Mein Senf zu den «frozen-conflicts» im Kaukasus angesichts der aktuellen Ereignisse

Geehrte Leserinnen und Leser!

Nun, da der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan aufgrund der Tatsache, dass Armenien Nagorno-Karabagh okkupiert, dieser Tage wieder aufflammt, dachte ich, dass ich als georgisch-stämmige Frau dazu meine Meinung kundtun werde.

Zuallererst: Es reicht nicht, wenn zivilisierte Staaten sagen, dass die Kämpfe im Kaukasus nun aufhören sollten, und damit sowohl Armenien wie auch Aserbaidschan gleich schelten. Denn damit wird man der Sachlage absolut nicht gerecht, weil nur ein Staat hier Gebiet okkupiert, und das ist in diesem Fall Armenien, das Nagorno-Karabagh seit Jahren besetzt hält und von dort alles vertrieben hat, was nicht christlich und armenisch ist, sprich sowohl schiitisch-muslimische Aserbaidschaner wie auch jüdische Taten (Berg-Juden), und damit ethnische Säuberungen begangen hat.

Die Tatsache, dass Nagorno-Karabagh besetztes Gebiet ist, wird von den meisten zivilisierten Staaten wie auch Rechtsexperten als unumstritten angesehen. Nur solche Entitäten wie die sogenannten «Volksrepubliken» im Donbass und andere Kreml-Proxys wie Abchasien und die Zchinwali-Region/Süd-Ossetien anerkennen den Nagorno-Karabagh als Teil Armeniens oder gar als unabhängigen, zweiten armenischen Staat.

Das ist noch nicht alles: Pashiniyan, der jetzige armenische Premierminister, ist praktisch der Schosshund des Kremls und des iranischen Regimes im Süd-Kaukasus, und nicht nur das, in Armenien selber wird er von Hardlinern angetrieben, die von einem Gross-Armenien auf den Gebieten der heutigen Türkei (Van-See), Georgien (der Provinz Javakheti) und natürlich von Nagorno-Karabagh träumen. Aber unter diesen Hardlinern gibt es einige, denen auch das nicht genug ist, und die davon träumen die Stadt Ganja, die auf Armenisch «Gandzak» heisst, einzunehmen und sie zu einem Teil Gross-Armeniens zu machen. Als Legitimitätsgrundlage ziehen sie die armenische Minderheit, die in Ganja lebt, heran und die Tatsache, dass ein wichtiger Denker des armenischen Volkes, der Gelehrte Mkhtiar Gosh, in Ganja geboren wurde. Dazu muss man wissen, dass selbst zu Lebzeiten von Mkhtiar Gosh Ganja nicht mehr rein-armenisch gewesen ist, und anno dazumal Teil des Königreichs Georgien war. Mkhtiar Gosh war sogar Beamter am Hofe der georgischen Könige!

Die Tatsache, dass Pashiniyan, um diesen Hardlinern und den Herrschern in Teheran und Moskau zu gefallen, seit Ende dieses Sommers aserbaidschanisches Staatsgebiet beschiessen lässt, somit Zivilistinnen und Zivilisten gefährdet und damit obendrauf den Export von aserbaidschanischem Erdöl und Gas nach Israel und nach Georgien aufs Spiel setzt, wie die  «Jerusalem Post» und andere Medien berichtet haben, spricht für sich. Pashiniyan, der während der Covid-19-Pandemie komplett versagt hat*, spielt nun mit dem Feuer, um sich bei Hardlinern und seinen Herrschern in Teheran und Moskau anzudienen. Damit riskiert er einen Flächenbrand in der Region zu entfachen. Angesichts der immer noch wütenden Covid-19-Pandemie und der Tatsache, dass der Kaukasus ein Fleckenteppich an Kulturen ist, der schwer zu befrieden ist, ist eine solche Politik gemeingefährlich, wenn auch nicht überraschend für mich. Wie die «Jerusalem Post» spekuliert, hat Pashiniyan den Beschuss von aserbaidschanischem Staatsgebiet eventuell auf Geheiss Teherans getan, um so den Export von aserbaidschanischem Öl in den Judenstaat zu riskieren. Ich halte das für nicht unwahrscheinlich. Wie es meiner Meinung auch möglich ist, dass Pashiniyan dies für Moskau getan hat, oder auch nur für die Hardliner zu Hause. Generell ist es so, dass Armenien sich in den letzten Jahren von Russland in dessen Konflikte hat reinziehen lassen und heute das wahrscheinlich russophilste Land innerhalb der süd-kaukasischen Republiken ist. Dies führt nicht dazu, dass Moskau Jerewan respektiert, sondern Jerewan wie ein Kolonialgebiet behandelt, und mitunter sogar schikaniert.

Moskau hat in vielen «frozen conflicts» im Kaukasus seine Finger mit ihm Spiel, wie zum Beispiel in Abchasien und der Zchinwali-Region/Süd-Ossetien. Sich dann auf Moskaus Spiel absolut ohne jede Notwendigkeit einzulassen, ist meiner Ansicht nach kein Zeichen von Stärke oder Patriotismus, es ist ein Zeichen dafür, dass man sich selbst zu einer Proxy des Kremls degradiert, um für Moskaus Konflikte sein Leben und seine Gesundheit zu riskieren, und somit ein Zeichen von Schwäche. Das ist nicht gleichzusetzen mit dem Kampf Georgiens für territoriale Integrität.

Zu guter Letzt ein paar Worte an die armenischen und andere christliche Chauvinisten, die hier mitlesen und das mit Schaum vor dem Mund tun: Ich schulde Armenien keine Solidarität, nur weil sowohl Armenien wie auch Georgien zu den ersten christlichen Nationen dieser Erde gehören. Erstens bin ich keine Christin und zweitens werde ich nicht zulassen, dass sich Georgierinnen und Georgier und Israelis sich diesen Winter die Hintern abfrieren, nur damit man in Jerewan im Grössenwahn schwelgen kann, oder, was genau so schlimm wäre, sich mit solch fahrlässiger Politik den Herrschaften im Kreml und Teheran anbiedert.

Pashiniyan soll sich mal den zahlreichen Problemen zuwenden, die Armenien derzeit heimsuchen, wie die Pandemie und Korruption, bevor er den erfolgreichen Feldherrn zu mimen versucht.

*Armenien hat die höchste Rate von Covid-19-Toten im ganzen Süd-Kaukasus. Armenien hat 15 Mal mehr Tote zu beklagen als Georgien, trotz der Tatsache, dass Georgien mehr Einwohnerinnen und Einwohner hat als Armenien.

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Bekenntnisse eines Vatanforoosh*: Es ist nicht nur das Regime

Geehrte LeserInnen!

Es freut mich hier mitzuteilen, dass ich wieder einmal eine Episode zu meiner allseits beliebten Reihe «Bekenntnisse eines Vatanforoosh» hinzufügen kann und darf. Auch heute geht es darum, wie IranerInnen, ja ich rede von durchschnittlichen IranerInnen, und nicht das iranische Regime echten Fortschritt im Iran sabotieren.

Zuallererst müssen wir über sogenannte «Ehrenmorde» reden. Nach Angaben der Nachrichtenseite «Iran Journal» sind 30% der Morde im Iran Ehrenmorde, nach Angaben von «Iran International» aus London sind nur 20% der Morde im Iran sogenannte Ehrenmorde. Wie dem auch sei. Tatsache ist das mindestens 1/5 der Morde sogenannte «Ehrenmorde» sind, bei denen männliche Angehörige eine reduzierte Strafe von höchstens 10 Jahren Gefängnis kriegen und einem lächerlich geringen Blutgeld, das sie entrichten müssen, wenn sie ihre weiblichen Angehörigen aus vermeintlich verletzter Ehre ermorden. Dies im Vergleich zu einem «normalen Mord», für den man in der Islamischen Republik Iran hingerichtet werden kann.

Ein «Ehrenmord», der den Iran in den letzten Wochen erschüttert hat, war der Mord an der vierzehnjährigen Romina Ashrafi aus Gilan, die im Schlaf von ihrem Vater, Reza Ashrafi, enthauptet wurde. D.h. ihr eigener Vater handelte wie ein IS-Terrorist. Und bevor die iranischen Apologeten wieder aus ihren Löchern kriechen und die arabische Invasion vor 1400 Jahren, türkische Nomadenstämme aus Zentralasien, die Pasdaran/Revolutionsgarden, Basiji und andere für diese barbarische Untat verantwortlich machen, möchte ich daran erinnern, dass niemand in das Haus der Ashrafis eingebrochen ist und den Vater von Romina Ashrafi gezwungen hat, seine eigene(!) Tochter mit einer Sichel zu enthaupten, während sie geschlafen hat. Das hat er ganz alleine getan! Wie auch all die anderen iranischen Männer, die diese Ehrenmorde begangen haben!

Überhaupt diese Schulduzuweisungen von IranerInnen, die allen möglichen Persönlichkeiten und Ereignissen die Schuld dafür geben, dass der Iran heute in dieser erbärmlichen Lage ist, ist widerlich und verhindert meiner Ansicht nach echten Fortschritt. Weder die Tatsache, dass Alexander der Grosse Persepolis abgefackelt hat, dies nachdem die Perser Athen abgefackelt hatten, noch die arabische Invasion und die anschliessende Islamisierung vor 1400 Jahren können noch als Entschuldigung dafür dienen, dass der Iran heute Probleme bis zum Abwinken hat. Ich kann diese billigen Entschuldigungen nicht mehr hören.

Was ich auch nicht mehr hören kann und will, sind diese mentalen Wichsvorlagen von persischen Chauvinisten, Imperialisten und Irredentisten! Das iranische Regime ist seit nunmehr 41 Jahren an der Macht und kann theoretisch noch 41 weitere Jahre an der Macht sein, weil gewisse Iraner sich lieber in Grossmachtsfantasien von der Auferstehung des Perserreiches hingeben, anstatt im hier und heute sich dem Regime in den Weg zu stellen und dieses herauszufordern. Ich bin es wirklich leid, von IranerInnen beschimpft, erniedrigt und bedroht zu werden und gesagt zu bekommen, dass Georgien kein «richtiges Land», ein «Shithole» oder gar «Teil des Iran» sei, während der Iran selber im tiefer im Unglück versinkt.

Es ist erbärmlich, dass erwachsene Menschen sich so gebären und lieber tausendundeine Erklärung dafür herbeizaubern, warum der Iran heute so abgewirtschaftet ist oder warum ihrer Meinung nach Georgien integraler Teil des Iran ist anstatt sich mit der nunmehr einundvierzigjährigen Terrorherrschaft der Mullahs auseinanderzusetzen und diese so bald wie möglich zu beenden.Übrigens, eine Erklärung, die ich in den letzten Tagen oft hörte, war die, dass Georgien deshalb Teil des Iran sei, weil Schah Abbas der vermeintlich Grosse die georgische Prinzessin Martha Bagration/Martha Khanum geehelicht hat. Wenn dem so wäre, dann wäre Österreich eine französische Provinz, weil Marie Antoinette eine gebürtige Österreicherin aus dem Hause Habsburg gewesen ist.

Sie sehen nun, mit was für Wahnsinn sich unsereiner dieser Tage rumschlagen muss. Darum bin ich der Meinung, dass nicht nur das Regime für die zahlreichen Probleme des Iran und der Region verantwortlich ist, sondern auch viele IranerInnen selber es sind. Nicht nur deshalb, weil das Regime und dessen Anhänger sich aus der Masse der iranischen Bevölkerung rekrutieren, sondern auch, weil antiklerikale Oppositionelle sich lieber im Ruhm vergangener Tage und von gescheiterten Imperien sonnen, anstatt im hier und heute dem Regime den Gar aus zu machen. Denn es ist weder die Aufgabe der Tzahal/IDF noch von KurdInnen oder GeorgierInnen, den Iran zu befreien. Es ist die Aufgabe der IranerInnen selber. Es ist mir auch absolut unverständlich, wie erwachsene Menschen mit Bildung denken können, dass sie dazu auserkoren sind, ein Imperium auferstehen zu lassen, das vor mehr als 200 Jahren gescheitert ist, und dann nicht nur über den Iran, sondern auch über Bahrain, Armenien, Georgien, Aserbaidschan und andere Länder zu herrschen. Nicht nur ist es mir absolut unverständlich. Mir ist auch bewusst, dass diese Mentalität im hier und jetzt den Regime-Change und damit Fortschritt verhindert.

Zu guter Letzt an die IranerInnen, die denken, dass es nur eine Frage von Wochen und Monaten ist, bis das Regime Geschichte** ist, und dass das Regime heute dort ist, wo die Sowjetunion in den Achtzigern war: Warum lernt ihr nichts aus den Fehlern von damals? Ich darf daran erinnern, dass die Sowjetunion nicht nur ökonomisch gescheitert ist, sondern auch auseinanderbrach. Denkt ihr wirklich, dass all die AserbaidschanerInnen, KurdInnen, Ahwaz-AraberInnen und andere Minderheiten glücklich über eure Herrschaft und euren Chauvinismus sind? Glaubt ihr wirklich, dass die GeorgierInnen und andere Kaukasusvölker glücklich unter eurer Knutte gelebt haben? Wie ich schon oft gesagt habe: Zu viele IranerInnen verstehen den Zusammenbruch der Sowjetunion nicht als Warnung, sondern als Einladung. Unteranderem darum ist das Regime bis heute noch an der Macht. Unteranderem deshalb sind Nicht-IranerInnen wie meine Wenigkeit dazu gezwungen, uns gegen das Regime von Teheran zu engagieren. Genau deshalb verfasse ich Texte, wie diesen hier. Weil Teile der antiklerikalen iranischen Opposition in den letzten 41 Jahren ihre Unfähigkeit, mit dem Regime fertig zu werden, demonstriert haben und weil dieses Regime bis heute die Welt erpresst, Nicht-IranerInnen wie die australisch-britische Wissenschaftlerin Kyle Moore-Gilbert als Geiseln nimmt und den Juden unter den Staaten, Israel, bedroht und terrorisiert. Genau darum ist meine Kritik notwendig, weil es eben nicht nur das Regime, sondern auch das Versagen der durchschnittlichen IranerInnen ist, das dieses Regime an der Macht hält.

 

*Vatanforoosh bedeutet auf Persisch «Landesveräter» und so nennen mich IranerInnen, weil ich als Georgierin nicht auf Georgiens Unabhängigkeit verzichten will, kein Farsi spreche, mich der persischen Kultur nicht zugehörig fühle und nicht bereit bin, für den Iran zu sterben. Den IranernInnen, die in mir deshalb eine Landesverräterin sehen, sei gesagt: «Dissent is the highest form of Patriotism» (dt. Dissens ist die höchste Form des Patriotismus.)

**Das sind übrigens Sätze, die ich schon 2009 gehört habe. Danach hatten zum Beispiel die Ukrainer eine erfolgreiche Revolution auf dem «Maidan», aber  der Iran wird bis heute von irren Fanatikern regiert.

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