Der Tod von Soleimani und die Medien

Geehrte LeserInnen!

Anlassbezogen fühle ich mich dazu gezwungen wieder über den Tod von Soleimani zu schreiben, dem Mann der auszog, um als Shahid zu sterben und als Kubideh in den Iran zurückkehrt. Es scheint, als wäre die MENA-Region ein ständiger Quell für Inspiration für meinen Blog, denn sie liefert ständig neue Themen.

Aber befassen wir uns wieder mit dem Terroristen Soleimani und der unrühmlichen Rolle der Medien nach seinem Tod. Zuallererst: Man sollte aufhören, auf die Propaganda des Regimes und dessen Proxies hereinzufallen, denn, nein, der Tod von Soleimani hat zu keinem Flächenbrand im Nahen und Mittleren Osten geführt. Schon vorher gab es Gewalt zwischen Arabern und anderen ethnischen Minderheiten wie Kurden und Berbern, Bürgerkriege und  schiitischen und sunnitischen Terrorismus, an dem übrigens Soleimani direkt beteiligt war, indem er Terrorgruppen wie die Hisbollah, die Hamas und den Islamischen Jihad aktiv unterstützt hat. Letztgenannte sind übrigens nolens volens sunnitisch-dominierte Terrorgruppen, aber über ihre Unterstützung von sunnitischen Jihadisten redet das Regime von Teheran nicht gerne. Stattdessen betont man, was das Regime von Teheran und solche Gestalten wie Soleimani angeblich im Kampf gegen den Islamischen Staat geleistet haben. Das ist ja alles schön und gut, nur sollte man nicht vergessen, wer 1979 mit dem Export von Terrorismus begann, indem man Jihadisten sämtlicher Couleur mit Petrodollars in ihrem sinnlosen Krieg gegen Amerika und Israel unterstützt und so islamischen Terrorismus zu einem globalen Phänomen gemacht hat: die Islamische Republik Iran. Hätte Khomeni nach 1979 die Füsse still gehalten, dann wäre uns islamistischer Terror in dieser Form erspart geblieben. Sich nun als Helden zu stilisieren ist, gelinde gesagt, lächerlich.

Hinzu kommt: Wie viele Peschmerge sind im Kampf gegen den IS gefallen? Hat man über den Tod auch nur eines einzigen Peschmerge so berichtet, wie über den Tod des Terroristen Soleimani berichtet wurde? Oder ist das Leben eines kurdischen Peschmerge, der tatsächlich im Kampf gegen den IS starb, weniger wert als das eines iranischen Revolutionsgardisten? Ich stelle diese Fragen nur mal so in den Raum und den Rest können Sie sich ja selber denken.

Was ich auch bizarr finde, ist wenn Medien nun quasi einen Liveticker für Raketenangriffe auf militärische Stütztpunkte im Irak einrichten und über jeden Raketeneinschlag im Irak, Syrien oder Libanon so berichten, als sei es etwas noch nie dagewesenes. Ich kann gerne unten einen Link mit dem Artikel der «New York Times» vom 27. Dezember 2019 hinzufügen, in dem über den Tod eines amerikanischen Söldners berichtet wird, der aufgrund eines Raketenangriffs auf den K1-Stützpunkt in der Nähe von Kirkuk, verstorben ist. Dieser Angriff wurde höchstwahrscheinlich von iranischen Proxies, den sogenannten Asa’ib Ahl al-Haqq durchgeführt. Dieser Angriff geschah noch vor dem Tod des Terroristen Soleimani und soll uns allen vor Augen führen, dass das Regime von Teheran und deren Proxies im Irak und anderswo immer unverschämter agiert haben. Dazu hat es keinerlei Aktion der USA bedurft. Jetzt droht Khameini, der Herrscher eines Landes ist, das nur noch wegen Katastrophen in den Medien ist, mal wieder, den USA. Deshalb den Schwarzen Peter den Amerikanern zuzuschieben, ist nicht rechtens. Denn wie ich auch schon geschrieben habe: Weder wird es einen dritten Weltkrieg geben, schlicht deshalb nicht, weil kein amerikanischer Präsident, weder Ronald Reagan noch George W. Bush, irgendeinen Weltkrieg ausgelöst hat und Trump dies auch nicht tun wird, noch sollte man den Tod eines schiitischen Terroristen betrauern. Denn nichts anderes war Soleimani, aller Revolutionsrhetorik zum Trotz.

Es ist generell eine zeitgenössische Unsitte dass man über Islamismus hinwegsieht, so lange sich Menschen, Gruppen oder Staaten nicht zum «Islamischen Staat», Al-Qaeda oder zum Salafismus bekennen. Das ist grob fahrlässig und führt dazu, dass Imperialisten in der Verkleidung von Revolutionären hofiert werden und diese sich somit ermutigt fühlen mit ihrer chauvinistischen und irredentistischen Politik des Terrorexports weiterzumachen. Stattdessen wäre es an der Zeit für echte Sanktionen. Effektive Sanktionen die dazu führen, dass in Teheran der «Vertrag von Golestan» im Vergleich zu den Sanktionen wie ein Geschenk des Himmels erscheint. Das und etwas mehr Aufrichtigkeit der Medien wäre gut, denn man muss nicht jede Propagandashow des Regimes von Teheran weiterverbreiten.

P.S. Bevor ich es vergesse: Wenn Ihnen die Schreibe auf meinem Blog gefällt, können Sie ihn auf «Steady» unterstützen. Ich werde den passenden Link unten hinzufügen.

https://steadyhq.com/de/pinkkoshernostra

Die antiklerikale, iranische Opposition: Ein Lagebericht

Geehrte Leser!

Schon vor einiger Zeit schrieb ich einen Bericht, der sich mit dem Zustand der antiklerikalen, iranischen Opposition im angelsächsischen und im deutschsprachigen Raum befasste. Nun, da das Regime und seine Anhänger das vierzigjährige Jubiläum der islamischen Revolution feierten, ist es meiner Meinung an der Zeit, wieder einen Blick darauf zu werfen, wie es um die antiklerikalen Oppositionellen steht. Besonders, da mein vorheriger Bericht hart mit diesen Oppositionellen ins Gericht ging.

Was hat sich seitdem verändert? Nun, im Jahr 2018 rollte eine riesige Protestwelle über die Islamische Republik. Sowohl kurdische Umweltschützer, wie auch streikende Arbeiter in der «Haft Tappeh» Zuckerfabrik in Susch, im Süd-Iran, wie auch Studenten an den verschiedenen Universitäten von Teheran drückten ihr Missfallen über die Existenz der sogenannten Statthalterschaft der Rechtsgelehrten und den obersten Religionsführer Khameini aus. Und die antiklerikale Opposition im Exil, was tat die? Diese Opposition versuchte, die Protestierenden im Iran, so gut es eben ging zu unterstützen und schloss sich nun zu einem Netzwerk, namens «Farshgard»/ «Iran Revival» zusammen, das primär in Sozialen Netzwerken wie «Twitter» aktiv ist. Damit hat es sich im Grossen und Ganzen.

In meinem letzten Bericht schrieb ich darüber, dass der iranischen Opposition Führungspersönlichkeiten fehlen. Auch hier tat sich kaum etwas, denn entweder sind die Frauen, die man als «Salz der Erde» bezeichnen könnte, wie Narges Mohammadi und Nasrin Sotoudeh im Gefängnis, oder man hofft darauf, dass der Kronprinz, seine Hoheit Reza Pahlavi, aus dem amerikanischen Exil zurückkehrt. Daneben habe ich Vorschläge für das Amt eines Präsidenten, gehört, die absolut unrealistisch und bizarr waren, wie die Sängerin Googoosh, den Komiker Kamran Atabaki und den jetzigen, israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu. Ja, die Iraner sind verzweifelt und ich merke es, auch und gerade deshalb, wenn Jugendliche aus dem Iran zum Grab von Kyros dem Zweiten pilgern, in der Hoffnung, dass dieser a` la Dracula nach Sonnenuntergang von den Toten auferstehen und dem Mullahregime den Gar ausmachen würde. Wie man sieht, hat sich bezüglich einer passablen Führungspersönlichkeit wenig getan, seit meinem letzten Bericht.

Auch in Bezug auf regressive Elemente innerhalb der iranischen, antiklerikalen Opposition muss, meiner Ansicht nach, ein Augenmerk gerichtet werden. Damit beziehe ich mich auf die langsame Infiltration von Personen, die Organisationen, wie den Volksmujaheddin nahestehen und deshalb in andere oppositionelle Netzwerke, in parasitärer Manier, eindringen. Etwas, das mir nicht bewusst war und das mich im letzten Jahr extrem hart getroffen hat, ist der Irredentismus innerhalb der Exil-iranischen Gemeinschaft und besonders der antiklerikalen Opposition. Mir ist bewusst geworden, dass dieser Irredentismus für viele iranische Oppositionelle ein säkularer Religionsersatz ist, eine Art Trost für das Leben im unfreiwilligen Exil, doch trotzdem treffen mich die Morddrohungen und auch die generelle Dehumanisierung von Nicht-Iranern aus diesem Umfeld sehr.

Ein paar Beispiele:

  • Einmal beschimpfte mich ein Exiliraner als «Vatanforoosh» (dt: Landesverräter) und «dirty gorji» (dt: dreckige Georgierin) und drohte mir damit, meine Kehle durchzuschneiden.
  • Ein anderes Mal beschimpfte man mich als «bisharaf» (dt: ehrlos), «dirty Tork» (dt: dreckige Türkin), als «lower than Malakhor (dt: Heuschreckenfresser*), lower than animals» und wieder als Landesverräterin und drohte mir damit, meine Leichenteile an Hunde zu verfüttern.
  • Wieder ein anderes Mal, wurde mir damit gedroht mich mit dem gleichen Strick zu erhängen, wie Khameini, weil ich als «dirty gorji» keinen eigenen Strick verdienen würde. Des Weiteren drohte man mir, dass man das Werk von Mohammad Agha Khan vollenden würde.

Das alles nur deshalb, weil ich georgischer Herkunft bin und für mich die Unabhängigkeit Georgiens nicht zur Disposition steht, d.h. ich bin gegen eine Okkupation Georgiens von Seiten Russlands, der Türkei oder des Irans. Natürlich ist mir bewusst, dass nicht alle Iraner verkappte Irredentisten sind, doch die Tatsache, dass dem Treiben dieser Gestalten innerhalb der antiklerikalen Opposition nichts entgegensetzt wird, beunruhigt mich sehr. Insgesamt lässt sich sagen, dass solcher Chauvinismus regressives Verhalten begünstigt und dafür sorgt, dass das Henkerregime zu Teheran von der Unfähigkeit der Opposition, in einem unglaublichen Mass, profitiert. Das Henkerregime der Mullahs, das keinerlei demokratische oder moralische Legitimität besitzt, um über den Iran zu herrschen, profitiert auch von der Tatsache, dass grosse Teile der iranischen Diaspora, in den letzten Jahren, sehr unpolitisch oder gar opportunistisch sind. Oder wie «Iran Journal» am 11. Februar 2019, im Artikel «40 Jahre iranische Revolution: 40 Jahre Flucht und Vertreibung» schrieb: Die meisten Iraner, die heute in den Westen kommen,  sind unpolitische Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen das Land verlassen und sich im Westen ein besseres Leben erhoffen. Diese Leute denken zuerst an die Karriere und daran, ob eine politische Karriere für sie Nachteile haben könnte. Ausserdem arbeiten sie daraufhin schnellstens eingebürgert zu werden, um zwischen dem Iran und dem Westen hin- und herfliegen zu können. Die tatsächlichen Oppositionellen können das bis heute nicht. Und genau diese Melange aus Opportunismus, Irredentismus und anderem regressiven Verhalten ist es, die das Mullahregime am Leben hält, trotz allem. Summa summarum ist es der erbärmliche Zustand der Opposition, der die Statthalterschaft der Gelehrten immer noch zementiert. Und das ist die Tragödie, denn wie ich schon in meinem früheren Bericht schrieb: Der Iran hat, für einen Staat in der MENA-Region, eine, halbwegs funktionierende, fortschrittliche Zivilgesellschaft. Das sind gute Omen für eine weitere Demokratisierung. Wie auch die Tatsache, dass der oberste Religionsführer des Irans und der ganze Apparat des Regimes, im Gegensatz zu Erdogan in der Türkei und dem FSB-Apparatschik in Russland, nicht demokratisch legitimiert ist.

*Wörtlich bedeutet «Malakhor» auf Persisch «Heuschreckenfresser», gemeint sind damit aber Araber.