Der post-sowjetische Raum und das Ende meiner Geduld

Geehrte LeserInnen!

In Zchinvali wird dieser Tage demonstriert. Nun sind Demonstrationen gegen Korruption, Misswirtschaft und dergleichen gerade im post-sowjetischen Raum kein Novum, warum sollten wir uns also mit Demonstrationen in der von Kreml-Proxies okkupierten Zchinvali-Region befassen, die international auch unter dem unsäglichen Namen «Süd Ossetien» bekannt ist und die weniger Einwohner als die Schweizer Stadt Winterthur hat?

Nun, weil man am Beispiel Zchinvali-Region/Süd-Ossetien sehen kann, was alles schief laufen kann, wenn man sich auf die imperialistische und chauvinistische Politik des Kreml einlässt. Zuallererst: Das alles, was jetzt passiert ist und zu den Demonstrationen in Zchinvali geführt hat, wurde vor 2008 den russophilen Osseten von den wohlmeinenden Georgiern prophezeit. Die Osseten in der Zchinvali-Region wollten nicht hören, stattdessen haben sie mit dem Kreml kooperiert, in der Hoffnung, im Gegenzug einen «Anschluss» an die Russische Föderation zu bekommen und damit russische Staatsbürger zu werden. Dafür waren die Osseten in der georgischen Zchinvali-Region sich nicht zu schade, die vom Kreml propagierte Lüge eines Genozids* an den Osseten durch die Georgier zu verbreiten. Eines Genozids, den es nie gab. Dafür wurden 2008 Georgier während des Augustkriegs aus der Zchinvali-Region vertrieben, sprich Georgier wurden Opfer von ethnischen Säuberungen und waren deshalb Opfer und nicht Täter.

Aber zurück zu den Osseten in Zchinvali, die damals nicht hören wollten und heute die Unterdrückung durch die Proxies des Kreml fühlen müssen. Sie wurden gewarnt, dass Russland kein funktionierender Rechtsstaat ist, und das schon damals nicht war, dass russische Behörden wie Sicherheits- und Nachrichtendienste, die Polizei/Miliz und andere dafür berühmt-berüchtigt sind, physische und psychische Folter einzusetzen. Dass die notorische «Russifizierung» gerade für Minderheiten nicht förderlich ist und nicht zu einem Wiederbeleben der ossetischen Kultur und Sprache führen wird. Nun wurde ein Mann von den Behörden in Zchinvali zu Tode gefoltert, und dieses Mal war dieser Elende ein Ossete. Dieser Mord brachte das Fass zum überlaufen für die Osseten in Zchinvali. Aber der Weg dorthin führte über ethnische Säuberungen und andere Widerlichkeiten, über die ich nun schreiben werde.

Dafür gehen wir gedanklich zurück ins Jahr 2008 und zu den oben beschriebenen ethnischen Säuberungen an Georgiern, die bis dahin, ironischerweise, die Mehrheit in Zchinvali waren. Diese ethnischen Säuberungen konnten natürlich nicht von einer kleinen Minderheit mit Waffen aus sowjetischen Beständen begangen werden, sondern damals tauchten «grüne Männchen» auf, schwer bewaffnete Männer in militärischer Bekleidung ohne Rang und Abzeichen, die georgisch bewohnte Viertel unter Beschuss nahmen und damit die Einwohner zur Flucht zwangen. Die Taktik der «grünen Männchen» setzte der Kreml später in der Ost-Ukraine und auf der Krim ein. Aber zurück in den Kaukasus: Nach den ethnischen Säuberungen war es nicht vorbei mit den Widerlichkeiten, denn nun waren die Osseten «frei», russifiziert zu werden. Heute findet in Zchinvali man kaum Schulbücher, Strassenschilder etc. in Ossetisch. Radio-Sendungen, Lebensmittelverpackungen etc. sind auf Russisch. Anfang dieses Jahres, kurz vor der Pandemie, liess der ossetische «Präsident» Anatoliy Bibilov, per Dekret alle georgisch-beschrifteten Medikamente auf dem Müll entsorgen.

Der vom Kreml beförderte Hass gegen alles Georgische kennt in Zchinvali kein Mass, wie der Foltermord am georgischen Obsthändler und Ex-Soldaten Archil Tatunashvili bewiesen hat. Archil Tatunashvili wurde am 22.Februar 2018 bei einem Verwandtenbesuch in der Zchinvali-Region von den Kreml-Proxies aufgrund fadenscheiniger Gründe festgenommen, ihm wurde vorgeworfen, 2008 am Genozid beteiligt gewesen zu sein, was unmöglich ist, denn 2008 war er als georgischer Soldat und damit als Teil der «Koalition der Willigen» im Irak stationiert gewesen. Das hinderte die Kreml-Proxies natürlich nicht, diesen Mann zu Tode zu foltern, seine Organe zu stehlen ( Archil Tatunashvilis Leiche fehlten wichtige Organe wie Leber, Milz und Nieren) und später bei der Übergabe der Leiche an die georgischen Behörden zu erklären, dass dieser eine Treppe heruntergefallen sei. Als die georgische Generalstaatsanwaltschaft danach erklärte, dass sie nun Russland und die Proxies beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen dem Foltermord an Archil Tatunashvili verklagen würde, gab es in Zchinvali ein Autokorso mit einem Hupkonzert, bei dem die ossetische «Flagge» geschwenkt und für Bibilov und andere in demonstriert wurde.

Mich erinnert das Ganze an Teile des Nahen und Mittleren Ostens nach dem 11.September. Nun aber ist das Folteropfer der Kreml-Proxies in der Zchinvali-Region ein ethnischer Ossete und jetzt fühlen sich die Osseten in Zchinvali betroffen, weil nun einer der ihren daran glauben musste. Jetzt, wo sie nicht nur hören, sondern auch fühlen müssen, wird demonstriert, zumal die Abhängigkeit zum Kreml nicht nur zu Versorgungsengpässen bei Grundnahrungsmitteln wie Milchprodukten führt. Etwas, das es so seit Sowjettagen nicht mehr gegeben hat.

Wohlmeinende Europäer fühlen sich jetzt dazu berufen, diesen Osseten in Zchivali verbal zur Hilfe zu eilen und zu fordern, dass die EU den Druck auf Bibilov erhöht, aber ich frage mich, wie das möglich sein soll. Denn Bibilov ist wie alle Schosshunde des Kreml im Kaukasus sanktioniert und die Entität der Zchinvali-Region/Süd-Ossetien ist, glücklicherweise, mit Ausnahme von Regimen wie Assads Syrien, Putins Russland, dem Venezuela unter Maduro und den sogenannten «Volksrepubliken», sprich Moskaus Proxies in der Ukraine und, natürlich, Nauro international nicht anerkannt. Selbst Lukaschenkos Belarus und die russophile armenische Regierung erkennen die Zchinvali-Region als integralen Teil Georgiens an! Das heisst: Bibilov nun in irgendwelche Gespräche einzubeziehen, würde bedeuten, ihn anzuerkennen und somit aufzuwerten. Dies wäre ein Schlag ins Gesicht aller georgischen Staatssbürger, besonders der beinahe 300 000 georgischen Staatsbürger, die aufgrund des Augustkriegs und des von Moskau alimentierten Konflikts in Abchasien bis heute als Binnenflüchtlinge leben müssen.

Alles in allem bleibt mir da nur noch der Zynismus. Die Osseten wurden mehrmals gewarnt und ihnen wurde prophezeit, wohin ihre kurzsichtige Politik einer Renaissance der Osseten innerhalb der Russischen Föderation führen wird. Nun ist das, was ihnen prophezeit wurde, eingetroffen und prominente ossetische Politiker und Politologen greifen anstatt nach den Sternen schon wieder ins Klo. Der ehemalige «Präsident» Süd-Ossetiens, Eduard Kokotiy, beschuldigte Georgien, verantwortlich für die jetzige Situation und die Engpässe zu sein, da Tbilisi sich weigert, die Zchinvali-Region/Süd-Ossetien in die Unabhängikeit zu entlassen. Kokotiy schlug stattdessen allen Ernstes vor, die Zchinvali-Region/Süd-Ossetien mit der teil-autonomen «Republik» Nord-Ossetien/Alanien als eigenständige Republik Ossetien zu vereinigen und die Unabhängigkeit zu erklären. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Eine Entität die weniger Legitimität hat als der Vatikan und von einer Krise in die Nächste schlittert, denkt nicht im Traum daran aufzugeben, sondern will sich noch verbreiten wie ein Tumor. Es ist zynisch von mir, aber genau deshalb habe ich mehr Mitleid mit den Menschen in Belarus, in der Ukraine und anderswo als mit den Osseten, die bis heute aufgrund ihrer andauernden kulturellen Krise ein Quell des Elends sind und nur fähig sind, Elend zu produzieren und zu exportieren. Aber was erwarte ich eigentlich von Menschen, die sich mehrheitlich als orthodoxe Christen sehen und die den Massenmörder Stalin heilig sprechen wollen, um ihn anbeten zu können, trotz der Tatsache, dass sich Stalin selber zu Lebzeiten als Atheist sah?!

*Für alle Kreml-Apologeten, die mitlesen: Wenn Georgier wirklich einen Genozid an den Osseten hätten begehen wollen, wäre es doch einfacher gewesen, die Osseten in der Trialeti-Region zu ermorden, oder irre ich mich? Die Tatsache aber, dass sowohl in der Trialeti-Region, die bis heute nicht von Kreml-Proxies okkupiert ist, wie auch in der Zchinvali-Region noch viele Osseten leben, zeigt, das es diesen Genozid nie gegeben hat und nur Kreml-Propaganda ist.

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Worauf man heute in Tbilisi stolz sein kann!

Geehrte LeserInnen!

Heute habe ich gute Nachrichten zu verkünden! Die EU hat die Einreiseverbote, die wegen der Covid-19-Pandemie in Kraft getreten sind, für die meisten Schengenstaaten und noch ein paar andere Staaten wie Australien und Kanada aufgehoben. Sie hat allerdings auch das Einreiseverbot für georgische Bürger und Bürgerinnen aufgehoben. Das sind gute Nachrichten. Es zeigt, dass der georgische Weg mit der Pandemie umzugehen, im Grossen und Ganzen funktioniert hat. Heute sitzt das kleine Georgien nicht mehr am Katzentisch der Nationen, sondern wurde in den Kreis der zivilisierten Länder aufgenommen.

Eine kleine Ex-Sowjetrepublik, von deren Territorium 20% durch russische Proxies okkupiert sind, zeigt, dass man auch mit einem unterfinanzierten Gesundheitssystem und einer Regierung, die sonst damit beschäftigt ist, einem gewissen Oligarchen zu dienen, diese Pandemie erfolgreich in Schach halten kann, wenn man denn auf Experten wie Doktor Amiran Gamkrelidze hört. Herr Doktor Gamkrelidze ist der oberste Seuchenexperte Georgiens. Aufgrund der exzellenten Arbeiten von Doktor Gamkrelidze und seinen Kollegen und Kolleginnen hat Georgien bisher insgesamt nur 15 Tote zu beklagen, die an oder durch Covid-19 gestorben sind. Und ja, diese Zahlen sind verlässlich. Sonst dürften sich Georgier nicht ab August wieder frei im Schengenraum bewegen.

Es ist vernünftig auf tatsächliche Experten zu hören. Auf wen man meiner Meinung nach besser nicht hören sollte sind autokratische Regime und deren Apologeten. Das ist etwas, das Armenien auf die harte Tour lernen musste. Denn sowohl Georgien wie auch Armenien bekamen ihre Patienten mit Covid-19 von Menschen, die aus der Islamischen Republik Iran kamen. Die Reaktionen darauf unterschieden sich jedoch in Tbilisi und Jerewan. Während Tbilisi praktisch sofort eine Einreisesperre für den Iran verhängte, wartete man in Jerewan noch ab und hoffte, die ersten, unschönen Lockdown-Massnahmen inklusive Einreisesperre nach dem persischen Neujahr, am 21.März, verhängen und vorher ein bisschen Reibach mit iranischen Touristen machen, die in den südkaukasischen Ex-Sowjetrepubliken Urlaub machen, weil dort Alkoholkonsum und Glücksspiel legal sind, machen zu können. Das führte dazu, dass Armenien, das auch eine Ex-Sowjetrepublik mit ähnlich grosser Einwohnerzahlund einem ähnlich maroden Gesundheitssystem, über 400(!) Tote zu beklagen hat, während man in Georgien, wie erwähnt, glücklicherweise nur 15 Menschen aufgrund von Covid-19 bestatten musste.

Natürlich hat die armenische Regierung im Endeffekt allein gehandelt, doch zu dieser grob fahrlässigen Politik gegenüber der eigenen Bevölkerung wurde man in Jerewan durch die schönen Worte aus Teheran ermutigt, wonach das Regime der Islamischen Republik die Pandemie im Griff hätte. Dies entsprach schlicht nicht den Tatsachen und es ist gut, dass man sich in Tbilisi nicht auf schöne Worte alleine von gescheiterten Imperien verlässt, sondern genau auf die Taten und Ereignisse achtet. So ist es auch nicht weiter überraschend, wie Georgien reagiert hat.

Darum glaube ich, alles in allem, dass Georgien trotz einiger Rückschläge auf einem guten Weg ist, Teil der zivilisierten Welt zu werden. Auch Dank Menschen wie Doktor Amiran Gamkrelidze und Giga Bokeria. Letzterer sagte einst in Bezug auf die Okkupation durch die Proxies des Kreml, dass man in Georgien nicht konstant die Okkupation als Entschuldigung für Fehler und Unzulänglichkeiten nehmen dürfe. Wenn man Georgien wirklich fit für die Zukunft machen und den Sowjetmief abschütteln wollte, so müsse man ab einem gewissen Punkt die Okkupation ignorieren und sich mit den restlichen Problemen des Landes befassen. Nur so könne man mental und auch politisch mit der zivilisierten Welt mithalten.

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