Bekenntnisse eines Vatanforoosh: Der Trauermonat während einer Pandemie

Geehrte LeserInnen!

Nach dem ich für einige Zeit über Osteuropa im Allgemeinen und über den post-sowjetischen Raum im Besonderen geschrieben habe, wird es Zeit, dass ich mich wieder dem Land der Arier, dem Iran, zuwende. Es geht mal wieder um die Reiselust vieler Iraner während der noch immer grassierenden Pandemie.

Mir geht es nicht in meinen Sturkopf, wie Iraner und Iranerinnen jetzt trotz der Pandemie in der Gegend rumgurken, und wie sogar das Regime nun zähneknirschend zugibt, dafür sorgen, dass damit die Zahl der Covid-19-Infizierten steigt. Zuerst berichtete ich über diese sorglose Reiselust während Nowrooz, dem iranischen Neujahrsfest im März, nun erleben wir dasselbe in Grün, und zwar mit dem Fortstreben der Iraner während des Trauermonats Muharram, dessen Höhepunkt die Massenselbstgeisselungsorgie Aschura bildet. Es erschliesst sich mir nicht, wie Iraner so fahrlässig sein können und alle Vorsichtsmassnahmen und den gesunden Menschenverstand über Bord werfen, um dann in der Gegend rumzugurken, um an Selbstgeisselungszeremonien teilzunehmen. Dies dreht mir schon ohne Pandemie den Magen um, aber während einer Pandemie, unter der auch Staaten leiden, die weder Entwicklungs- noch Schwellenländer sind, an so etwas teilzunehmen in einer despotischen Theokratie, wie die Islamische Republik Iran nunmal eine ist, ist meiner Ansicht nach selbstmörderisch. Ich darf nämlich daran erinnern, dass der Iran derzeit von einem Regime regiert wird, dem es egal ist, ob die Bürgerinnen und Bürger leben oder elendig krepieren. Darum ist es umso wichtiger, dass die Bürgerinnen und Bürger des Iran sich jetzt so gut es eben geht selbst schützen und nicht, weil Muharram ist, in der Gegend rumdüsen.

Denn wie Medien wie «Iran International» berichteten haben sich die Infektionszahlen im Grossraum Teheran verdoppelt und verdreifacht. Der Vize-Direktor des Masih-Daneshvari-Krankenhauses, Dr. Payam Tabarasi, und der Leiter des Shariati-Krankenhauses, Dr. Saeed-Reza Mehrpour, haben beide in Interviews für IRIB und unabhängig voneinander bestätigt, dass die Fallzahlen steigen, und damit meinen sie nicht die Fälle mit milden oder asymptomatischen Verläufen, denn sowohl das Masih-Daneshvari-Krankenhaus, wie auch das Shariati-Krankenhaus, sind die Zentren für die Behandlung von Covid-19-Patienten und
-Patientinnen in der iranischen Hauptstadt. Auch haben beide Ärzte angedeutet, dass im Iran nun die dritte Welle der Covid-19-Pandemie beginnt, die eben durch das von mir kritisierte Reisefieber befeuert wird.

Und auf die Gefahr hin, wie eine kaputte Schallplatte zu klingen: Ich will mir nicht die üblichen Klagen von antiklerikalen, iranischen Oppositionellen anhören, dass das Regime und nur das Regime an der Situation schuld sei und Nicht-Iraner wie meine Wenigkeit, den Iran nicht kritisieren und stattdessen für den Iran sterben sollten. Zu den Millionen Reisenden: Es sind keine Basiji und/oder Pasdaran (dt.Revolutionsgarden) in die Haushalte von Millionen von Iranerinnen und Iraner eingebrochen, um diese zu zwingen, während des Monats Muharram in der Gegend rumzugurken. Dieses absolut asoziale Verhalten praktizieren diese Iranerinnen und Iraner auch ohne Regime.

Dieses Verhalten demonstriert beispielhaft, was schiefläuft innerhalb der iranischen, auch der exil-iranischen Gesellschaft: An jedem Unglück, an jeder Katastrophe sind nicht die Iraner selber sondern, irgendein Aussenstehender Schuld. Als ich einst einen Iraner fragte, warum der Iran in der jetzigen Situation ist, meinte dieser, Alexander der Grosse sei schuld, weil jener Feldherr anno dazumal Persepolis (Anmerkung meinerseits: Als Rache dafür, dass die Perser davor Athen abgefackelt haben) brandschatzen liess, und weil die Welt nicht will, dass der Iran gedeiht. Als ich anmerkte, dass dies schon über 2000 Jahre her sei und der persische Schah Agha Muhammad Khan Tbilissi vor weniger als 300 Jahren brandschatzen liess, beschimpfte mich dieser iranische Herr als «Vatanforoosh»*.

Es ist bezeichnend, dass es aufgrund einer solchen Mentalität innerhalb der iranischen Gemeinschaft, bei der man sich weigert, die Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen und stattdessen anderen die Schuld für die Situation gibt, keine positive Veränderung geben kann und das Regime und seine Anhängerinnen und Anhänger sich in die dreckigen Fäustchen lachen können.

Somit kann ich abschliessend nur sagen, dass die andauernde iranische Tragödie von zwei Akteuren befeuert wird: Dem unmenschlichen Mullahregime zu Teheran und der Weigerung von weiten Teilen der Iranerinnen und Iraner Verantwortung zu übernehmen, die lieber die Verantwortung, und somit auch die Schuld, an andere delegieren. Solange sich dies nicht ändert, wird es keinen Regimechange geben.

*Vatanforoosh bedeutet auf Persisch «Landesverräter» und so nennen mich Iraner, weil ich als Georgierin nicht auf Georgiens Unabhängigkeit verzichten will, kein Farsi spreche, mich der persischen Kultur nicht zugehörig fühle und nicht bereit bin, für den Iran zu sterben. Den Iranern und Iranerinnen, die in mir deshalb eine Landesverräterin sehen, sei gesagt: «Dissent is the highest form of Patriotism» (dt. Dissens ist die höchste Form des Patriotismus)

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Bekenntnisse eines Vatanforoosh: Den Reichstag stürmende Arier

Geehrte LeserInnen!

Es ist mal wieder an der Zeit, meine allseits beliebte Reihe «Bekentnnise eines Vatanforoosh» forzusetzen, denn auf Twitter zirkulierte ein Video eines iranischen Flüchtlings, der vor 8 Jahren nach Deutschland geflohen ist, der in die deutsche Reichsflagge gehüllt war und am Samstag mit den anderen Virusleugnern und Schwurblern in Berlin demonistriert hat, dabei nicht davor zurückschreckte Frau Bundeskanzlerin Merkel zu bezichtigen eine «kommunistische Diktatorin» zu sein, und wo einige dieser, ich nenne sie hier mal «Demonstranten», versucht haben den Reichstag zu stürmen. Dies in guter, alter deutsch-arischer Tradition.

Der iranische Flüchtling aus dem Video ist mir persönlich bekannt, es handelt sich dabei um den pan-iranistischen und monarchistischen Aktivisten Kourosh Akhtaryan, der mich vor einiger Zeit in den sozialen Medien beschimpft und bedroht hat. Einige Printscreens von damals, die ich heute noch habe, werde ich unten anfügen.

Nun könnte man denken, dass dieser Herr Akhtaryan einfach ein armer Irrer ist und damit solche Situationen als Einzelfall relativieren. Denn mal beiseite geschoben, dass die Aussagen eines Herrn Akhtaryan Diktaturen im Allgemeinen und kommunistische Diktaturen im Besonderen verharmlosen, so kommen in meinen Augen solche «Einzelfälle» zu häufig vor, um sie noch als Einzelfälle schön zu reden. Meiner Ansicht wird man damit auch der Sache an sich nicht gerecht. Denn die Meinung, die Herr Akhataryan vertritt ist unter Exil-Iranern alles andere als eine Randerscheinung, gerade unter Monarchisten, von denen viele die Auferstehung des Perserreiches und damit lange vergangener Glorie erhoffen, nach all den Jahren des Erduldens der Schmach durch das Regime der Islamischen Republik.

Das Problem an dieser Einstellung ist, dass die Nachbarländer des Iran und andere Länder in der Region schon heute diesem Wunsch einiger iranischer Monarchisten eine Absage erteilen. Dies wird sich auch in Zukunft nicht ändern und rührt vorallem daher, dass die persische Schreckensherrschaft in der Region zu ethnischen Säuberungen und generell einer Politik der «verbrannten Erde» der persischen Schahs führte, und dies wiederum führte zu Aufständen der Unterdrückten, von denen der Bakhtrioni-Aufstand einer der Bekanntesten war und bis heute zum kollektiven, kulturellen Gedächtnis Georgiens gehört.

So wird dieser Teil der iranischen Opposition auch weiterhin Geisel des eigenen Grössenwahns vom Ruhm längst vergangener Tage bleiben, während der Iran selber langsam, aber merklich vor die Hunde geht. Und Nein, daran sind keine Türken, Kurden und Georgier und andere Fremde schuld, sondern nur die Iraner selber. Denn während zum Beispiel der Sudan Omar Al-Bashir auf den Müllhaufen der Geschichte befördert hat und Demonstranten in Minsk und Brest Lukaschenko prophezeien, dass dieser in Den Haag enden wird, so begnügen sich viele Iraner damit, auf Schwurbel-Demos zu gehen und sich dem Grössenwahn hinzugeben.

Insofern ist Kourosh Akhtaryan nur ein Paradebeispiel des Scheiterns der exil-iranischen, anti-klerikalen Opposition.

Dieses Scheitern sollte uns allen zu denken geben, denn bei dem klerikal-faschistischen Regime zu Teheran handelt es sich nicht um Despoten, die eine Bananenrepublik regieren und man dementsprechend bis zu einem gewissen Grad ignorieren kann, sondern um bis ins Mark fanatisierte Mullahs, Revolutionsgardisten und ihre Anhänger, die bereit sind, für ihre Ziele über Leichen zu gehen und selber zu sterben, und ihre Ziele sind es, Amerika und Israel zu vernichten. Denn mit diesem offensichtlichen Scheitern der anti-klerikalen iranischen Opposition, die von Gestalten wie dem hier zur Genüge beschriebenen Herr Akhatryan infilitriert ist, sind engagierte Nicht-Iraner wie unsereiner gezwungen, sich mit dem klerikal-faschistischen Regime von Teheran auseinanderzusetzen.

Währenddessen demonstrieren iranische Monarchisten, die sich als stolze Arier und Patrioten sehen mit deutschen Schwurblern, die versuchen, den Reichstag zu stürmen, und das Regime versucht weiterhin, Menschen zu ermorden wie die Frauenrechtlerin und Rechtsanwältin Nasrin Sotoudeh, die sich nun aufgrund eines Hungerstreiks in Lebensgefahr befindet, und den Ringer Navid Afkari, der aufgrund der Teilnahme an den Antiregimeprotesten von 2018 sich nun in der Todeszelle befindet.

Und gerade aufgrund dieses Elends, dieses Wahns und diesem blinden Patriotismus, der mehr einem Chauvinismus gleicht, werden wir auch in Zukunft eine Flut an Themen für diesen Blog haben und Sie weiterhin mit einer Mischung aus Politik, Geschichte und meiner unvergleichlichen Chuzpe unterhalten werden. Und leider wird der Iran auch weiterhin von menschenverachtenden Barbaren regiert werden, denn mit solchen Akteuren wie dem «Aktivisten» Akhtarayan dauert es noch bis zum Regimechange, und die Regime-Anhänger können sich weiterhin die Hände reiben, während Menschen am helllichten Tage an Baukränen erhängt werden.

PS: Ich möchte noch anfügen, dass ich mich in diesem Text nicht über Menschen mit psychischen Problemen lustig machen möchte. Aber Ideologien gehören kritisiert und manchmal auch durch den Kakao gezogen.

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