Wenn Russophilie zur Farce verkommt!

Geehrte LeserInnen!

Ich verstehe die von Sowjet-Nostalgie angefeuerte Russophilie vieler Linker nicht.

In Russland geht es, aufgrund des russischen Chauvinismus vieler Russen und des Kremls, vielen nicht-orthodoxen, nicht-slawischen Minderheiten extrem schlecht.

Zwei souveräne Nachbarstaaten Russlands, nämlich Georgien und die Ukraine, leiden unter der Okkupation ihres Territoriums durch russische Proxies.

Und diese russophilen Linken haben nichts besseres zu tun, als einem KGB-Apparatschtik zu huldigen, der heute für Regression und nichts anderes steht.

Bevor man mir Rassismus oder Russophobie vorwirft: Ich bin sicher in Russisch in Wort und Schrift und schätze die Werke von Bulgakov und Tolstoi, die ich sogar lieber habe, als zum Beispiel das Werk eines Goethe. Allerdings entschuldigt die Präsenz von Höhepunkten der russischen Kultur, wie zum Beispiel das Werk eines Andrei Rublyov, nicht den russischen Chauvinismus und den damit einhergehenden Irredentismus, unter denen Georgier, Balten, Ukrainer und Belarusen gelitten haben und teilweise immer noch leiden und die schliesslich zum Zusammenbruch der Sowjetunion geführt haben.

Es ist besonders befremdend, wenn jemand aus vermeintlichem Antiimperialismus ein gescheitertes Imperium wie Russland, das der Rechtsnachfolger der Sowjetunion ist, in welcher Form auch immer unterstützt und glorifiziert. Aber die Unterstützung von Russland, dem KGB-Zwerg im Kreml und das Betrauern der untergegangen Sowjetunion, sind nicht die einzigen, regressiven Hobbies von Teilen der Linken. Ein anderer, kruder Zeitvertreib ist die Unterstützung von BDS und Palästina. Sprich die Unterstützung eines Gebildes, das noch keine Nation und doch schon ein «failed state» ist, all das aufgrund eines mehr schlecht als kaschierten antisemitischen Ressentiments. Es scheint, dass Teile der politischen Linken so moralisch prostituiert sind, dass sie bereit sind, Antisemiten, Irredentisten und Chauvinisten zu unterstützen, und zwar so lange besagte Antisemiten, Irredentisten und Chauvinisten keine Amerikaner oder, Gott bewahre, israelische Juden sind.

Während schon den ersten, linken Berufs-Apologeten dämmert, dass der Teekessel-Diktator vom Bosporus, Recep Tayyip Erdogan, von Anfang an ein Anhänger der türkischen Synthese war, der davon träumt, das Osmanische Reich wiederauferstehen zu lassen, so ist man im Falle Russlands, aller Vernunft zum Trotz immer noch nachsichtig oder gleichgültig oder gar willentlich ignorant.

Wie ich aber schon in «Freiheit ist keine Metapher» (Querverlag, Berlin 2018) geschrieben habe, stärkt genau diese Gesinnung Imperialisten in der Verkleidung von Revolutionären und fördert so Regression. Aber das kümmert diese Charakteren nicht, sie beten weiterhin den KGB-Zwerg wie einen Säulenheiligen an und so kann man immer weiter deren moralische Verelendung beobachten. Nun könnte man denken, dass die Schrecken durch die totalitären Ideologien des zwanzigsten Jahrhunderts die Europäer eines Besseren belehrt hätten, doch dem ist offensicht nicht so.

Und so lässt sich diese bizarre Russophile heute nicht mehr nur unter Linken finden, die vom Zusammenbruch der Sowjetunion vor fast 30 Jahren immer noch traumatisiert sind, sondern auch bei christlich-konservativen, vermeintlich Libertären, die vom Leben im 21. Jahrhundert zunehmend überfordert sind und deshalb in Putin, einem Mann dessen Inkompetenz sich dadurch zeigt, dass er Anschläge, wie den Angriff auf die FSB-Zentrale in Moskau im Dezember 2019, nicht verhindern kann, einen Retter des christlichen Abendlandes sehen. Nur so nebenbei: Der FSB ist die Nachfolgeorganisation des KGB, deshalb war dieser Anschlag besonders blamabel.

Alles in allem ist Russophilie, die heute zu absolut unkritischer Anbetung des KGB-Zwergs und der irredentisischen Politik, die dieser Tage aus dem Kreml kommt, eine Farce und ein Verrat an Zivilisation als solcher und demzufolge nicht zu rechtfertigen. Stattdessen empfehle ich diesen Menschen die Lektüre von Martin Amis «Koba The Dread: Laughter and the Twenty Million» und Masha Gessens «Die Zukunft ist Geschichte» zur Selbstreflektion.

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Rohani, der falsche Reformer

Geehrte LeserInnen!

Derzeit werden wir von einem Trend heimgesucht, bei dem die Islamische Republik Iran mit der Sowjetunion in den Achtzigern und Hassan Rohani mit Michail Gorbatschow verglichen wird. Diese Widerlichkeit löst in mir körperliches Unwohlsein aus, denn man muss weder Kommunist sein noch irgendwelche Sympathien für Michail Gorbatschow haben, um zu verstehen, dass diese Vergleiche die Schrecken des Regimes der Islamischen Republik relativieren. Deshalb schreibe ich in diesem Beitrag, warum Rohani kein iranischer Gorbatschow ist und warum wir aus Teheran keine «Perestroika» erwarten sollten.

Zuallererst: Unter dem sogenannten Reformer Rohani, der sich selbst übrigens nicht als «Reformer», sondern als sogenannten «Moderaten» sieht, gibt es keine Reformen in der Islamischen Republik Iran. Stattdessen werden immer noch riedliche Proteste gewaltsam unterdrückt und Menschenrechtler werden ins Gefängnis geworfen oder verlassen aus Angst den Iran und schliessen sich der iranischen Diaspora an, weil sie schlicht für sich keine Zukunft unter dem jetzigen Regime sehen.

Aber das Fehlen von Menschen- und Bürgerrechten ist nicht das Einzige, das zeigt, dass Rohani die Karikatur eines orientalischen Despoten, aber kein echter Reformer ist. Konkret wäre da noch sein fehlendes Engagement für die Opfer der Naturkatastrophen, die den Iran in den vergangenen Jahren heimgesucht haben. Während Gorbatschow aus dem Tschernobyl-Desaster gelernt hatte und nach dem Erdbeben von Spitak 1988 westliche Staaten, darunter die USA, trotz des Kalten Krieges, um humanitäre Hilfe bat, die auch vom amerikanischen Präsidenten Reagan zur Verfügung gestellt wurde, wies die Regierung von Hassan Rohani die Hilfsangebote der Israelis und Amerikaner brüsk ab und lässt iranische Bürger nun wörtlich auf dem kalten Boden schlafen. Dies ist übrigens kein Novum für das Regime der Islamischen Republik Iran: 2017 wurden die ersten Bilder von Obdachlosen in den Slums im Süden Teherans veröffentlicht, die auf Friedhöfen, in Gräbern nächtigen. Allerdings handelte sich bei diesen Obdachlosen vielfach um Drogenabhängige und Strassenkinder. Die Menschen, die nun im Iran unter freiem Himmel nächtigen müssen, sind hingegen Opfer von Naturkatastrophen. Während also Gorbatschow, weil er schlicht und ergreifend kein menschenverachtender Unhold ist, damals seinen Stolz heruntergeschluckt hat, um den Menschen in Armenien damals so gut es geht zu helfen, anstatt die Katastrophe zu vertuschen, lässt die iranische Regierung heute die Einwohner des Iran mit ihrem Elend im Stich.

Aber das ist noch nicht alles: Während Gorbatschow nach dem Massaker von Tbilisi am 9. April 1989 eine für sowjetische Verhältnisse unabhängige Untersuchungskommision einsetzte und am Ende zugab, dass das Militär unbewaffnete Demonstranten angegriffen hatte, was zum Tod von über 20 Demonstranten, mehrheitlich Frauen, führte. Das, obwohl er wusste, dass diese Fakten der georgischen Unabhängigkeitsbewegung dienlich sein würden, Rohani dagegen leugnet weiterhin das Offensichtliche und beschwichtigt sowohl die Einwohner des Iran wie auch Regime- und Islam-Apologeten ausserhalb und erzählt etwas vom Pferd, sprich von Progress der nur in den Köpfen von naiven Geschöpfen stattgefunden hat. Obwohl die Fakten eine andere Geschichte erzählen, wie zum Beispiel die des nicht aufzuhaltenden Brain-Drains, unter dem der Iran leidet.

Des Weiteren, wie die in London ansässige, oppositionelle Nachrichtenseite «Iran International» am 29. Januar berichtet hatte, weigerte sich der staatliche Rundfunk des Iran, IRIB, eine Rede Rohanis auszustrahlen. D.h. selbst wenn Rohani ein iranischer Gorbatschow sein wollen würde, könnte er keiner sein, da er schlicht und ergreifend machtlos ist. Weil in der Islamischen Republik Iran alle Macht beim sogenannten obersten Religionsführer, Ali Khameini, und den Revolutionsgarden konzentriert ist. Und diese wollen diese Macht unter keinen Umständen abgeben und so werden wir alle anstatt Zeuge von echten Reformen im Iran Zeugen einer bizarren «Guter Cop/Böser Cop»-Masche, die das Regime seit den Tagen von Khatami perfektioniert und die es nun benutzt, um den sogenannten «Iran-Deal» zu retten, der von Anfang an, auf die Gefahr hin, wie eine kaputte Schallplatte zu klingen, eine Totgeburt war.

Was es stattdessen meiner Meinung nach braucht, sind effektive Sanktionen, die den Handlungsspielraum des Regimes massiv einschränken und so verhindern, dass das Mullahregime zu Teheran weiterhin seine regionalen Nachbarn schikanieren und Terror exportieren kann. Denn nichts anderes tut das Regime, das ausser Terror derzeit nur Petro-Chemie, Pistazien und Safran im Angebot hat und, das darf man nicht vergessen, durch Proxies wie die Hisbollah für den grössten Massenmord an jüdischen Zivilisten nach dem zweiten Weltkrieg, das AMIA-Attentat, verantwortlich ist.

Zu guter Letzt beleidigt man mit dem Vergleich von Rohani und Gorbatschow nicht nur tatsächliche Reformer, sondern man impliziert auch, dass der Iran als solcher kurz vor dem Zusammenbruch steht. Denn die Sowjetunion ist Ende der Achtziger nicht nur ökonomisch gescheitert, sondern auch aufgrund des russischen Chauvinismus gegenüber nicht-slawischen, nicht christlich-orthodoxen Minderheiten als Staat zusammengebrochen. Heute den Iran mit der Sowjetunion unter Gorbatschow zu vergleichen, würde demnach bedeuten, dass man glaubt, dass nicht nur das Regime kurz vor dem Untergang ist, sondern der Iran als Nation kurz vor dem Kollaps und darum auf bestem Wege, ein «failed state» zu werden. Dem ist aber nicht so. Zwar hat auch der Iran Probleme mit separatistischen Bestrebungen von Seiten der Kurden, Aserbaidschaner und Balochen, die durch den persischen Chauvinismus angefeuert werden. Aber im Gegensatz zur Sowjetunion in den Achtzigern sind diese separatistischen Bestrebungen schlecht organisiert und demzufolge noch keine Bedrohung für die territoriale Integrität des Iran. Alles in allem sind Vergleiche zwischen Gorbatschow und Rohani und der Sowjetunion der Achtziger mit dem Iran von heute so unterkomplex, dass sie schlicht falsch sind.

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