Mit dem Mord an Khashoggi von eigenen Schandaten ablenken

Geehrte Leser!

Dieser Tage reden die meisten vom Mord am Muslimbruderschaft-Sympathisanten Jamal Khashoggi, aber wer redet vom Mord an Pavel Sheremet? Wissen Sie überhaupt wer Pavel Sheremet ist, oder besser gesagt war?

Sofern Sie noch nie von Pavel «Pavlo» Sheremet gehört haben, so folgt hier eine Kurzbiographie des belarussischen Journalisten.

Pavel Grigorevich Sheremet wurde am 28. November 1971 in Minsk geboren. Dort begann er in den Neunzigern als Ansager und Produzent für die wöchentliche Nachrichtensendung «Prospekt» bei einem belarussischen öffentlich-rechtlichen Sender zu arbeiten und wurde dort zu einem der führenden Kritiker des belarussischen Diktators Alexander Lukaschenko. Seine Kritik war so umfassend und vernichtend für den Kolchose-Diktator Lukaschenko, dass er Sheremet, einem der Gründer von «Charter 97»*, die belarussische Staatsbürgerschaft entzog. Dies zwang Pavel Sheremet dazu, die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen, um nicht staatenlos zu sein, und über den Umweg über Russland, sich in die Ukraine abzusetzen. Pavel Sheremets Buch «Sluchaynyy Prezident» (dt.: zufälliger Präsident) ist die beste politische Biographie von Alexander Lukaschenko, die es für Geld zu kaufen gibt. Selbst die «New York Times» schrieb, dass er bekannt gewesen sei für seine mitreissenden Reportagen über den Machtmissbrauch in Belarus. Belarus ist zum Beispiel das letzte Land Europas, in dem noch die Todesstrafe vollstreckt wird, meist an Oppositionellen des Kolchose-Diktators. Eben gegen die Todesstrafe, das Fehlen eines Rechtsstaates und gegen weitere Ungerechtigkeiten hat sich Pavel Sheremet mit Menschen, wie Natalya Radina, einer anderen Mitbegründerin und Leiterin von «Charter97», die es geschafft hat nach Polen zu fliehen, zu Lebzeiten eingesetzt. Natalya Radina sagte einst, dass die Gleichgültigkeit gegenüber der schlechten Menschenrechtslage in Belarus die Situation noch verschlimmern würde.

Pavel Sheremet wurde am 20. Juli 2016 in Kiew im Auto seiner Lebenspartnerin, der ukrainischen Redakteurin Olena Prytula, durch eine Autobombe getötet. Seine Ermordung rief kaum Entrüstung hervor. Im Gegensatz zum Mord an Jamal Khashoggi, obwohl eine Auto-Bombe mitten in Kiew, logischerweise, auch Unbeteiligte hätte treffen können und nicht nur Pavel Sheremet und seine Partnerin umbringen. Hinzu kommt, dass die Menschenrechtslage in Belarus im Besonderen und in anderen Staaten im post-sowjetischen Raum wirklich hundsmiserabel ist, wie ich oben dargelegt habe, was ignoriert wird. Stattdessen konzentrieren sich viele vermeintliche Menschenrechtsaktivisten auf den Juden unter den Staaten, Israel, Saudi-Arabien und, wenn es hochkommt, ab und zu das AKP-Regime, das derzeit die Türkei heimsucht. Und ignorieren dabei eben geflissentlich andere Staaten.

Nichts liegt mir ferner, als die Barbarei des Königreichs Saudi-Arabien zu relativieren, aber Länder wie die Türkei, die vom Teekessel-Diktator Erdogan regiert wird, und das Regime der Islamischen Republik Iran, das seine eigenen Bürger am helllichten Tag an Baukränen aufhängt,  den Mord an Jamal Khashoggi benutzen den Mord, um von ihren eigenen Schandtaten abzulenken,  zum Beispiel der Tatsache, dass sowohl die Türkei wie auch die Islamische Republik international Schlusslichter sind, was Pressefreiheit angeht, weil sie berühmt-berüchtigt dafür sind, kritische Journalisten in Foltergefängnisse zu werfen.  Das belegt die Rangliste 2019 von «Reporter ohne Grenzen», auf der die Türkei den 157. Rang und die Islamische Republik Iran den 170. Rang von 180 Staaten einnehmen.

Die Krokodilstränen der Despoten von Teheran und Ankara sind der Gipfel der Heuchelei! Und die Welt fällt darauf herein, was nicht weiter überraschend ist, denn Saudi-Arabien ist barbarisch, das ist Fakt. Aber damit ist Saudi-Arabien nicht allein in der Region, sondern das Verhalten von Saudi-Arabien ist, mit Ausnahme des Köpfens, leider die Norm. Sowohl das Regime der Islamischen Republik Iran wie auch andere Länder wie etwa die Islamische Republik Pakistan, praktizieren die Todesstrafe für Apostasie vom Islam. Und Regime wie das von Katar und der Islamischen Republik Iran exportieren, neben Erdöl, auch Terrorismus und Fundamentalismus. Dies wird aber kaum zur Kenntnis genommen, weil sich fast alle auf die Barbarei von Saudi-Arabien konzentrieren und dabei Menschen nicht zur Kenntnis genommen werden wie Nasrin Sotoudeh, Narges Mohammadi und Nazanin Zaghari-Ratcliffe und andere Geiseln des Regimes von Teheran wie Sepideh Gholian, die über die streikenden Arbeiter einer Zuckerrohrfabrik berichtet hat und nun im Gharchak-Gefängnis vor den Toren Teherans Folter ausgesetzt ist. Sehr zur Zufriedenheit der Despoten von Teheran, die weiterhin ihrem Tagwerk aus Mord, Terrorismus und Drohungen gegenüber Israel, den Vereinigten Staaten und auch Europa nachgehen können.

Darum ist es meiner Ansicht nach unethisch sich nur auf den mehr als umstrittenen Jamal Khashoggi zu konzentrieren und dabei anderes Elend vollkommen ausser Acht zu lassen, und, obendrein, so zu Helfershelfern von Despoten wie Erdogan und Khameini zu werden. Pressefreiheit ist ein hohes und schützenswertes Gut und genau deshalb sollte man sich nicht vor den Karren von Diktatoren und Autokraten spannen lassen, um so vermeintlich Pressefreiheit zu verteidigen.

So lange dies so ist, werde ich, für meinen Teil, meine Würde bewahren, in dem ich mich nicht vor den Karren von Despoten spannen lasse, um einem Sympathisanten der Muslimbruderschaft zu gedenken, sondern weiterhin an Menschen wie Pavel Sheremet erinnern, damit diese nicht gänzlich aus dem kollektiven Gedächtnis verschwinden.

*«Charter 97» ist der Name eines Manifests und einer Menschenrechtsorganisation in Belarus, die sich diesen Namen in Anlehnung an die tschechoslowakische «Charta 77» gegeben hat und gegen die nunmehr 25 Jahre andauernde Herrschaft des Kolchose-Diktators Alexander Lukaschenko kämpft.

Warum Tao-Klarjeti wieder offiziell zu Georgien gehören sollte

Geehrte Leser!

Mein letzter Beitrag «Erdogan der Heuchler» hat bei einigen türkischen Chauvinisten in der deutschsprachigen Welt für Aufregung gesorgt. Das freut mich! Das gefällt mir. Darum habe ich beschlossen nachzutreten, weil ich es mir wert bin.

Zuallererst: Ich bin schweizerisch-georgische Doppelbürgerin, mein verstorbener Vater war Schweizer, meine Mutter ist ukrainisch-jüdischer und georgischer Abstammung. Das einzig griechische an mir ist mein Vorname, der auf Griechisch «Jene, die auferstehen wird» bedeutet. Ja, ich bin Jüdin und bekennende Zionistin. Wenn man mich also beleidigen will, soll man es gefälligst richtig tun!

Aber zurück zum Hauptthema dieses Artikels: Tao-Klarjeti, die verlorene Wiege der georgischen Zivilisation, die heute, aufgrund des Vertrags von Moskau, zur Türkei gehört und dort so verkommt, wie die politische Führung der Türkei unter dem Teekessel-Diktator vom Bosporus. Dieses Tao-Klarjeti, das bis 1921 Teil der ersten Demokratischen Republik Georgiens war, einem unabhängigen Rechtsstaat, der 1921 von der Sowjetunion einverleibt wurde, soll wieder georgisch werden. Warum? Ganz einfach, weil Tao-Klarjeti von der untergegangen Sowjetunion an die Türkei geschenkt wurde, ohne Einverständnis des georgischen Volkes. Wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre, hätte Tao-Klarjeti nie Teil der Türkei werden dürfen. Aber dass Georgien von der Sowjetunion und der Türkei fragmentiert wurde, zeigt den Hang zum Chauvinismus und Imperialismus dieser gescheiterten Imperien. Und da Erdogan und seine Anhänger auch Chauvinisten mit einem Hang zum Revisionismus sind und gerne den Vertrag von Lausanne in Frage stellen, bin ich dafür, dass man zuerst den Vertrag von Moskau von 1921 überarbeitet und Tao-Klarjeti Georgien zurückgibt.

Sollte der Teekessel-Diktator, der sich gerne griechische Inseln einverleiben würde, deswegen toben, könnte man ihm sagen, dass er mit gutem Beispiel vorangehen solle, bevor er etwas einfordert. Besonders wenn man bedenkt, wie schlecht es um die Rechtsstaatlichkeit allgemein und die Rechte von Minderheiten in der Türkei steht und wie die offizielle Türkei aGebäude, wie Kirchen und Klöster, die nicht in Moscheen umgewandelt werden konnten, in Tao-Klarjeti verrotten lässt, um dann das nicht türkische, vor-islamische, kulturelle Erbe dieser Region verleugnen zu können.

Aber im Fall von Tao-Klarjeti geht es nicht nur um die vielen Unzulänglichkeiten der Türkischen Republik: Es geht um Gerechtigkeit gegenüber Georgien, gegenüber den Bürgern Georgiens, die in den letzten 100 Jahren miterleben mussten, wie ihre Heimat immer wieder okkupiert und fragmentiert wurde. Die heutige Georgische Republik ist nur noch 69 700 Quadratkilometer gross, im Vergleich dazu war die erste Demokratische Republik Georgiens 107 600 Quadratkilometer gross. Hinzu kommt, dass fast 10% der georgischen Bevölkerung heute Binnenflüchtlinge sind als Folge, des Augustkrieges 2008. D.h. Georgien braucht dieses Land, um den Binnenflüchtlingen aus der Zchinwali-Region (international bekannt unter dem Namen «Süd-Ossetien») und Abchasien menschenwürdig unterzubringen. Auf dass die Fünf-Kreuz-Flagge in Zukunft wieder über Tao-Klarjeti und ja, auch über Suchumi und Zchinwali wehen soll.

PS: Für die Erdogan-Anhänger, die bisher mit Schaum vor dem Mund diesen Beitrag gelesen haben: Nefretenizde bogulun!