Mein Senf zu Strache auf Ibiza

Nach dem unrühmlichen Fall von HC Strache, dem Ex-Vizekanzler der Alpenrepublik, dem östlichen Nachbarland, meiner jetzigen Homebase, quaken ein paar unverbesserliche Unterstützer, dass die Aufnahme, die zum Fall von Strache geführt hat, unrechtmässig gewesen sei. Dieses Gejammer und Quaken sind, meiner Meinung nach, heuchlerisch. Wenn ein Dealer mit Migrationshintergrund einem verdeckten Ermittler Drogen verkauft hätte, würden die Strache-Fans, die jetzt Zeter und Mordio schreien, eine sofortige Abschiebung des Dealers fordern. Denn bei einem Dealer wäre es auch egal, ob er seine Drogen einem verdeckten Ermittler oder einem richtigen Junkie verkauft hätte. Eine verdeckte Ermittlung ist eine legitime Form der Erkenntnisgewinnung verborgener Sachverhalte und kein krimineller Akt. Das HC Strache sich so hinters Licht führen liess von einer vermeintlichen Oligarchin, spricht nicht für ihn, selbst wenn er nichts Ungesetzliches und nur etwas Unmoralisches getan hat, denn es zeigt, dass er nicht Profi genug ist, um sich nicht erpressbar zu machen.

Stattdessen ist er bereit dubiose Gestalten in einer Villa auf Ibiza zu treffen, um dort, für Spenden, seine Dienste und künftige Staatsaufträge an vermeintliche Oligarchen feil zu bieten, wie auf einem Bazaar. Machen wir uns nichts vor: Straches Verhalten beim Treffen disqualifiziert ihn sogar dazu der Präsident eines Kaninchenzüchtervereins zu sein. Dass er damals sogar Clubobmann, d.h. der Parteichef der FPÖ und Parlamentsmitglied gewesen ist, macht die Sache nur schlimmer. Ein Rücktritt und eine formale Entschuldigung gegenüber dem jetzigen Kanzler Österreichs, Sebastian Kurz, der von Strache auf dem veröffentlichten Material beschuldigt wurde, Drogen- und Sex-Orgien zu feiern, ist das Mindeste. Zumal die FPÖ dafür berühmt-berüchtigt ist eine «Law&Order»-Partei zu sein. Wenn man allerdings Wasser predigt und dann doch Wein trinkt, müssen eben die entsprechenden Konsequenzen daraus gezogen werden und nicht rumgeopfert werden, wie es Strache an der Pressekonferenz am Samstag, dem 18. April, getan hat, als er sein Verhalten im Video relativiert hat. Wenn die (politische) Karriere des HC. Strache nach diesem bizarren Auftritt nicht vorbei ist, geht es in Österreich nicht mit rechten Dingen zu.

Insgesamt hat das unprofessionelle Verhalten von Strache und Konsorten zu einem Ende der Schwarz-Blauen-Koalition und den vorgezogenen Neuwahlen geführt, nichts anderes. Wenn man so die Geduld eines standfesten Konservativen, wie Sebastian Kurz strapaziert, wie es die Blauen in den letzten Wochen getan haben, ist diese Affäre nur die Spitze des Eisbergs. Aufgrund eigener Verfehlungen, irgendeine Verschwörung herbei zu fantasieren, ist lächerlich und einer Regierungspartei absolut unwürdig.

Die Plage des Chauvinismus

In den letzten Wochen haben mich verschiedene Leute gefragt, warum ich mich, fast schon obsessiv, mit dem Chauvinismus in Ländern wie Russland und dem Iran beschäftige und warum ich wiederhole, dass die Sowjetunion ökonomisch gescheitert, aber aufgrund des russischen Chauvinismus auseinandergebrochen ist. Nun ist der Chauvinismus in diesen Ländern tatsächlich ein Problem, das den Fortschritt nicht nur lähmt, sondern zur Stagnation und letztendlich zur Regression führt. Dieses Problem findet man nicht nur innerhalb der Regierungen von Staaten wie Russland und dem Iran, sondern auch in grossen Teilen der Bevölkerung und leider auch in der Opposition. Dies wird allerdings zu wenig wahrgenommen, da andere regressive Ideologien, wie Islamismus, Irredentismus und Imperialismus, die übrigens alle durch ein chauvinistisches Weltbild unterfüttert sind, eher zur Kenntnis genommen werden. Und ich rede hier bewusst von Chauvinismus und nicht von Rassismus, da zum Beispiel Russen, die von einem slawisch-orthodoxen Chauvinismus beseelt sind, katholische Polen verachten und niemand, der halbwegs vernunftbegabt ist, davon ausgeht, dass Polen eine andere Rasse als Russen angehören.

Es ist übrigens kaum verwunderlich, dass gerade die Rechtsnachfolger von gescheiterten Imperien, wie Russland und der Iran, eine solches Chauvinismus-Problem haben. Waren doch viele Imperien Feudalstaaten mit einem strikten Kastensystem, aus deren Denke der Chauvinismus ihrer Rechtsnachfolger geboren wurde. Dieser Chauvinismus sieht in Menschen, die im Kernland dieser Rechtsnachfolger und in den sogenannten «unerlösten Gebieten», die früher zu den Imperien gehört haben, leben aber nicht der Bevölkerungsmehrheit angehören, bestenfalls, Bürger zweiter Klasse. Der Chauvinismus erklärt die eigene Kultur, egal ob nun persischsprachig oder slawisch-orthodox, zur Krone der Schöpfung und Mitgliedschaft zu dieser Kultur als Voraussetzung für Menschen- und Bürgerrechte, weil eine durch Chauvinismus geprägte Denkweise Menschen- und Bürgerrechte nicht als verbriefte und unkündbare Bestandteile eines zivilisierten und modernen Staates ansieht, sondern als Privilegien für die eigene Bevölkerungsmehrheit.

Dies ist, meiner Meinung nach, ein erster Schritt Richtung Entmenschlichung. Wer Daniel Jonah Goldhagens Buch «Schlimmer als Krieg» gelesen hat, wird wissen, dass Entmenschlichung des Gegners, aber auch das Gegenübers, schlimmste Folgen haben kann, wie man zuletzt, unteranderem, in Ruanda sehen konnte. Eine chauvinistische Mentalität muss nicht notwendigerweise zu einem Genozid führen, aber schon heute sind die Auswirkungen erschreckend, wie die irredentistische und imperialistische Aussenpolitik Russlands, gegenüber Georgien und der Ukraine zeigt. In Georgien führte diese Aussenpolitik zu über 300 000 Binnenflüchtlingen, fast zehn Prozent der Gesamtbevölkerung, die aus den von Russlands Proxies besetzten Gebieten vertrieben wurden. Das war aber nicht der bisherige Höhepunkt der irredentistischen und imperialistischen Politik des Kremls, die ihren Ursprung in der chauvinistischen Mentalität vieler Russen hat, denn danach hat man auch, widerrechtlich, die Krim okkupiert. Und was das chauvinistische Denken angeht, ist die Opposition in Russland kaum besser, wenn man sich die Äusserungen von Alexei Nawalny zu nicht-slawischen, nicht-orthodoxen Minderheiten und sonstigen Bewohnern im russischen Kernland, im Kaukasus und in Zentralasien anhören darf. Es ist übrigens eine Tragödie, dass die grösste Hoffnung der Opposition in Russland sich nur in Nuancen vom Ethos des KGB-Zwergs im Kreml unterscheidet.

Wie oben schon erwähnt, ist Russland nicht der einzige Staat auf dieser Welt, dessen Gesellschaft von Chauvinismus durchtränkt ist und bei dem Chauvinismus, leider, von wohlmeinenden Relativisten und Apologeten, als Folklore abgetan wird. Auch der Iran, nicht nur das Regime der Islamischen Republik, hat ein grosses Problem mit Chauvinismus gegenüber Nicht-Iranern innerhalb des iranischen Kernlands und in der Region. Es hilft da nicht, wenn Korrespondenten, wie Martin Gehlen, persischen Chauvinisten Honig ums Maul schmieren und die unterdrückten Minderheiten innerhalb der islamischen Republik ignorieren. Der Iran ist ein Vielvölkerstaat, mit persischsprachiger Mehrheitsbevölkerung, darauf sollte mehr Rücksicht genommen werden und zwar sowohl von Auswärtigen, wie auch von den Iranern selbst. Gerade weil die von Chauvinismus und Islamismus angefeuerte, imperialistische und irredentistische Politik des Henkerregimes der Islamischen Republik, d.h. der Export der sogenannten «Islamischen Revolution» zu Flüchtlingsströmen, die sowohl aus der Islamischen Republik selber, wie auch aus dem Nahen- und Mittleren Osten, fliehen.