Der postsowjetische Raum- Eine Bestandsaufnahme!

Fast 30 Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion möchte ich mich in diesem Beitrag mit den postsowjetischen Republiken im Allgemeinen und mit Belarus und den beiden Proxies des Kreml, Abchasien und der Zchinwali-Region/Süd-Ossetien, im Besonderen befassen. Der Grund dafür, dass ich ausgerechnet diese Entitäten ausgewählt habe, ist, dass sowohl Belarus unter dem Kolchose-Diktator und die beiden Kreml-Proxies Horte der Regression sind.

Befassen wir uns zuallererst mit Belarus, dem letzten souveränen* Staat in Europa, in dem noch die Todesstrafe vollstreckt wird, und das seit 1994 ununterbrochen von einem Mann regiert wird: Alexander Grigorevich Lukaschenko. Wenn ich Leuten wissen lasse, dass es einen Staat in Europa gibt, in dem noch die Todesstrafe vollstreckt wird, reagieren die meisten überrascht, und wenn ich ihnen dann sage, um welchen Staat es sich handle, wird das Ganze abgewunken, weil es die Menschen schlicht nicht interessiert, was im vermeintlichen Machtbereich des Kreml passiert. Da werden die Tatsachen, neben der Vollstreckung der Todesstrafe das Fehlen eines funktionierenden Rechtsstaates und von Menschen- und Bürgerrechten, geflissentlich ignoriert. Natalya Radina, eine Mitbegründerin von «Charter 97»** sagte einst, dass zudem die Gleichgültigkeit gegenüber der schlechten Menschenrechtslage in Belarus die Situation noch verschlimmern würde.

Genauso verhält es sich mit der Tatsache, dass die Proxies des Kreml Territorien von zwei souveränen Staaten okkupieren, nämlich der Ukraine und von Georgien. Im Falle von Georgien dauert die Okkupation von 20% des georgischen Territoriums schon über zehn Jahre und hat dazu geführt, dass an die 300 000 Menschen, 10% der georgischen Bevölkerung, zu Binnenflüchtlingen geworden sind. Und schon bald wird die Mehrheit der Bewohner in Abchasien und der Zchinwali-Region/Süd-Ossetien russisches Militärpersonal sein, weil die georgische Zivilbevölkerung vertrieben wurde! Aber nicht nur die georgische Zivilbevölkerung musste leiden und wurde vertrieben, sondern auch die verbleibenden Osseten müssen leiden, wie die veröffentlichten Aufnahmen von Folter in den Gefängnissen in der Zchinwali-Region/Süd-Ossetien zeigen. Dazu werde ich unten etwas verlinken. Auch diesen Fakten also wird kaum Beachtung geschenkt, und dies lässt mich an Noe Jordanias berühmt-berüchtigtes Zitat über Europa denken: “Die europäische Gesellschaft ist müde, sie fühlt nicht mit dem Schmerz der Anderen, sie erkennt den Schmerz der Anderen nicht mal und sie kümmert sich nur um eine Sache: Unter ihresgleichen zu sein, friedlich, ohne Sorgen..» Diese Worte schrieb Noe Jordania, der erste demokratisch legitimierte georgische Staatsmann und Premierminister der ersten demokratischen Republik Georgiens im Jahr 1921. Seitdem hat sich wenig verändert.

Nun mögen indifferente Subjekte behaupten, dass es doch irrelevant sei, ob zivilisierte Staaten diese Horte der Regression effektiv sanktionieren oder eben nicht. Denen möchte ich erwidern, dass das Fehlen von ernsthaften Sanktionen gerade bei Entitäten, wie das Regime des Kolchose-Diktators zeigt, wo man nicht gewillt ist, selbst gegen kleine, machtlose Diktaturen vorzugehen, dass auch Kleinvieh Mist macht und Dinge, wie das Vollstrecken der Todesstrafe und das Fehlen von Menschen- und Bürgerrechten dieser Mist alles andere als trivial ist. Zumal dieses Verhalten von zivilisierten Staaten sowohl im Kleinen, wie zum Beispiel bei Belarus und den hier genannten Entitäten, wie auch im Grossen, bei Staaten wie der Islamischen Republik Iran und Russland unter dem KGB-Zwerg, zu beobachten ist.

South Ossetia’s prisoner hunger strike debacle – who, what, why

*Die andere Entität in Europa, in der die Todesstrafe wieder eingeführt wurde, ist die Kreml-Proxy Abchasien.

**«Charter 97» ist der Name eines Manifests und einer Menschenrechtsorganisation in Belarus, die sich diesen Namen in Anlehnung an die tschechoslowakische «Charta 77» gegeben hat und gegen die nunmehr 25 Jahre andauernde Herrschaft des Kolchose-Diktators Alexander Lukaschenko kämpft.

Nachtrag zur Polemik um die Affäre zur Autokephalie der ukrainisch-orthodoxen Kirche

Geehrte Leser!

Kaum war die Tinte auf dem Tomos trocken, den Patriarch Bartholomäus von Konstantinopel unterzeichnet und damit die Autokephalie der ukrainisch-orthodoxen Kirche besiegelt hat, fühlten sich weitere Schismatiker dazu ermutigt, die Autokephalie für «ihre Kirche» zu fordern. Und weil der Irrsinn weder Mass noch Grenzen kennt, wollen nun die Schismatiker auf beiden Seiten, sowohl oppositionelle Belarussen, wie auch der «Patriarch von Abchasien», ein Proxy des Kremls, die nur dank Putins Gnaden existiert, einen Tomos, der «ihre Autokephalie» bestätigt und besiegelt. Wie ich prophezeit habe, will nun jeder dahergelaufene, orthodoxe Christ für «seine Kirche» die Autokephalie, als ob diese Autokephalie auch nur ein Problem lösen würde, das derzeit die Welt heimsucht… Und deshalb muss der Patriarch von Konstantinopel, der alte Bartholomäus, nun härter ackern als eine Stripperin an einem Freitagabend in Atlanta.

Es gilt aber immer noch, was ich schon vor einiger Zeit geschrieben habe:

Allen patriotischen Ukrainern, die in der Autokephalie der jetzt gegründeten ukrainisch-orthodoxen Kirche primär einen symbolischen Akt sehen, um die Unabhängigkeit von Moskau zu demonstrieren, sei gesagt: Schon vorher bot die ukrainische Verfassung Religionsfreiheit und demzufolge auch die Möglichkeit, seine Religion zu wechseln, um unabhängig von Moskau und dem Moskauer Patriarchat zu sein. Selbst in der «letzten Diktatur Europas», in Belarus, ist es möglich, seine Religion zu wechseln, um sich demonstrativ vom Moskauer Patriarchat abzuwenden.

Und allen patriotischen, orthodoxen Christen, die mir unterstellen zu wenig Ahnung von der Materie zu haben, da ich weder Christin bin noch Religionswissenschaften studiert habe, sei gesagt: Solche Nebenkriegsschauplätze, um einen Tomos, der die Autokephalie besiegeln soll, helfen niemandem und werden, ausserhalb der orthodoxen Welt entweder nicht zur Kenntnis genommen oder mit Stirnrunzeln bedacht! Stattdessen lenkt diese Art der Symbolpolitik von den wirklich dringenden Aufgaben ab! Und die patriotischen Christen, die mir nun Heuchelei vorwerfen mögen, weil ich die Wiederherstellung der Autokephalie der georgisch-orthodoxen Kirche nicht so kritisch sehe, seien daran erinnert: Im Fall der georgisch-orthodoxen Kirche handelt es sich um eine Wiederherstellung der Autokephalie, da die georgisch-orthodoxe Kirche vor der Erschaffung des Moskauer Patriarchats existiert hat und dies nun sowohl von der «Mutterkirche», d.h. dem Patriarchat von Konstantinopel, wie auch von den Russen anerkannt wurde. (auch wenn letztere immer noch gerne in georgische Angelegenheiten hereinfunken). Im Falle der Erschaffung irgendwelcher orthodoxer Kirchen in Belarus, Abchasien oder sonst wo, handelt es sich, meiner Meinung nach, um Symbolpolitik und Schisma. Das sind gravierende Unterschiede.

Aber zurück zu den jetzigen Schismatikern, die, ich kann es nicht besser formulieren, mit der Jagd nach dem Tomos für die Autokephalie «ihrer Kirche» dem säkularen Rechtsstaat im post-sowjetischen Raum im Wege stehen. Dies ist besonders tragisch in Bezug auf die Ukraine und Belarus, die sich zwar tatsächlich von Russland emanzipieren müssen. Aber dies geht ja offensichtlich kaum, wenn man gedenkt auf den gleichen, chauvinistisch-orthodoxen Pfaden zu wandeln, wie es Russland derzeit tut. Alles in allem kann ich dieser Autokephalie-Manie nichts Gutes abgewinnen und fühle mich mehr und mehr entsetzt darüber, dass man gerade im post-sowjetischen Raum, so fahrlässig Nebenkriegsschauplätze beackert, wie dies derzeit der Fall ist.