Bekenntnisse eines Vatanforoosh*: Die Revolution, die nicht ist

Geehrte Leserinnen und Leser!

Aufgrund der Proteste, die derzeit im Iran stattfinden, nehme ich mir die Freiheit anstatt über Russlands illegalen Angriffskrieg auf die Ukraine wiedermal über das Land der Arier zu schreiben. Denn es wird, wie gesagt, wieder protestiert. Ob diese Proteste zum Fall des Regimes der Statthalterschaft der Gelehrten führen wird, steht hingegen auf einem anderen Blatt und warum es bei diesen Protesten zu keinem Regimechange kommen wird, darüber möchte ich hier über die Bücher gehen.

Denn das Regime ist seit nunmehr 43 Jahren an der Macht und das Henkerregime hat keinerlei demokratische und/oder moralische Legitimität, um über den Iran zu herrschen. Dass das Regime der Statthalterschaft der Gelehrten immer noch nicht auf dem Müllhaufen der Geschichte ist, hat, meiner Ansicht nach, mehrere Gründe.

Zum einen ist da die Tatsache, dass die Opposition schlicht und ergreifend dysfunktional ist. Die zwei am besten organisierten Fraktionen innerhalb der Opposition wären die sogenannten «Volksmujaheddin», eine islamo-marxistische Sekte, die sich vom jetzigen Regime nur dadurch unterscheidet, dass sie anstelle des Systems der Statthalterschaft der Rechtsgelehrten das Ehepaar Rajavi, besser gesagt Maryam Rajavi, als deren Messias ansieht und deshalb Maryam Rajavi als rechtmässige Herrscherin des Iran ansieht. Und dann wären da noch die Monarchisten. Das Problem der Monarchisten ist Folgendes: Der Kronprinz, seine königliche Hoheit Reza Pahlavi, ist nunmehr 61 Jahre alt und war seit seinem 19. Lebensjahr nicht mehr im Iran, es besteht demzufolge die Gefahr, dass der Kronprinz, wie schon sein Vater, der Schah, im Exil sterben könnte.

Da der Kronprinz nur Vater von Töchtern ist, könnte das das Ende der Pahlavi-Dynastie sein, da die vorrevolutionäre Verfassung des Iran explizit nach einem männlichen Thronfolger verlangt, der nicht mit der vorherigen Qajaren-Dynastie verwandt oder verschwägert ist. Das wiederum heisst, dass das Regime nunmehr einfach warten muss, bis seine königliche Hoheit aufgrund von Alter oder Krankheit das Zeitliche segnet, bevor eine seiner Töchter ihm einen Enkelsohn schenken kann. Für mich bedeutet dies, dass die monarchistische Bewegung des Iran nicht nachhaltig ist, denn man hat keinen Plan B, ausser auf die «Rückkehr des Königs» zu hoffen und dass dieser, einem Messias gleich, alles zum Guten bringt.

Kritik wird nicht geduldet, stattdessen hört man Lobhudelei dafür, dass der Kronprinz Artesh, das sind die regulären Streitkräfte des Iran, darum bittet, die Waffen nicht mehr gegen die Bewohnerinnen und Bewohner des Iran einzusetzen und sich den Protesten anzuschliessen. Das Problem dabei? Im November 2019 hat Reza Pahlavi eine ähnliche Ansprache gehalten und später hat, wie «Iran International» aus London berichtete, der General Kioumars Heydari von Artesh, die wie gesagt die regulären Streitkräfte des Iran sind, damit öffentlich geprahlt, dass die iranischen Streitkräfte den Revolutionsgarden und Basiji-Milizen bei der Niederschlagung der Proteste geholfen haben. Ich werde, wie immer, unten einen Link dazu einfügen und auch zur vorrevolutionären Verfassung werde ich einen Artikel verlinken.

Mit einer solch chaotischen und dysfunktionalen Opposition ist natürlich nicht viel zu machen, und darum ist meiner Meinung nach diese Opposition einer der Hauptgründe, warum das Regime der Statthalterschaft der Gelehrten immer noch walten und schalten kann, wie es ihm beliebt, und seinem Tagwerk aus Folter, Mord und Totschlag nachgehen.

Ein anderer Grund für das Fortbestehen des Regimes ist der persische Chauvinismus, der unter persischen Iranerinnen und Iranern im Iran selber und auch im Exil Urstände feiern kann. Diese Iranerinnen und Iraner fungieren nach dem TEAM-Motto, sprich «Toll, ein anderer machts». Diese anderen sind oft die anderen, die Fremden, die Minderheiten und nicht-iranischen Ethnien wie zum Beispiel Georgierinnen und Georgier wie meiner Wenigkeit, von denen allen Ernstes von Iranerinnen und Iranern verlangt wird, für den Iran ihr Leben zu lassen, trotz der Tatsache, dass wir keine iranischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sind und seit über 200 Jahren nicht mehr Teil des Persischen Reiches.

Genau darum möchte ich die antiklerikale Opposition explizit in meiner Kritik bezüglich der Geisel des persischen Chauvinismus berücksichtigen. Für zu viele Iraner, sowohl Regime-Anhänger wie leider auch antiklerikale Oppositionelle, war der Zusammenbruch der Sowjetunion keine Warnung, sondern eine Einladung, sich die kaukasischen und zentralasiastischen Ex-Sowjetrepubliken unter den Nagel zu reissen und so das Persische Reich wieder auferstehen zu lassen. Für die antiklerikalen Oppositionellen ist der Glaube an die Wiederauferstehung des Persischen Reiches eine Art säkulares Substitut für Religion, weil der Islam für ihren imperialistischen Wahn nicht mehr Antrieb, sondern ein Hindernis ist, und andere Religionen wie das Christentum, Judentum und Bahaismus nicht so leicht bereit sind, Konvertiten aufzunehmen wie der Islam. Hinzu kommt, dass diese Iraner oftmals rechts der Mitte ihre politische Heimat haben und ihnen deshalb der Kommunismus des ollen Marx nicht zusagt. Genau diese Iraner, die noch immer Geiseln ihres ureigenen persischen Chauvinismus sind, halten das Regime an der Macht. Denn es ist offensichtlich der Situation nicht dienlich, von der Einnahme Tbilissis zu träumen, wenn man über keinerlei Macht in Teheran verfügt.

Solange aber die Situation sich nicht ändert, werden die immer wieder aufkeimenden Proteste innerhalb des Iran ein Versuch sein, eine Revolution, die keine ist, einzuläuten.

*Vatanforoosh bedeutet auf Persisch «Landesverräter» und so nennen mich Iraner, weil ich als Georgierin nicht auf Georgiens Unabhängigkeit verzichten will, kein Farsi spreche, mich der persischen Kultur nicht zugehörig fühle und nicht bereit bin, für den Iran zu sterben. Den Iranern, die in mir deshalb eine Landesverräterin sehen, sei gesagt: «Dissent is the highest form of Patriotism» (dt. Dissens ist die höchste Form des Patriotismus).

https://old.iranintl.com/en/iran-in-brief/commander-who-admitted-suppression-protests-iran-receives-medal

https://english.aawsat.com/home/article/2591706/camelia-entekhabifard/prince-reza%E2%80%99s-60th-birthday-horizon-iranian-women%E2%80%99s

Sofern Ihnen die Schreibe auf meinem Blog gefällt, empfehle ich Ihnen diesen Blog auf «Steady» zu unterstützen. Und sollte Ihnen mein Blog nicht gefallen, empfehle ich Ihnen auch, den Blog auf «Steady» zu unterstützen, eventuell werden Sie mich so schneller los, weil ich dann auf eine kleine Datsche am Schwarzen Meer ziehen kann. Der Link dafür ist unten angefügt:

https://steadyhq.com/de/pinkkoshernostra/about

 

Denn zum Sterben sind sie gut. Wie russischer und persischer Chauvinismus die Menschen im Kaukasus zu Kanonenfutter erklärt hat.

Geehrte Leserinnen und Leser!

Im Osten de facto nichts Neues, denn noch immer versuchen die Herrschenden im Kreml, die Ukraine zu unterwerfen und verstehen nicht, dass sie als Aggressoren und Invasoren in der Ukraine, und zwar selbst von der russischsprachigen Bevölkerung in Mariupol, Cherschon und Odesa, wahrgenommen werden. Ich möchte aber etwas, dass in der Flut an Informationen untergegangen, ist im heutigen Blog-Eintrag beleuchten.

Nämlich das Folgende: Wie verschiedene Medien berichtet haben, plant der Kreml den Einsatz von syrischen, libyschen und zentral-afrikanischen Söldnern in der Ukraine, hinzu kommen noch Rekruten aus dem Kaukasus, namentlich aus Dagestan, Ossetien und Tschetschenien, während die «richtigen Russen» geschont werden sollen.

Dies hat primär zwei Gründe: Zum einen hat Russland ernste demographische Probleme, sprich die Gesellschaft überaltert und man hat nicht genug Junge, d.h. junge Soldaten, um diese in einem Krieg zu verheizen. Während sich die Herrschaften im Kreml jahrelang über den Westen lustig gemacht haben, und über die Tatsache, dass viele westliche Staaten durch Migration nicht von Überalterung eingeholt werden, ist die demographische Krise in Russland nur schlimmer geworden. Von circa 145 Millionen Einwohnern Russlands, sind nur circa 6.5 Millionen zwischen 20-25 Jahre alt und nur etwa 12 Millionen sind zwischen 30-35 Jahre alt. Während die grosse Mehrheit der russischen Bevölkerung entweder das ist, was man umgangssprachlich heutzutage «Boomer» nennt oder schon verrentet, sprich in Putins Alterssegment, ist und der Mann ist nunmehr auch schon 70 Jahre alt. D.h. es gibt schlicht nicht genug «echte Russen» für einen echten Krieg mit einer echten Armee bei dem es echte Tote gibt. Dazu werde ich unten einen ausgezeichneten Artikel von «Foreign Policy», auf Englisch, verlinken.

Der andere Grund ist der weit verbreitete Rassismus und die Verachtung, die Russen und Russinnen gegenüber nicht-russischen Menschen innerhalb und ausserhalb Russlands haben. Dies führt dazu, dass die Russen und Russinnen, und mit dieser Einstellung sind sie beileibe nicht allein, da komme ich noch dazu, primär die nicht-slawischen Völker des Kaukasus als Kanonenfutter ansehen. So ist es nicht verwunderlich, dass nun Tschetschenen, Osseten und Dagestanier in einem aussichtslosen Konflikt für Russlands nicht vorhandene Glorie verheizt werden. Von der Einberufung von fanatisierten Osseten werde ich weiter unten einen anderen Artikel verlinken.

So wird einerseits versucht die Zustimmung für den Krieg gegen die Ukraine weiterhin in der Bevölkerung, sprich der ethnisch russischen Bevölkerung, zu erhalten, was nicht so schwer ist, denn die Russen und Russinnen hat es bis anhin auch nicht gekümmert, dass der Konflikt im Donbass bis 2022 14 000 Menschen das Leben gekostet hat. Dies, solange es der russischen Bevölkerung nicht selber an den Kragen geht und ihre Söhne bei einer Generalmobilmachung eingezogen werden.  Andererseits kann man bei diesem Konflikt nun unbeliebte Ethnien innerhalb Russlands, sprich die besagten Osseten, Tschetschenen und Dagestanier, als Menschenopfer für einen kaltblütigen Krieg in den sicheren Tod schicken.

Wie gesagt: Mit dieser Gesinnung, dass man den Kaukasus als konstantes Arsenal und dessen Bevölkerung als Schachfiguren in einem blutigen Spiel einsetzen kann, sind Russinnen und Russen wahrlich nicht allein. Bis heute treffe ich regelmässig auf stolze Perser, die noch stolzer darauf sind, dass ihre Vorfahren kaukasische Sklaven hatten und selbst diese «Patrioten» geben zu, dass die militärischen Erfolge der Safawiden, Afshariden, Zands und Ghajaren mehrheitlich dem Einsatz von zwangsverpflichteten Soldaten aus dem Kaukasus geschuldet war.

Demzufolge müssen gemäss der Meinung dieser iranisch-persischen Patrioten die Völker des Kaukasus wieder für den Iran, den Rechtsnachfolger der Perserreiche, die Kohlen aus dem Feuer holen, gegen das Regime kämpfen und für den Iran ihr Leben lassen, um dem Iran wieder zu alter Grösse zu verhelfen. Nein, das ist leider kein Witz, die meinen das todernst. Ich wurde schon geschlagen, beschimpft, unter anderem wurde ich des Stalinismus bezichtigt, weil ich gesagt habe, dass ich keine Monarchistin bin, und bespuckt, als ich gesagt habe, dass ich nicht vorhabe mein Leben für den Iran und den Schah zu opfern.

Dieses Wesensmerkmal, das sowohl in der iranischen wie auch in der russischen Bevölkerung verbreitet ist, andere in den sicheren Tod zu schicken, aber selber Zuhause bleibt, um dann bei Tee und Plätzchen, mit der nicht-vorhandenen Glorie zu prahlen. Darum ist es auch nicht verwunderlich, dass die Opposition sowohl im Iran wie auch in Russland von Niederlage zu Niederlage hinkt und es bisher weder im Iran noch in Russland zu einem Regimechange gekommen ist.

Das kann sich natürlich in Zukunft ändern, wenn sich die Mentalität in der Bevölkerung, sprich bei der Mehrheitsbevölkerung ändert, und man andere Menschen, ganz besonders jene Menschen im Kaukasus, die schon zu lange als Spielball von gescheiterten Imperien benutzt wurden, als ebenbürtig und nicht als Kanonenfutter ansieht. Aber solange dies nicht der Fall ist, wird mir nichts anderes übrigbleiben, als weiterhin Texte wie diesen hier zu verfassen.

Zu guter Letzt: Es ist an der Zeit, dass gebildete Menschen endlich verstehen, dass nicht nur westlich orientierte Staaten Imperien mit kolonialer Vergangenheit und imperialistischer Gesinnung sein können, sondern auch und gerade Staaten wie Russland und der Iran. Und den Bürgerinnen und Bürgern von Staaten wie Russland und dem Iran muss endlich klar werden, dass man im 21. Jahrhundert entweder eine moderne Demokratie und ein Rechtsstaat sein kann oder ein imperialistisches, revisionistisches Regime, das seine Nachbarstaaten als Vasalen ansieht, denn das hat die russische Invasion der Ukraine in den letzten Wochen ganz klar gezeigt. Russland hatte 1991 die Chance aus dem Untergang des Sowjet-Imperiums zu lernen und hat diese Chance vertan. Der Iran kann heute noch von diesen Fehlern lernen und es in Zukunft besser machen. Denn Minderheiten sind nicht zum Sterben für grosse Imperien da.

Russia Doesn’t Have the Demographics for War

Russia-Ukraine conflict: South Ossetian soldiers go to war “to finish off nazis”

Sofern Ihnen die Schreibe auf meinem Blog gefällt, empfehle ich Ihnen diesen Blog auf «Steady» zu unterstützen. Und sollte Ihnen mein Blog nicht gefallen, empfehle ich Ihnen auch, den Blog auf «Steady» zu unterstützen, eventuell werden Sie mich so schneller los, weil ich dann auf eine kleine Datsche am Schwarzen Meer ziehen kann. Der Link dafür ist unten angefügt:

https://steadyhq.com/de/pinkkoshernostra/about