime der Islamischen Republik Iran: 2017 wurden die ersten Bilder von Obdachlosen in den Slums im Süden Teherans veröffentlicht, die auf Friedhöfen, in Gräbern nächtigen. Allerdings handelte sich bei diesen Obdachlosen vielfach um Drogenabhängige und Strassenkinder. Die Menschen, die nun im Iran unter freiem Himmel nächtigen müssen, sind hingegen Opfer von Naturkatastrophen. Während also Gorbatschow, weil er schlicht und ergreifend kein menschenverachtender Unhold ist, damals seinen Stolz heruntergeschluckt hat, um den Menschen in Armenien damals so gut es geht zu helfen, anstatt die Katastrophe zu vertuschen, lässt die iranische Regierung heute die Einwohner des Iran mit ihrem Elend im Stich.

Aber das ist noch nicht alles: Während Gorbatschow nach dem Massaker von Tbilisi am 9. April 1989 eine für sowjetische Verhältnisse unabhängige Untersuchungskommision einsetzte und am Ende zugab, dass das Militär unbewaffnete Demonstranten angegriffen hatte, was zum Tod von über 20 Demonstranten, mehrheitlich Frauen, führte. Das, obwohl er wusste, dass diese Fakten der georgischen Unabhängigkeitsbewegung dienlich sein würden, Rohani dagegen leugnet weiterhin das Offensichtliche und beschwichtigt sowohl die Einwohner des Iran wie auch Regime- und Islam-Apologeten ausserhalb und erzählt etwas vom Pferd, sprich von Progress der nur in den Köpfen von naiven Geschöpfen stattgefunden hat. Obwohl die Fakten eine andere Geschichte erzählen, wie zum Beispiel die des nicht aufzuhaltenden Brain-Drains, unter dem der Iran leidet.

Des Weiteren, wie die in London ansässige, oppositionelle Nachrichtenseite «Iran International» am 29. Januar berichtet hatte, weigerte sich der staatliche Rundfunk des Iran, IRIB, eine Rede Rohanis auszustrahlen. D.h. selbst wenn Rohani ein iranischer Gorbatschow sein wollen würde, könnte er keiner sein, da er schlicht und ergreifend machtlos ist. Weil in der Islamischen Republik Iran alle Macht beim sogenannten obersten Religionsführer, Ali Khameini, und den Revolutionsgarden konzentriert ist. Und diese wollen diese Macht unter keinen Umständen abgeben und so werden wir alle anstatt Zeuge von echten Reformen im Iran Zeugen einer bizarren «Guter Cop/Böser Cop»-Masche, die das Regime seit den Tagen von Khatami perfektioniert und die es nun benutzt, um den sogenannten «Iran-Deal» zu retten, der von Anfang an, auf die Gefahr hin, wie eine kaputte Schallplatte zu klingen, eine Totgeburt war.

Was es stattdessen meiner Meinung nach braucht, sind effektive Sanktionen, die den Handlungsspielraum des Regimes massiv einschränken und so verhindern, dass das Mullahregime zu Teheran weiterhin seine regionalen Nachbarn schikanieren und Terror exportieren kann. Denn nichts anderes tut das Regime, das ausser Terror derzeit nur Petro-Chemie, Pistazien und Safran im Angebot hat und, das darf man nicht vergessen, durch Proxies wie die Hisbollah für den grössten Massenmord an jüdischen Zivilisten nach dem zweiten Weltkrieg, das AMIA-Attentat, verantwortlich ist.

Zu guter Letzt beleidigt man mit dem Vergleich von Rohani und Gorbatschow nicht nur tatsächliche Reformer, sondern man impliziert auch, dass der Iran als solcher kurz vor dem Zusammenbruch steht. Denn die Sowjetunion ist Ende der Achtziger nicht nur ökonomisch gescheitert, sondern auch aufgrund des russischen Chauvinismus gegenüber nicht-slawischen, nicht christlich-orthodoxen Minderheiten als Staat zusammengebrochen. Heute den Iran mit der Sowjetunion unter Gorbatschow zu vergleichen, würde demnach bedeuten, dass man glaubt, dass nicht nur das Regime kurz vor dem Untergang ist, sondern der Iran als Nation kurz vor dem Kollaps und darum auf bestem Wege, ein «failed state» zu werden. Dem ist aber nicht so. Zwar hat auch der Iran Probleme mit separatistischen Bestrebungen von Seiten der Kurden, Aserbaidschaner und Balochen, die durch den persischen Chauvinismus angefeuert werden. Aber im Gegensatz zur Sowjetunion in den Achtzigern sind diese separatistischen Bestrebungen schlecht organisiert und demzufolge noch keine Bedrohung für die territoriale Integrität des Iran. Alles in allem sind Vergleiche zwischen Gorbatschow und Rohani und der Sowjetunion der Achtziger mit dem Iran von heute so unterkomplex, dass sie schlicht falsch sind.

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