Der Kolchose-Diktator bittet zur Wahl

Geehrte LeserInnen!

Es gibt wieder einmal Neuigkeiten aus Belarus, dem Land östlich des Bugs*, das zwischen Polen und Russland liegt und selten in den Schlagzeilen ist, trotz der Tatsache, dass es seit mehr als einem Vierteljahrhundert vom Kolchose-Diktator Alexander Lukaschenko regiert wird. Wie der unrühmliche Titel «Kolchose-Diktator» schon nahelegt, so schämt sich Lukaschenko kein bisschen, als der letzte Despot Europas und Schosshund Putins angesehen zu werden, was auch die Tatsache nahelegt, dass Belarus immer noch das letzte Land Europas ist, indem noch die Todesstrafe vollstreckt wird!

Nun bittet der Kolchose-Diktator mal wieder zur Wahl, die weder frei noch fair ist und bei der schon jetzt ein Sieger feststeht: Alexander Lukaschenko. Es sind dieser Tage schon über 250 Menschen in Belarus verhaftet worden. Und was tut die freie Welt? Was machen zivilisierte Staaten? Gibt es Demonstrationen und Aufrufe zu Boykotten gegen die Herrschaft des Kolchose-Diktators und seines Reiches aus Birkensaft, Traktoren und Kartoffelstärke? Nichts da! Potentielle Sanktionen wurden zwar von Politikern wie Josep Borell ins Spiel gebracht, aber geschehen ist bisher nichts und so kann sich der Kolchose-Diktator zurücklehnen und eine weitere Amtszeit geniessen, in der er das Volk von Belarus schikanieren und seiner Würde berauben kann. All das während man in der zivilisierten Staaten die Augen verschliesst und die Hände in den Schoss legt angesichts dessen, was in Belarus passiert.

Weder Indifferenz noch die Ignoranz gegenüber dem, was östlich des Bugs passiert, ist wirklich neu für mich und andere aus dieser Ecke. Wie ich schon in früheren Beiträgen erinnert habe, schrieb Noe Jordania, der erste demokratisch gewählte Premierminister Georgiens, das Folgende über Europa:

“Die europäische Gesellschaft ist müde, sie fühlt nicht mit dem Schmerz der anderen, sie erkennt den Schmerz der anderen nicht mal und sie kümmert sich nur um eine Sache: Unter ihresgleichen zu sein, friedlich, ohne Sorgen.»

Nun könnte man denken, dass die Schrecken durch die totalitären Ideologien des zwanzigsten Jahrhunderts die Europäer eines Besseren belehrt hätten, doch dem ist offensichtlich nicht so. Stattdessen kuscht man in Europa ohne Not vor Autokraten und despotischen Regimen wie eben zum Beispiel dem Regime des Kolchose-Diktator Lukaschenko, den man eigentlich ohne grosse Anstrengungen sanktionieren könnte, so dass er am Ende das tun müsste, was Janukowitsch und Schevardnadze vor ihm getan hätten. Somit verhindert man aufgrund von Indifferenz und Ignoranz echten Fortschritt. Schlimmer noch: Überall dort, wo die Zivilisation zurückweicht, gedeiht Regression und somit fördert man mit dieser Politik des Laissez-faire und Lassez-aller einen Abbau von zivilisatorischen Errungenschaften wie Menschen- und Bürgerrechten.

Diese Aussenpolitik der zivilisierten Staaten ist ein echtes Ärgernis für mich und führt dazu, dass der post-sowjetische Raum, aber nicht nur der, Despoten wie Putin und deren Lakaien wie Lukaschenko zum Frass vorgeworfen wird. Darunter leiden nicht nur Menschen in Russland, sondern ganz besonders Menschen im post-sowjetischen Raum, die nicht vom Regime des KGB-Zwergs Putin und dessen Lakaien regiert werden möchten und die de jure in unabhängigen Staaten leben, de facto aber vom Kreml und dessen Marionetten beherrscht werden. Es ist auch ein echtes Ärgernis für mich, wenn Relativierer und Apologeten diese ganze Farce inklusive dieser Fake-Wahl des Kolchose-Diktators aus ihrem warmen Kämmerlein, das in einem demokratischen Rechtsstaat liegt, der nicht vom Kreml bedroht oder gar okkupiert ist, verteidigen. Diese Berufsrelativierer und -apologeten sind für mich die Essenz der moralischen Verkommenheit, die die Meinungsfreiheit nutzen, die ihnen funktionierende Rechtsstaaten bieten, um despotische Regime zu verteidigen.

Im Endeffekt profitiert nur eine Gruppe von diesem Desaster: Nämlich die der Despoten und Autokraten, so erbärmlich und machtlos sie auch ausserhalb ihrer Gefilde sind wie zum Beispiel Erdogan der Teekessel-Diktator vom Bosporus oder eben Lukaschenko, der Kolchose-Diktator, der im Gegensatz zu Erdogan nichts in der Hand hat, womit er die zivilisierte Welt erpressen könnte. Trotzdem kann er den starken Mann mimen und eine solche Posse veranstalten, die, wenn die ganze Situation nicht so tragisch wäre, zum Lachen wäre. Alles in allem gleicht die Politik der zivilisierten Welt gegenüber dem post-sowjetischen Raum deshalb einer Tragik-Komödie aus dem Jiddischen Theater aus der Zeit der letzten Jahrhundertwende. Diese ganze Situation macht mich schier sprachlos.

*Der Bug ist ein Fluss in Polen, der Ukraine und Belarus, der traditionell Grenze zwischen den Katholiken im Westen und den orthodoxen Christen im Osten war.

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