Neuigkeiten aus dem Reich des Kolchose-Diktators

Geehrte Leser!

Ich wünschte, ich hätte bessere Nachrichten im Angebot, aber trotz aller Reden des Kolchose-Diktators Alexander Lukaschenko, in denen er eine Annäherung an Europa angedeutet hat, geht es mit Belarus den Bach runter. Die Rhetorik von Lukaschenko, die er nur benutzt, um an Geld zu kommen, da Putin Geld dieser Tage auch nicht mit beiden Hände für seine Lakaien ausgibt, sollte man nicht ernst nehmen, solange Belarus das letzte Land Europas ist, in dem noch die Todesstrafe vollstreckt wird.

Allgemein muss man sagen, dass die Menschenrechtslage in Belarus immer prekärer wird, Putin jetzt seinen Druck auf Lukaschenko verstärkt und Belarus in eine Zollunion und «Verteidigungsunion» drängt. Bei letzterer würden dann russische Soldaten an der polnisch-belarussischen Grenze stehen. Der KGB-Zwerg reagiert panisch, da er Angst hat, dass Lukaschenko und schliesslich auch ihm selber das gleiche Schicksal droht wie Viktor Janukowitsch, dem Ex-Präsidenten der Ukraine, der mit Schimpf und Schande aus dem Land gejagt wurde. Diesen Druck gibt der Kolchose-Diktator Lukaschenko an das Volk weiter und nimmt ihm die letzten Freiheiten und das letzte bisschen Würde. Erst letzte Woche konnte ich lesen, dass in Belarus Wehrsportübungen in allen Schulstufen, ausser im Kindergarten, wieder eingeführt werden. Ja, Sie haben richtig gelesen, geehrte Leser, Wehrsportübungen auch in der Grundstufe. Etwas, das es seit den Sowjettagen nicht mehr gab.

Aber ich bin mir sicher, auch darüber wird kaum in deutschsprachigen Medien berichtet werden. Denn es gilt: No Jews, No News! Während in unseren Breitengraden lang und breit über die vermeintliche Korruption von Benjamin Netanyahu berichtet wurde, ist die Berichterstattung über die letzte offizielle Diktatur Europas, Belarus, praktisch nicht vorhanden. Dabei betrifft uns das direkt, trotz unserer Gleichgültigkeit! Man stelle sich nur vor, was passiert, wenn Putin es schafft, seine Pläne für ein «Verteidigungsbündnis» umzusetzen und dann russische Soldaten an der Grenze eines weiteren NATO-Staates, in diesem Fall von Polen, stehen werden.

Alles in allem halte ich die Gleichgültig gegenüber Autokraten und anderen Feinden der Demokratie für die grösste Gefahr. Eine noch grössere Gefahr als die Autokraten selber für freie Staaten. Da Gleichgültigkeit in Kombination mit Ignoranz den Autokraten den Machterhalt sichert. Wie ich schon früher erwähnt habe, sagte Natalya Radina, eine Mitbegründerin von «Charter 97»*, einst, dass die Gleichgültigkeit gegenüber der schlechten Menschenrechtslage in Belarus die Situation noch verschlimmern würde.

Die heutige Situation lässt mich an einen anderen grossen Osteuropäer denken, den ersten demokratisch legitimierten georgischen Premierminister Noe Jordania und seine Worte in Anbetracht der Okkupation der ersten demokratischen Republik durch Sowjetrussland im Jahr 1921: “Die europäische Gesellschaft ist müde, sie fühlt nicht mit dem Schmerz der anderen, sie erkennt den Schmerz der anderen nicht mal und sie kümmert sich nur um eine Sache: Unter ihresgleichen zu sein, friedlich, ohne Sorgen..»

Hinzu kommt eine in deutschsprachigen Ländern verbreitete Unsitte, bei der man, aufgrund der aggressiven Aussenpolitik des Kremls, von vornherein die Staaten östlich der Oder-Neisse-Grenze zu Russlands Interessensphäre zählt und so die Souveränität diesen Staaten abspricht, um ja nicht die guten Beziehungen zum Regime des KGB-Zwergs zu gefährden. Dies führt dazu, dass es de facto Europäer erster und zweiter Klasse gibt. Die Europäer erster Klasse leben in freien Staaten, die durch das NATO-Bündnis geschützt sind, während die Europäer zweiter Klasse in Staaten leben, die durch die imperialistische und irredentistische Aussenpolitik des Kreml bedroht, oder wie im Fall der Ukraine und von Georgien, durch Kreml-Proxies okkupiert sind.

Nun mögen gleichgültige Charaktere behaupten, dass es doch vollkommen egal sei, ob zivilisierte Länder Staaten wie Belarus effektiv sanktionieren oder eben nicht. Denen möchte ich erwidern, dass auch Kleinvieh Mist macht. Und das Fehlen von ernsthaften Sanktionen gerade bei Ländern wie dem Regime des Kolchose-Diktators, wo man nicht gewillt ist, selbst gegen kleine, machtlose Diktaturen vorzugehen, zeigt, dass der Mist und Dinge, wie das Vollstrecken der Todesstrafe und das Fehlen von Menschen- und Bürgerrechten, alles andere nicht der Rede wert ist. Zumal dieses Verhalten von zivilisierten Staaten sowohl im Kleinen, wie zum Beispiel bei Belarus, wie auch im Grossen, bei Staaten wie der Islamischen Republik Iran und Russland unter dem KGB-Zwerg, zu beobachten ist.

*«Charter 97» ist der Name eines Manifests und einer Menschenrechtsorganisation in Belarus, die sich diesen Namen in Anlehnung an die tschechoslowakische «Charta 77» gegeben hat und gegen die nunmehr 25 Jahre andauernde Herrschaft des Kolchose-Diktators Alexander Lukaschenko kämpft.

Nachtrag zu meinen offenen Brief an Mustafa Yeneroglu

Geehrte Leser!

Als Nachwirkung meines offenen Briefes an den ehemaligen AKP-Politiker Mustafa Yeneroglu erreichte mich auch Kritik. Mir erklärt wurde, dass ich mir nicht anmassen dürfe, einen konservativen Sunniten so zu kritisieren, wie ich es in meinem offenen Brief an Herrn Yeneroglu getan hätte, da es für Herrn Yeneroglu wahrscheinlich schon schwer genug gewesen sei mit seinem Hintergrund der AKP den Rücken zu kehren.

Dazu möchte ich erwidern: Ich kritisiere in meinem Blog und in meinen Beiträgen, wen und was ich will, und in diesem Fall kritisiere ich eben Mustafa Yeneroglu. Herr Yeneroglu erreichte im deutschsprachigen Raum einige Berühmtheit, indem er für das AKP-Regime Apologetik betrieb und, unteranderem, dass mehr als umstrittene Verfassungsreferendum von 2017 unterstützte, dass Erdogan eine noch nie dagewesen Machtfülle verlieh. Hinzu kommt, dass Mustafa Yeneroglu zwar in Bayburt geboren wurde, aber in Köln aufgewachsen ist und auch dort und in Izmir Rechtswissenschaften studierte. Als ausgebildeter Jurist sollte dem Herrn Yeneroglu Diskurs mit Andersdenkenden und das Infragestellen von Ideologien nicht fremd sein. Herr Yeneroglu bezeichnet sich als Gastarbeiterkind, das bedeutet in seinem Fall aber nicht, dass er in Anatolien Schafe gehütet hat. Ganz im Gegenteil: Dieser Mann konnte studieren und hat studiert und war gewählter Politiker für eine Partei, deren Führer dafür bekannt wurde, das umstrittene Gedicht des türkischen Dichters Ziya Gökalp bei einer Wahlveranstaltung rezitiert zu haben, nun seit mehr als 16 Jahren seine Herrschaft ausbaut und in dieser Zeit immer mehr zur Karikatur eines orientalischen Despoten verkommen ist.

Ich, eine bisexuelle, jüdische Frau mit Migrationshintergrund, bin deshalb nicht gewillt, bei Mustafa Yeneroglu einen «Rassismus der tieferen Erwartungen» zu praktizieren, nur aufgrund seiner Herkunft und weil dieser bereit war, allen Warnungen zum Trotz sich jahrelang zum Steigbügelhalter des AKP-Regimes im deutschsprachigen Raum zu stilisieren! Stattdessen kritisiere ich das, was notwendig ist, und diesem Fall ist es notwendig, den Chauvinismus innerhalb der türkischen Gemeinschaft, sowohl auf türkischem Boden wie in der Diaspora, zu kritisieren. Denn es ist dieser Chauvinismus, der zum Erfolg der AKP führte und alle kritischen Stimmen, vor allem wenn diese Stimmen von Minderheiten wie den Aleviten, Kurden und anderen stammen, ignoriert oder zum Schweigen bringt.

Darum halte ich Mustafa Yeneroglus jetzige Verlautbarung für absolut heuchlerisch: „Das alles ist eine Frage der Sozialisation. Ich bin nicht in einem System autoritärer Erziehung aufgewachsen. Ich wurde in einem anti-autoritären Umfeld erzogen, wo man das Wahre sagt und dafür streitet». Zumal ich mich noch an das Interview erinnere, das Herr Yeneroglu dem «Migazin» gab und in dem er jammerte, dass die AKP auf ihn zugekommen sei und die CDU nicht. Denn es war, wie ich schon früher geschrieben habe, spätestens seit den Ergenekon-(Schau-)Prozessen offensichtlich, dass die AKP keine gemässigt «islamische»-  oder gar konservative Partei ist, sondern eine anti-demokratische Sammelbewegung der sogenannten «Türkischen Synthese», d.h. von National-Islamisten, und dieser Sammelbewegung schloss sich Herr Yeneroglu 2015 an, nach den Ergenekon-(Schau-)Prozessen!

Jetzt, nachdem Erdogan endgültig die Allianz mit dem Westen kappt, den Vertrag von Lausanne in Frage stellt und nun, endgültig zur Karikatur eines orientalischen Despoten verkommen, seinen Schwiegersohn zum Finanzminister ernannt hat, das AKP-Regime zu kritisieren ist, in meinen Augen, ein bisschen spät.

Generell bin ich es leid, wenn die Wähler von Autokraten wie Putin und Erdogan konstant in Schutz genommen werden und ihre Wahlentscheidung, die dazu geführt hat, das Russland seit bald zwanzig Jahren und die Türkei seit gut sechzehn Jahren von den gleichen Despoten mehr schlecht als recht regiert werden, relativiert wird! Da wächst eine Generation von Menschen heran, die aufgrund des Chauvinismus der Mehrheitsbevölkerung der dortigen Staaten nichts anderes kennt als Putin und Erdogan! Schlimmer noch: Aufgrund der expansiven und irredentistischen Politik von Moskau und Ankara leiden nicht nur oppositionelle Russen und Türken, sondern auch die Menschen in Georgien, in der Ukraine und in Rojava, da Russland respektive die Türkei dort einmarschiert und nachweislich an ethnischen Säuberungen beteiligt sind und waren. Alles in allem ist es billig, sich nun aus der Verantwortung zu stehlen und darum bleibe ich bei meiner Kritik.