Das AKP-Regime dürstet es nach weiteren Geiseln

Bei einer Kundgebung in Ankara hat Süleyman Soylu, der Innenminister des AKP-Regimes, das zugegeben, was sowieso kaum zu leugnen war: Dass nämlich das AKP-Regime und seine Spitzel ausserhalb der Türkei Erdogan-Kritiker ausspioniert haben, um diese dann festnehmen zu können, sobald sie türkischen Boden betreten. Dieses neuerliche Dürsten nach Geiseln des AKP-Regimes ist aus zwei Gründen gefährlich:

  • Wie frühere Fälle zeigen, zum Beispiel die Affäre um den deutschen Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner, der beschuldigt wird eine bewaffnete Terrororganisation unterstützt zu haben, nimmt das AKP-Regime nicht nur türkischstämmige Menschen als Geiseln.
  • Der Flughafen von Istanbul ist ein wichtiger Hub für Reisen von Europa nach Asien und vice-versa. Das heisst als Reisender muss man nun höllisch aufpassen, wo man umsteigt, weil man sonst beim Umsteigen in Istanbul verhaftet werden könnte, da man Erdogan und seine korrupte Clique irgendwann auf Facebook kritisiert hat. De facto schränkt Erdogan so die Reise- und Bewegungsfreiheit vieler Menschen ein.
    Wenn ich zum Beispiel. nach Tbilisi will, um dort die Gräber meiner Grosseltern zu besuchen. habe ich effektiv nur noch die Möglichkeit über Frankfurt oder Kiew zu fliegen.

Dies zeigt, dass die Politik des Teekessel-Diktators vom Bosporus und seiner Gehilfen uns alle, früher oder später, trifft und deshalb Relativierungen und sogenannte «kritische Dialoge» absolut fehl am Platz sind. Was es stattdessen braucht, sind harte Sanktionen, welche die nepotistischen Islamisten des AKP-Regimes das Fürchten lehren. Denn es gibt eine Zeit für Dialog und eine Zeit in der man zu handeln hat. Ganz besonders gilt es zu handeln, wenn vor unser aller Augen die türkische Billigstversion von Khomeini, der Teekessel-Diktator vom Bosporus, dabei ist die Türkei immer mehr in eine islamische Republik, sprich eine Theokratie zu verwandeln und er zudem die Unverschämtheit besitzt Ausländer als Geiseln zu nehmen, einem gemeinen Wegelagerer gleich. Sonst bekommt der olle Marx doch noch Recht mit seinem Satz: «Geschichte wiederholt sich, zuerst als Tragödie, dann als Farce.»

Die antiklerikale, iranische Opposition: Ein Lagebericht

Geehrte Leser!

Schon vor einiger Zeit schrieb ich einen Bericht, der sich mit dem Zustand der antiklerikalen, iranischen Opposition im angelsächsischen und im deutschsprachigen Raum befasste. Nun, da das Regime und seine Anhänger das vierzigjährige Jubiläum der islamischen Revolution feierten, ist es meiner Meinung an der Zeit, wieder einen Blick darauf zu werfen, wie es um die antiklerikalen Oppositionellen steht. Besonders, da mein vorheriger Bericht hart mit diesen Oppositionellen ins Gericht ging.

Was hat sich seitdem verändert? Nun, im Jahr 2018 rollte eine riesige Protestwelle über die Islamische Republik. Sowohl kurdische Umweltschützer, wie auch streikende Arbeiter in der «Haft Tappeh» Zuckerfabrik in Susch, im Süd-Iran, wie auch Studenten an den verschiedenen Universitäten von Teheran drückten ihr Missfallen über die Existenz der sogenannten Statthalterschaft der Rechtsgelehrten und den obersten Religionsführer Khameini aus. Und die antiklerikale Opposition im Exil, was tat die? Diese Opposition versuchte, die Protestierenden im Iran, so gut es eben ging zu unterstützen und schloss sich nun zu einem Netzwerk, namens «Farshgard»/ «Iran Revival» zusammen, das primär in Sozialen Netzwerken wie «Twitter» aktiv ist. Damit hat es sich im Grossen und Ganzen.

In meinem letzten Bericht schrieb ich darüber, dass der iranischen Opposition Führungspersönlichkeiten fehlen. Auch hier tat sich kaum etwas, denn entweder sind die Frauen, die man als «Salz der Erde» bezeichnen könnte, wie Narges Mohammadi und Nasrin Sotoudeh im Gefängnis, oder man hofft darauf, dass der Kronprinz, seine Hoheit Reza Pahlavi, aus dem amerikanischen Exil zurückkehrt. Daneben habe ich Vorschläge für das Amt eines Präsidenten, gehört, die absolut unrealistisch und bizarr waren, wie die Sängerin Googoosh, den Komiker Kamran Atabaki und den jetzigen, israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu. Ja, die Iraner sind verzweifelt und ich merke es, auch und gerade deshalb, wenn Jugendliche aus dem Iran zum Grab von Kyros dem Zweiten pilgern, in der Hoffnung, dass dieser a` la Dracula nach Sonnenuntergang von den Toten auferstehen und dem Mullahregime den Gar ausmachen würde. Wie man sieht, hat sich bezüglich einer passablen Führungspersönlichkeit wenig getan, seit meinem letzten Bericht.

Auch in Bezug auf regressive Elemente innerhalb der iranischen, antiklerikalen Opposition muss, meiner Ansicht nach, ein Augenmerk gerichtet werden. Damit beziehe ich mich auf die langsame Infiltration von Personen, die Organisationen, wie den Volksmujaheddin nahestehen und deshalb in andere oppositionelle Netzwerke, in parasitärer Manier, eindringen. Etwas, das mir nicht bewusst war und das mich im letzten Jahr extrem hart getroffen hat, ist der Irredentismus innerhalb der Exil-iranischen Gemeinschaft und besonders der antiklerikalen Opposition. Mir ist bewusst geworden, dass dieser Irredentismus für viele iranische Oppositionelle ein säkularer Religionsersatz ist, eine Art Trost für das Leben im unfreiwilligen Exil, doch trotzdem treffen mich die Morddrohungen und auch die generelle Dehumanisierung von Nicht-Iranern aus diesem Umfeld sehr.

Ein paar Beispiele:

  • Einmal beschimpfte mich ein Exiliraner als «Vatanforoosh» (dt: Landesverräter) und «dirty gorji» (dt: dreckige Georgierin) und drohte mir damit, meine Kehle durchzuschneiden.
  • Ein anderes Mal beschimpfte man mich als «bisharaf» (dt: ehrlos), «dirty Tork» (dt: dreckige Türkin), als «lower than Malakhor (dt: Heuschreckenfresser*), lower than animals» und wieder als Landesverräterin und drohte mir damit, meine Leichenteile an Hunde zu verfüttern.
  • Wieder ein anderes Mal, wurde mir damit gedroht mich mit dem gleichen Strick zu erhängen, wie Khameini, weil ich als «dirty gorji» keinen eigenen Strick verdienen würde. Des Weiteren drohte man mir, dass man das Werk von Mohammad Agha Khan vollenden würde.

Das alles nur deshalb, weil ich georgischer Herkunft bin und für mich die Unabhängigkeit Georgiens nicht zur Disposition steht, d.h. ich bin gegen eine Okkupation Georgiens von Seiten Russlands, der Türkei oder des Irans. Natürlich ist mir bewusst, dass nicht alle Iraner verkappte Irredentisten sind, doch die Tatsache, dass dem Treiben dieser Gestalten innerhalb der antiklerikalen Opposition nichts entgegensetzt wird, beunruhigt mich sehr. Insgesamt lässt sich sagen, dass solcher Chauvinismus regressives Verhalten begünstigt und dafür sorgt, dass das Henkerregime zu Teheran von der Unfähigkeit der Opposition, in einem unglaublichen Mass, profitiert. Das Henkerregime der Mullahs, das keinerlei demokratische oder moralische Legitimität besitzt, um über den Iran zu herrschen, profitiert auch von der Tatsache, dass grosse Teile der iranischen Diaspora, in den letzten Jahren, sehr unpolitisch oder gar opportunistisch sind. Oder wie «Iran Journal» am 11. Februar 2019, im Artikel «40 Jahre iranische Revolution: 40 Jahre Flucht und Vertreibung» schrieb: Die meisten Iraner, die heute in den Westen kommen,  sind unpolitische Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen das Land verlassen und sich im Westen ein besseres Leben erhoffen. Diese Leute denken zuerst an die Karriere und daran, ob eine politische Karriere für sie Nachteile haben könnte. Ausserdem arbeiten sie daraufhin schnellstens eingebürgert zu werden, um zwischen dem Iran und dem Westen hin- und herfliegen zu können. Die tatsächlichen Oppositionellen können das bis heute nicht. Und genau diese Melange aus Opportunismus, Irredentismus und anderem regressiven Verhalten ist es, die das Mullahregime am Leben hält, trotz allem. Summa summarum ist es der erbärmliche Zustand der Opposition, der die Statthalterschaft der Gelehrten immer noch zementiert. Und das ist die Tragödie, denn wie ich schon in meinem früheren Bericht schrieb: Der Iran hat, für einen Staat in der MENA-Region, eine, halbwegs funktionierende, fortschrittliche Zivilgesellschaft. Das sind gute Omen für eine weitere Demokratisierung. Wie auch die Tatsache, dass der oberste Religionsführer des Irans und der ganze Apparat des Regimes, im Gegensatz zu Erdogan in der Türkei und dem FSB-Apparatschik in Russland, nicht demokratisch legitimiert ist.

*Wörtlich bedeutet «Malakhor» auf Persisch «Heuschreckenfresser», gemeint sind damit aber Araber.