Das orthodoxe Christentum braucht eine Reformation so dringend, wie die Luft zum Atmen.

Vor einiger Zeit schrieb die wunderbare Ninve Ermagan bei den «Ruhrbaronen», dass das orthodoxe Christentum dringend einer Reformation bedürfe und berichtete von ihrem Aufwachsen, unter repressiven und chauvinistischen Bedingungen, als christlich-orthodoxe Frau. Die Reaktionen von aufgebrachten, orthodoxen Christen auf Frau Ermagans Beitrag haben mich dazu veranlasst meinen Senf zu diesem Thema zu geben.

Zwar bin ich nicht christlich-orthodox, sondern jüdisch, aber ich habe in zwei Staaten mit christlich-orthodoxer Mehrheitsbevölkerung gelebt, nämlich in Georgien und in Russland, und somit Erfahrungen aus erster Hand, was orthodoxer Chauvinismus anstellen kann. Darum bin ich mit Frau Ermagan einig: Die orthodoxe Christenheit braucht eine Reformation innerhalb der Gemeinde so dringend, wie die Luft zum Atmen.

Aber lassen sie mich das elaborieren:

In Russland wurde im Jahr 2016 der renommierte Regisseur Alexey Uchitel bedroht und zwei Autos wurden vor dem Büro seines Anwalts von christlich-orthodoxen Fanatikern angezündet, weil Uchitel es gewagt hatte, den Film «Matilda» zu drehen über die Affäre des letzten Zaren von Russland, der von der russisch-orthodoxen Kirche heiliggesprochen wurde, mit einer Balletttänzerin. Es gab sogar eine Diskussion darüber den Film «Matilda» in Russland ganz zu verbieten und zwei der grössten Kinoketten Russlands, «Cinema Park» und «Formula Kino» zogen den Film für eine Weile aus dem Sortiment. Während dieser ganzen, unterirdischen Debatte, die von orthodoxen Fanatikern, die sich fast so benahmen wie Taliban, provoziert wurde, kamen immer wieder antisemitische Statements an die Oberfläche, von wegen, wie ein Jude wie Alexey Uchitel es wagen könne, einen solch skandalösen Film über den letzten Zaren zu drehen. Ein Film, der auf historischen Tatsachen beruht, aber das kümmert den orthodox-chauvinistischen Pöbel nicht.

In die genau gleiche Kerbe schlagen die Anschuldigungen gegen den etwas exzentrischen Regisseur und Aktivisten, Kirill Serebrennikov, der einen jüdischen Vater und eine ukrainische Mutter hat und obendrein offen schwul ist. Das alles wurde toleriert und Serebrennikov als Wunderkind angesehen, bis er es gewagt hatte Putin und das dazugehörige System zu kritisieren. Nun gilt Kirill Serebrennikov ausserhalb von Boheme-Kreisen als Paria.

Dieser, von orthodoxem Chauvinismus, angetriebene Antisemitismus macht natürlich nicht vor gewöhnlichen Juden halt und so wurde die «Torat Chaim» Jeschiwa vor den Toren Moskaus, die grösste Jeschiwa Russlands, am 18. 4. 2019, dem Vorabend von Pessach angezündet. Die Behörden gehen von Brandstiftung aus.

All diese «Einzelfälle» summieren sich und dies führt dazu, dass letztes Jahr 10 460 russische Juden Aliyah gemacht haben, fast 47% mehr als 2017.

Während in Georgien, glücklicherweise, Antisemitismus praktisch inexistent ist, feiert die Homophobie im schönen Iberien und im schroffen Kolchis Urstände. Dies führte dazu, dass dieses Jahr die «Tbilisi Pride» abgesagt werden musste, da die Regierung sich weigerte die Teilnehmer der Pride adäquat zu schützen. Dies zeigt, dass die Homophobie in Georgien ein Problem darstellt, Georgien am Fortschritt hindert und das «Georgian Dream» absolut nicht dazu geeignet ist, irgendetwas zu leiten und sei es nur ein Kaninchenzüchterverein und erst recht keine Verantwortung zu übernehmen. Die Regierung ist weder willens noch scheint sie fähig zu sein, Menschen bei der Ausübung von verfassungsmässigen Rechten zu schützen.

Orthodoxer Chauvinismus stellt nicht nur eine Bedrohung für die orthodoxen Christen selber dar, sondern der orthodoxe Chauvinismus bedroht auch Minderheiten innerhalb von Staaten mit christlich-orthodoxer Bevölkerung sofern ihm kein Einhalt geboten wird.

Quacksalberei als säkularer Religionsersatz

Geehrte Leser!

Nachdem die oberste Gesundheitsbehörde Frankreichs festgestellt hat, dass Homöopathie Quacksalberei sei, möchte ich meinen Senf dazu zum Besten geben. Man möge mir verzeihen, dass ich hier viel Anekdotisches erzähle, aber ich bin keine Wissenschaftlerin.

Dennoch sind mir zwei, drei Dinge aufgefallen, die im Zusammenhang mit Wissenschaftsfeindlichkeit und Quacksalberei stehen: Für viele Menschen ist Quacksalberei in unseren Breitengraden ein säkularer Religionsersatz. Im Zeitalter der leeren Kirchen glauben Menschen zwar nicht an Religion im klassischen Sinn, aber an anderen, teilweise gefährlichen Schwachsinn wie «Detox» und Homöopathie. Daran würde auch eine mögliche Verstaatlichung oder Ähnliches von Pharmakonzernen nichts ändern.

Ich erinnere mich zum Beispiel an meine Handarbeitslehrerin, die ich von der vierten bis sechsten Klasse hatte. Diese Frau war das wandelnde Klischee eines alternativen Hippies, die immer irgendwas Gefilztes trug und naja, ein Hygieneproblem hatte. Sie roch immer wie ein nasser Hund. Im Nachhinein frage ich mich, wieso diese Frau überhaupt auf Kinder in der Mittelstufe losgelassen wurde. Allerdings muss man bedenken, dass ich anno dazumal in Zürich-Aussersihl zur Schule ging und dort war man froh, wenn überhaupt irgendwelche Lehrer uns unterrichten wollten. Aber zurück zur Hippielehrerin, die aufgrund ihres Aussehens, ihrer fehlenden Hygiene, ihrer sonnengegerbten Haut und der Tatsache, dass sie regelmässig Halsketten mit Rosenquarzanhängern trug, von vielen meiner damaligen Klassenkameraden mit Wurzeln in Osteuropa und in der MENA-Region, schlicht für eine Hexe gehalten wurde.

Diese Handarbeitslehrerin liess es sich nicht nehmen in ihrem Handarbeitsunterricht konstant Agitation für Urin-Therapie und andere Quacksalberei zu machen. Das heisst sie berichtete lang und breit, wie sie Fastenwanderungen in den Schulferien machte, bei denen sie nichts anderes konsumierte als Säfte, Tees und natürlichen ihren eigenen Urin. Das mit dem Eigenurin war ein konstantes Thema bei ihr. Denn wie sie sagte, trank sie auch im Alltag JEDEN Morgen, ein Glas ihres Urins auf leeren Magen um ihren Kreislauf in Schwung zu bringen. Sie behauptete auch, dass sie aufgrund der Tatsache, dass sie Unmengen ihrer eigenen Pisse trank, nie krank gewesen und schon jahrelang nicht mehr beim Arzt gewesen sei. Da ich, wie gesagt, anno dazumal in Zürich-Aussersihl, zur Schule gegangen bin, wo ich meine Karriere als Drogen-Dealerin daran scheiterte, dass kein Junkie aus der Bäckeranlage mir das Specksteinpulver abkaufen wollte, das ich aus dem Handarbeitsunterricht mitgenommen hatte, nahm ich wie die Klassenkameraden auch diese Widerlichkeit meiner damaligen Handarbeitslehrerin, als naturgegeben hin.

Diese Geschichte kam mir vor einiger Zeit hoch, als ich mich einige Male mit einer lesbischen Frau getroffen habe, die einen alternativen Lebensstil pflegt. Meine lesbische Bekanntschaft ernährt sich roh und vegan, ist nicht durchgeimpft, glaubt nicht an Sonnenschutz und stattdessen daran, dass Kokosöl ein Allheilmittel sei, während Schokolade und Kaffee Gift seien und Krebs auslösen würden, weil Schokolade und Kaffee für Hund und Katze giftig sind. Notabene ist Madame keine Chemikerin oder Wissenschaftlerin, sondern sie arbeitet als Einkäuferin für irgendein Unternehmen. Diskussionen mit ihr sind vollkommen umsonst und führen nur zu Streit. Deshalb habe ich aufgegeben mich mit ihr Auseinanderzusetzen, da in dieser Situation eindeutig Hopfen und Malz verloren wären.

Und das waren nur die Anekdoten aus meinem näheren Umfeld!

Vor einiger Zeit kam ein umstrittener Dokumentarfilm in die Kinos, der «Am Anfang war das Licht» heisst. In diesem Film geht um es um sogenannte «Lichtnahrung» und Kritiker bemängeln, meiner Meinung nach, vollkommen zu Recht, dass dieser Film de facto nur Propaganda für «Lichtnahrung» sei. In der Schweiz und auf der Karibikinsel Dominica verhungerten Menschen, die vom Konzept der «Lichtnahrung» fasziniert waren und dementsprechend leben wollten. D.h. physisch gesunde, wenn auch naive Menschen starben einen unnötigen und elenden Tod, weil sie Quacksalbern auf den Leim gegangen sind und deshalb geglaubt haben, dass sie von Prana oder «Lichtnahrung» leben zu können. Das ist eine der scheusslichen Folgen, wenn man Quacksalber gewähren lässt.