Antisemitismus und Ignoranz

Geehrte Leser!

Es ist wieder so weit, ich muss wieder über dieses Thema schreiben. Was mich dazu inspiriert hat, ist Folgendes: Eine belgische Universität veröffentlichte ein Video über Gebärdensprache, bei der das Wort für «Jude» eine Hakennase ist. Belgien ist bekannt für einige Dinge, unter anderem für Schokolade und den Serienmörder Marc Dutroux. Belgien erlangte auch traurige Berühmtheit dafür, dass nunmehr aufgrund des Antisemitismus dort, Synagogen und andere jüdische Einrichtungen vom Militär bewacht werden müssen. In dieser Atmosphäre behauptet der Autor Dimitri Verhulst, dass wir Juden «hässliche Nasen» hätten, indem er ein ironisches Zitat des grossen Serge Gainsbourg verhunzt und nun giesst eine Universität Öl ins Feuer und antisemitische Stereotype propagiert.

Nachdem ich den Link zu dem Artikel über die Universität, die Antisemitismus befördert auf meinem Facebook-Account gepostet habe, mit dem Hinweis darauf, das aufgrund von solchen antisemitischen Stereotypen und Ressentiments mir von Nicht-Juden unterstellt wird eine «jüdische Nase» zu haben, liess einer meiner Bekannten in den Kommentaren die Bombe platzen: Dieser nicht-jüdische Bekannte erdreistete sich zu schreiben, dass seine nicht-jüdische Mutter stolz auf ihre vermeintlich jüdische Hakennase gewesen sei. D.h. er bekräftigte ein Stereotyp, in einer Welt, in der Antisemitismus wieder ein immer grösseres Problem für uns Juden wird.  Dass ich deshalb nicht geschrien habe, lag nur daran, dass es sinnlos ist, einen Computer anzuschreien. Am Ende war Hopfen und Malz verloren, denn der Mann hat mir die Freundschaft gekündigt.

Dies kann nur geschehen, weil rasenden Antisemiten von der Mehrheitsgesellschaft oft nur eine klischeehafte, mit Ressentiments und Stereotypen beladene Karikatur eines jiddelnden, hakennasigen Juden entgegenstellt wird, in der Hoffnung, dass mit diesem Klischee eines Klezmer-Musikanten aus dem Schtetl der Antisemitismus aufgehalten werden könne. Der Antisemitismus wird so allerdings weiter angetrieben, angefeuert mit einer Mischung aus Ignoranz, antisemitischen Ressentiments und Stereotypen, denn wie oft gesagt wird: Der Weg zur Hölle ist mit guten Absichten gepflastert. Darum ist es so problematisch, Juden als hakennasig oder Charedim zu porträtieren. Nicht nur wird man so der porträtierten Personengruppe nicht gerecht, man befeuert auch Antisemitismus, dies in einer Welt, in der, ich muss mich wiederholen, Soldaten mit Maschinengewehren, vor jüdischen Einrichtungen Wache stehen müssen.

Pedarsag Pourmokhtar und anti-iranische Umtriebe

Heute ist wieder einmal das Henkerregime zu Teheran Thema auf diesem exquisiten Blog, denn seien wir ehrlich: Iran, das Land aus «1001 Nacht», bietet durch das Regime konstant Futter für gute Schreibe. Im Englischen würde man dazu sagen: A gift that keeps on giving Dieses Mal geht es um sogenannte anti-iranische Umtriebe, denn: Ein Mitglied des Rechtsausschusses des Scheinparlaments des Regimes der Islamischen Republik hat angekündigt, dass das Regime der Islamischen Republik plane, Hollywood zu verklagen. Mohammad Ali Pourmokhtar, denn wir ab jetzt nur noch Pedarsag Pourmokhtar nennen werden, verlangte, dass die Zensurmechanismen, die derzeit im Iran angewendet werden, nun auch in Hollywood Anwendung finden sollten, da Hollywood angeblich Krieg führen würde gegen den Iran und falsche Bilder über den Iran und das Regime verbreiten würde. Als Beispiel nannte Pedarsag Pourmokhtar die Comicverfilmung «300», die auf der historischen Begebenheit nämlich auf der Schlacht bei den Thermopylen während der griechisch-persischen Kriege in der Antike basiert. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass «300» überzeichnet und bombastisch ist, aber es handelt sich ja auch, wie gesagt, um eine Comicverfilmung, nicht um eine historische Dokumentation und selbst dafür, dass «300» ein Spielfilm und keine Dokumentation ist, so ist der Film doch relativ solide gemacht und beruht im Grossen und Ganzen auf Fakten, wie Historiker wie Tom Holland gerne bestätigen können.

Lieblings-Szene der Autorin aus dem anti-iranischen Film „300: Rise of an Empire“

Aber führen wir einmal das Gedankenexperiment zu Ende und stellen uns vor, dass alles verboten wird, dass Iraner potentiell beleidigen könnte, und ich rede hier explizit vom Iran und nicht vom Islam, denn «300» hat nichts mit dem Islam zu tun, weil der Iran anno dazumal zoroastrisch geprägt war. Da ich, die Schreiberin, dieses Blogs georgischer Herkunft und demzufolge, nach Ansicht einiger Iraner, von Natur aus ein «Aniran*» bin, bieten sich da eigene Beispiele an.

Fangen wir mal an mit dem Schulcurriculum Georgiens. In Georgien gelten die Märtyrer jener, die am Bakhtrioni-Aufstand beteiligt waren, bis heute als Helden und wurden eben für ihren Kampf gegen die Safawiden von der georgisch-orthodoxen Kirche heiliggesprochen. Poeten und Autoren, wie Ilia Chavchavadze und Vasha-Pshavela setzten den Kämpfern literarische Denkmäler, die bis heute Teil des Curriculums an georgischen Schulen sind.  Aber nicht nur jene Kämpfer, die für die georgische Sache während des Bakhtrioni-Aufstands gekämpft haben, wurden posthum von der georgisch-orthodoxen Kirche heiliggesprochen und ihr Opfer von Literaten in den höchsten Tönen gelobt. Auch die «Samasi Aragveli», die 300 Kämpfer aus dem Aragvi-Tal, die nichts mit den 300 Spartanern zu haben, ausser dass sie auch gegen die Perser gekämpft und in der Schlacht von Krtsanisi ihren Tod fanden, wurden posthum in Musik und Literatur verewigt. Ein sehr berühmtes Lied, mit dem in Georgien praktisch jedes Kind aufwächst, heisst sogar «Samasi Aragveli» (dt: 300 Aragvier) und Autoren, wie die schon oben genannten Ilia Chavchavadze und Vasha-Pshavela setzen auch diesen Männern literarisch ein Denkmal, das ebenfalls zum Curriculum der Schulen in Georgien gehört.  All diese Werke, die beschreiben, wie sich einige wenige wagten, gegen die persischen Okkupanten zu erheben, sind wohl nach Ansicht von persischen Chauvinisten, wie Pedarsag Pourmokhtar, auch anti-iranisch, und was das bedeutet, sollte jedem klar sein. Chauvinisten, die nicht damit klarkommen, wenn ihr Land nicht in den höchsten Tönen gelobt wird, würden dies wahrscheinlich gerne verbieten, so wie sie wahrscheinlich auch die Denkmäler für die «300 Spartaner» und den Bakhtrioni-Aufstand verbieten würden wollen und die Leichenberge der Persischen Reiche endgültig unter den (Perser-)Teppich kehren.

Dies wird nicht passieren, zeigt aber die Mentalität einiger Iraner, nicht nur von Regime-Anhängern, die immer noch von ihren eigenen Ressentiments geplagt werden und Geiseln ihres ureigenen Grössenwahns sind. Dieser Wahn produziert dann auch solche Ideen,
wie die Idee, Hollywood zu verklagen wegen Filmen, wie «300». Deshalb lautet zum Schluss mein Ratschlag, an alle Iraner, egal ob Regime-Anhänger, oder Oppositionelle: Wenn dein Grössenwahn grösser ist als der Arsch** deiner Frau/ Geliebten/ Freundin, empfehle ich dringend professionelle Hilfe in Form von Psychiatern und Psychologen.

*Ein «Aniran» ist ein Nicht-Arier, Nicht-Iraner, Nicht-Perser, quasi die ewige Nemesis des Iran, von Geburt aus ein Feind des Iran und der iranischen Bevölkerung und vielen Fällen jemand der «Devs», zu Deutsch, Dämonen anbetet.

**Wenn Sie Iraner und heterosexueller Mann sind, wissen Sie was ich meine.