Proteste in Kirgisistan: Mein Nachtrag zu «Die Revolutionen in den Ex-Sowjetstaaten und der Kreml»

Geehrte LeserInnen!

Das, was ich am 14.September hier geschrieben habe, nämlich dass man sich auf Proteste im post-sowjetischen Raum gefasst machen sollte, ist eingetroffen: Nicht nur wird seit nunmehr zwei Monaten in Belarus gegen die Herrschaft des Kolchose-Diktators Alexander Lukaschenko demonstriert, nun wird auch in Kirgisistan gegen Wahlbetrug demonstriert.

Dies war vorhersehbar und darum bin ich nicht weiter überrascht über die Ereignisse in Belarus und nun auch in Kirgisistan. Etwas, dass Sie eventuell überraschen könnte, ist die Tatsache, dass es in Kirgisistan schon mal eine Farbenrevolution gab, nämlich die sogenannte «Tulpenrevolution». Im Jahr 2005 demonstrierten die Bürgerinnen und Bürger von Kirgisistan schon einmal gegen Wahlbetrug und die Herrschaft des damaligen Autokraten und Staathalter des Kremls, Askar Akajew, der zuerst nach Kasachstan und dann nach Moskau fliehen musste. Die «Tulpenrevolution» brachte unteranderem die Sozial-Demokratin Rosa Otunbajewa an die Macht und machte sie damit zur ersten Frau seit der Feldherrin Tomyris, die die Geschicke eines zentralasiatischen Staates leitete.

Das Problem, warum die «Tulpenrevolution» im Endeffekt nicht so erfolgreich gewesen ist wie die der «Euromaidan» von 2014 und die «Rosenrevolution» von 2003, liegt meiner Meinung nach darin, dass Kirgisistan mitten in Zentralasien liegt, sich kein Mensch darum gekümmert hat und deswegen, als die Revolutionärinnen und Revolutionäre in Kirgisistan nachlässig geworden sind, die von Moskau unterstützten Kräfte wieder Morgenluft wittern konnten. Darum müssen nun, meiner Ansicht nach, die Menschen, die jetzt in Kirgisistan gegen den Wahlbetrug demonstrieren, extrem vorsichtig sein, was passiert, wenn sie die Statthalter des Kremls aus den Ämtern gejagt haben. Denn, dass eine «Farbenrevolution» in Zentralasien gelingen kann, die eine säkulare Frau an die Macht bringt, haben die Kirgisinnen und Kirgisen schon einmal bewiesen.

Was hingegen Belarus angeht, so habe ich die folgenden Zeilen dazu geschrieben, die bis heute ihre Gültigkeit haben:

Selbst wenn die kommenden Tage zu einer «sanften Revolution» wie in Armenien 2018 führen, so verliert der Kreml, denn alleine durch die geographische Nähe von Belarus zu Polen und den baltischen Staaten wird eine Annäherung von Belarus an westlich orientierte, europäische Staaten unumkehrbar. Dem Kreml schwimmen die Felle davon, weil funktionierende Demokratien wie Polen und die Baltischen Staaten Belarus Hilfestellung geben könnten, wo die Regierung das nicht kann, wenn Lukaschenko endlich auf dem Müllhaufen der Geschichte ist.

Dies ist hingegen bei Kirgisistan aufgrund der geographischen Distanz nicht der Fall. Darum haben die Menschen in Bischkek und anderswo nun einen längeren Weg zu Demokratie und einem funktionierenden Rechtsstaat, in dem die Menschen- und Bürgerrechte aller Menschen respektiert werden, vor sich. Aber der Weg ist gangbar, denn das haben die Menschen in Kirgisistan schon einmal vor einigen Jahren bewiesen. Was die Unappetitlichkeiten angeht, die es leider bei der «Tulpenrevolution» gegeben hat, als ethnische Kirgisinnen und Kirgisen Pogrome an ethnischen Usbekinnen und Usbeken verübt haben in Süd-Kirgisistan, weil Askar Akajew und seine die Usbekinnen und Usbeken beschuldigt haben, geschlossen mit der Opposition unter einer Decke zu stecken, ist dies möglich, aber unwahrscheinlich. Denn nach den Pogromen haben NGO und Politikerinnen für einen grösseren nationalen Zusammenhalt in der Region hingearbeitet.

Aber, was ich unterstreichen muss und was weiterhin gilt, ist folgendes:

Es ist meiner Ansicht nach von enormer Wichtigkeit die Zivilgesellschaft in Staaten wie Belarus, der Ukraine und im Kaukasus stärken, damit diese gerüstet ist gegen die Propaganda und dergleichen aus Moskau. Denn die Zukunft hat gerade erst begonnen und diese Zukunft beinhaltet keine Renaissance des Sowjet-Imperiums, sondern die weitere Ablösung von Staaten, die einst zum Sowjet-Imperium gehörten und nun die Unabhängigkeit erlangt haben. Diesen Fakt sollten sowohl der KGB-Zwerg im Kreml wie auch (semi-professionelle) Kreml-Apologeten endlich akzeptieren, damit Russland sich auf die zahlreichen Probleme konzentrieren kann, die das Land plagen und bisher aufgrund eines imperialistischen Grössenwahns nicht gelöst werden konnten. Denn die Zeit lässt sich nicht mehr zurückdrehen, weder in Minsk noch in Bischkek.

Needed: A Leader

Liebe Ladies & Fellas

Der Titel dieses Beitrags ist gleichzeitig der Name einer israelischen Sendung, welcher vor einiger Zeit ausgestrahlt wurde & in der Führungspersönlichkeiten gesucht wurden. Aber in meinem Beitrag heute geht es nicht um Israel. In diesem Beitrag geht es um den Iran, genauer: Um die iranische Opposition & ihr grösstes Problem, welches, meiner Meinung nach, nicht die Existenz des Regimes der Islamischen Republik ist, das ist nämlich nur das zweigrösste Problem. Das grösste Problem der iranischen Opposition, bestimmt ahnen Sie es schon, ist das fehlen von wählbaren Führungspersönlichkeiten nach dem Regimechange.

Immer, wenn ich mit meinen iranischen Freunden über einen Regimechange & die Auswirkungen davon rede, frage ich sie auch, wen Sie in das Amt des Präsidenten wählen würden. Bis heute bekam ich bisher nur einen Namen genannt & bei diesem Namen handelt es sich um einen Komiker aus Los Angeles. Sonst kriege ich als Antwort nur, das ihnen niemand einfällt & andere, billige Entschuldigungen, warum eine Kulturnation, wie der Iran keine einzige passable Führungspersönlichkeit in der Opposition hat, während das kleine, arme Georgien während der „Rosenrevolution“ auf Menschen, wie Giga Bokeria, Nino Burjanadze & Mikheil Saakashivili zurückgreifen konnte.

Jetzt werden einige Kritiker nörgeln & finden das die iranische Opposition als Letztes Führungspersönlichlichkeiten braucht, immerhin sei der Iran, mit oder ohne kompetente Führungspersönlichkeiten, eine Theokratie mit einer barbarischen Schariagerichtsbarkeit. Dem möchte ich entgegenen, dass der Iran, für einen Staat in der MENA-Region, eine, halbwegs funktioniernde Zivilgesellschaft & eine fortschrittliche Zivilbevökerung hat. Das sind gute Omen für eine weitere Demokratisierung. Was dem Iran fehlt, sind tatsächlich moderate Führungspersönlichkeiten, die in ihrem Kampf gegen die islamische Diktatur, andere Teile inspirieren & so mobilisieren können. Die Existenz solcher Menschen in der Opposition wäre eine reele Gefahr für das Regime zu Teheran & natürlich profitiert das Regime davon, dass der Opposition besagte, im Augenblick, fehlen. Deshalb bin ich der Meinung, das es, neben harten Sanktionen um das Regime von aussen zu schwächen, auch eine gewisse Disziplin, Mut & Vernunft innnerhalb der iranischen Opposition braucht, um das Regime auch innerhalb des Irans herauszufordern.

Ja, ich weiss dieses Regime ist menschenverachtend, suizidal & gefährlich & dieses Regime profitiert enorm davon, das viele iranische Oppositionelle säkular sind & so nicht den geringstens Wunsch verspüren als politische „Märtyrer“ zu sterben. Aber dies ändert nichts an der Tatsache, dass der Iran fähige Oppositionelle für einen Regimechange braucht & zu guter Letzt sollte man immer an die weisen Worte von Arseni Yatsenyuk denken, die er am „Maidan“ geschrien hat: „Sie können nicht uns alle töten.“